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"Nur für Befehle von oben ist die Demokratie nicht gemacht"

"Ich bin mit vielen Politikern in regem Austausch und hoffe, dass noch nachgebessert und mehr Verständnis aufgebaut wird": Anlässlich einer Konzertaufzeichnung von Servus TV Deutschland spricht Star-Geigerin Anne-Sophie Mutter, die selbst positiv getestet worden war, auch über Corona und ihre Sorgen vor der Zukunft.

Sie zählt zu den Top-Geigerinnen Deutschlands: Seit mehreren Jahrzehnten begeistert Anne-Sophie Mutter die Fans der klassischen Musik weltweit. Anfang 2020 teilte sie sich mit einem weiteren weltberühmten Musikvirtuosen die Bühne: Gemeinsam mit den Wiener Philharmonikern spielte die 56-Jährige Filmmusik von John Williams, der selbst dirigierte. Am Montag, 1. Juni, zeigt Servus TV Deutschland eine Aufzeichnung des hochkarätigen Konzertes aus dem Musikverein Wien um 10 Uhr und um 22 Uhr. Im Interview spricht Anne-Sophie Mutter, die selbst positiv auf Corona getestet wurde, über John Williams, ihre Liebe zum Kino und ihre Gedanken zur derzeitigen Pandemie.

teleschau: Frau Mutter, Sie engagieren sich derzeit vehement für die bedingungslose Lebenserhaltung aller, die von Musik und Kunst leben. Was treibt Sie an?

Anne-Sophie Mutter: Jede Initiative für Künstler, jede Unterstützung ist unabdingbar, vor allem solange wir bundesweit keine Gleichstellung haben. Ich bin mit vielen Politikern in regem Austausch und hoffe, dass noch nachgebessert und mehr Verständnis aufgebaut wird. Vieles ist noch nicht zu Ende gedacht und ganz offensichtlich weiß man als Politiker da auch zu wenig. Ich kann ja nur für die Musiker sprechen und über uns. Ich bin da ein bisschen zum Sprachrohr geworden und versuche für meine Kollegen eine Verbesserung der Lebensumstände herbeizuführen.

teleschau: Hoffentlich wird man sich des Wertes für Kunst wieder mehr bewusst in diesen Zeiten.

Mutter: Ich habe gerade einen sehr interessanten Artikel über die Macht der Berührung gelesen. Der Mensch verarmt in Zeiten von Social Distancing dahingehend völlig. Und dass die geistige Berührung durch die Kunst und vor allen Dingen auch durch die Musik ein Ersatz dafür sein kann. Aber wenn das nicht mehr live erlebbar ist, dann sind wir tatsächlich ganz auf das Wischen auf kalten Oberflächen angewiesen. Das trägt sicher Spätschäden mit sich, die wir noch gar nicht abschätzen können.

teleschau: Sie meinen die berühmten Kollateralschäden...

Mutter: Ja, ich denke da vor allen an die Kinder, die nicht mehr zusammen spielen dürfen. Erwachsene können das vielleicht noch sublimieren und entgegenwirken. Aber was ist die Alternative? Das schwedische Konzept? Ich weiß es nicht, es ist sehr schwer abzuschätzen. Es ist offensichtlich so, dass bei uns die Zahlen wieder steigen. Soll uns das beunruhigen? Dreiviertel der Bevölkerung hat wohl keine Angst mehr vor dem Virus. Ist das gut? Das kann jeder nur für sich entscheiden.

Über ihre eigene Coronainfektion

teleschau: Sie waren ja selbst an Covid 19 erkrankt.

Mutter: Ja, und ich fand es sehr erschreckend, dass man oft überhaupt keine Symptome hat und trotzdem hochansteckend ist. Deshalb bin ich etwas vorsichtiger geworden mit der Aussage: Nur wer niest und hustet, ist ansteckend.

teleschau: Wie genau war das bei Ihnen?

Mutter: Ich habe nie gehustet und geniest, war aber krank und ansteckend und habe Menschen in meiner Umgebung infiziert. Es war ein reiner Glücksfall, dass ich überhaupt diagnostiziert wurde, eben weil ich asymptomatisch war. Musiker haben vielleicht wie Sportler ein sehr gutes Körpergefühl, ich war müde. Ich bin nie müde. Meine Kinder lachten schon und haben gesagt: "Mama, wenn du müde bist, musst du krank sein." Am nächsten Morgen bin ich dann zum Arzt, der mich erst nicht testen wollte, weil ich asymptomatisch war. Ich habe ihn dann heftigst gebeten, weil ich einfach sicher sein wollte. Durch meine Konzertreisen bestand schon ein großes Ansteckungsrisiko. Es hat offensichtlich gereicht, dass ich mich mit Menschen unterhalten habe, die ich dann leider angesteckt habe. Von meiner Familie musste ich mich nach dem positiven Corona-Test auch separieren. Ich habe niemanden dort angesteckt. Und das hat mir dann schon gezeigt, dass Distancing und die Maske funktionieren.

teleschau: Das Schlimmste ist ja dann wohl, dass diejenigen die man ansteckt, massive Probleme dadurch bekommen können und man sich selbst ewig Vorwürfe macht.

Mutter: Zwei Freunde, die ich angesteckt habe, waren wirklich schwer krank. Beide sind viel jünger als ich. Es war keine intensivmedizinische Behandlung nötig, aber beide hatten hohes Fieber. Jugend schützt also nicht. Deswegen gilt es wirklich, Abstand zu halten und die Maske zu tragen. Und lernen mit dem Virus zu leben, weil wir ja wohl mit einer zweiten Welle rechnen müssen. The virus is here to stay.

teleschau: Wie geht man dann mit denen um, die man infiziert hat? Will man denen etwas zur Wiedergutmachung geben?

Mutter: Als ich die Diagnose hörte, kam natürlich sofort die Frage, wen und wie viele ich wohl angesteckt habe. Ich hatte natürlich ein schlechtes Gewissen. Aber wie dem auch sei, wir sind nach wie vor beste Freunde, und darüber bin ich sehr froh. Genauso wie ich es der Person, die mich vermutlich angesteckt hat, auch nicht übelnehme. Bad luck.

"Die Begegnung mit John Williams empfand ich als eine ungeheure Bereicherung"

teleschau: Dann reden wir jetzt auch über Musik.

Mutter: (lacht) Genau, da war doch noch was. Ein Lebensinhalt.

teleschau: Sie sind in gewisser Weise outstanding und wissen wohl schon seit ihrem sechsten Lebensjahr, dass Sie mit Ihrer Geige Musik auf eine herausragende Weise zum Leben erwecken können ...

Mutter: Schön wär's. Mein Leitfaden war immer "Der Josa mit der Zauberfidel", den ich kürzlich für die Vorleseaktion "#SavewithStories" von Save the Children lesen durfte. Das Buch hat mich fasziniert. Und natürlich auch die Aufnahmen die wir zu Hause von Menuhin und Furtwängler hatten. Die haben etwas in mir bewegt, und die Magie der Musik hat mich tief gefesselt, sonst hätte ich mit fünf Jahren nicht beschlossen, Geigerin werden zu wollen. In dem Moment, als ich die Geige auf die Schulter gelegt habe, hat sich das Puzzle sozusagen komplettiert. Es ist ein Glücksfall, Komponisten zu begegnen, die einem nicht nur die eigenen Grenzen aufzeigen, sondern einem auch helfen, darüber hinauszuwachsen. Deswegen empfinde ich die Begegnung mit John Williams als eine ungeheure Bereicherung, weil ich dadurch in diese andere Welt der Filmmusik eintauchen kann, um vielen Menschen die Geige nahezubringen, die von dem Instrument nichts wissen und die dann hoffentlich im Zusammenhang mit "Sabrina" oder "Harry Potter" spüren, dass diese Holzkiste ein magisches Teil ist. Das war immer mein Motiv, hinter der Musik.

teleschau: Was genau?

Mutter: Natürlich Menschen zu berühren, aber auch die Geige als Instrument in die nächste Generation hineinzutragen und einer breiteren Gruppe von Musikliebhabern vorzustellen.

Über John Williams große Kunst

teleschau: Da haben Sie eine Art Sendungsbewusstsein...

Mutter: Ich finde es so schade, dass wir immer eine Randerscheinung waren und mir es nicht gelungen ist in den letzten 40 Jahren, die Musik aus diesem Elfenbeinturm herauszuholen. Und da mir das über die kulturpolitische Schiene nicht gelungen ist, was mich sehr betrübt und frustriert, habe ich es immer wieder auf andere Weise versucht. Da glaube ich, dass die Verbindung zu John Williams eine ganz wichtige Brücke schlägt, in ein reiches, vielfältiges, farbiges Repertoire und natürlich dann auch eine Verbindung schafft zu Menschen, die cineastisch interessiert, aber vielleicht musikalisch weniger fokussiert sind.

teleschau: Oftmals ist es ja so, gerade in Fernsehspielen, dass Filmmusik unterstützend wirken muss, wenn der Regisseur seinen Bildern oder den Schauspielern nicht vertraut. Bei John Williams ist das etwas anders, er toppt die Bilder mit seiner Musik und macht den Film noch besser.

Mutter: So sehe ich das auch. Wenn wir "Star Wars" als Beispiel nehmen, fällt auf, dass er in den Leitmotiven, die er den Figuren gegeben hat, eine Saat gelegt hat, die 40 Jahre später noch ausbaufähig ist. Das ist die große Kunst bei John Williams. Dass er den Charakteren ein völlig eigenständiges akustisches Leben gibt, und damit steht die Musik für sich allein. Das ist das Großartige. Es ist keine deskriptive Musik, es steckt eine ungeheure Meisterschaft in den Partituren, und das fällt auch auf, wenn man die klassischen Werke von ihm anschaut. Beispielsweise das letzte Cello Werk mit Yo-Yo Ma. Ich freue mich unbeschreiblich auf das neue Violinkonzert in Tanglewood 2021, an dem er gerade arbeitet. Das ist große Musik. John Williams ist vielleicht der letzte Filmkomponist, der auch noch für großes symphonisches Orchester schreibt. Viele Komponisten müssen sich mit Synthesizer begnügen, was natürlich auch eine Kostenfrage ist. Steven Spielberg zum Beispiel ist ein großer Musikfan und erfreut sich wie ein kleines Kind an toller Musik. Vielleicht braucht es einen großen Regisseur, um ein großer Filmkomponist sein zu können.

"Ich bin absoluter Kinofan"

teleschau: Haben Sie Spielberg getroffen?

Mutter: Er kam vorbei, als wir im März vergangenen Jahres auf dem Filmgelände in L.A. probten. Da haben die Komponisten ihre Bungalows, mit Klavieren für die Probe und natürlich fürs Komponieren. Und nebendran ist das Arbeitshaus von Steven Spielberg, in dem es einen Screening Room gibt, in dem ich ein langes TV Gespräch mit John Williams führen durfte. Das war ein denkwürdiger Augenblick für mich. Auch dass ich diesen beiden Genies bei der Arbeit zusehen durfte. Dies ist besonders für einen Musiker sehr berührend. Gerade weil Filmmusik immer stiefmütterlicher behandelt wird. Es gibt natürlich auch heutzutage große Filmkomponisten, wie Desplat, Elfman oder Ennio Morricone, die ich sehr schätze.

teleschau: Haben Sie sich die Filme auch aus Begeisterung privat angeschaut, oder sind Sie dann rein professionell über die Musik dazu gekommen?

Mutter: Ich bin ein sehr akustisch schauender Cineast. Wenn die Filmmusik schwach ist, habe ich auch Probleme, mich auf den Film zu konzentrieren. Ich ärgere mich dann über die verpassten Chancen. Beim neuesten Film aus der "Star Wars"-Reihe war ich auf der Premiere in London und genauso wie John Williams enttäuscht darüber, dass J.J. Abrams den Score so abgemischt hat, dass man viel zu wenig von der Musik hörte. Ich saß im Kino und dachte mir: "Was ist da los mit den Lautsprechern? Wann trifft mich die Wucht des Bleches?" Ich bin sonst niemand, der Lautstärke per se liebt, aber es geht mir in jeglicher Form der Musik so, dass es dann auch ein Fortissimo als Kontrast zum Piano geben muss. Wenn das Schlachtgeräusch während des Filmes lauter als die Musik ist, stimmt in meinen Augen etwas nicht.

teleschau: Gehen Sie gerne ins Kino?

Mutter: Ja ich bin absoluter Kinofan, auch über die Filme mit John Williams hinaus. Filme, von denen ich weiß, dass sie mich emotional sehr packen, kann ich im Kino nicht gucken, weil ich dann nicht raus kann. Ich brauche dann immer mehrere Anläufe. Mein probates Mittel ist dann meistens Zähne putzen, kurz frische Luft schnappen. Ich bin ein Kinobesucher, der dann auch gerne mal rausgeht, wenn es zu brutal wird. Zum Beispiel bei "12 Years A Slave". Das war mir zu viel. Tarantino-Filme kann ich mir nur anschauen, wenn mich Freunde mitnehmen und mir bei den entsprechenden Stellen Ohren und Augen zuhalten. Egal ob ich ins Museum, Theater, oder Kino gehe, ich lasse mich komplett darauf ein. Es hilft mir dann auch nichts, mir einzureden, dass es nur ein Film ist.

Über Jugendförderung und Home-Schooling

teleschau: Wie viel Karajan ist noch in Ihnen drin? Wie prägend war er für Sie?

Mutter: Die Arbeitsethik von Karajan steckt natürlich in mir. Mich hat an ihm enorm fasziniert, dass er Interesse an vielem, eigentlich an allem hatte. Die Liebe zur Jugend, zur Jugendförderung. Das sind Dinge, die ich sicher eins zu eins von Karajan übernommen habe. Wie man mit Barockmusik in den 80er-Jahren umging, ist natürlich heute etwas überholt. Absolute Zeitlosigkeit ist zwar das Ziel, aber wahrscheinlich werden Interpretationen, die wir heute lieben, in ein paar Jahren auch wieder überholt wirken. Karajans Leidenschaft beim Musizieren und sein Hinführen ans Hinhören und Zuhören und aufeinander reagieren, ist für mich nach wie vor das Nonplusultra des Musizierens.

teleschau: Stichpunkt Home-Schooling. Sie wurden damals von Privatlehrern unterrichtet. Welche Gedanken gehen Ihnen durch den Kopf, wenn Sie sehen, dass Eltern gerade auch zu Privatlehrern werden.

Mutter: Von Zeit zu Zeit war ich regulär in Schulen untergebracht und hatte auch Privatlehrer, also das waren nicht meine Eltern. Ich habe riesigen Respekt vor Müttern, die den Haushalt und Home Schooling vereinbaren müssen. Das geht gar nicht, das ist unmöglich. Selbst wenn man kein Home-Office, sondern "nur" den Haushalt hat, mit allem, was dazu gehört. Dass das funktioniert, halte ich für ausgeschlossen. Ich hatte Glück, weil ich neben Üben, Wettbewerben und den sehr gut dosierten Konzertreisen eine extrem freie Jugendzeit leben durfte. Davon abgesehen, dass meine Eltern Freidenker waren, extrem frankophil und kritisches Denken in uns drei Kinder implementiert haben, hat mir die Zeit nicht geschadet. Aber eben weil ich zwei Brüder habe. Als Einzelkind wäre das vielleicht nicht so spurlos und positiv an mir vorbeigegangen. Die Schule mit allem drum und dran hat schon Sinn und Ziel und ist vor allem in der Vielfältigkeit, auf die wir treffen, durch kulturelle Hintergründe und Lebensweisen eminent wichtig. Die Einseitigkeit der Einflussnahme auf Kinder auch beim Home-Schooling kann sehr gefährlich sein.

teleschau: Positiv ist, dass sich die Kinder jetzt wieder auf ihre Mitschüler freuen und den Klassenverbund zu schätzen wissen.

Mutter: Schule ist natürlich auch Schule des Lebens. Wie will man bestehen, wenn man sich im Klassenverbund nicht einerseits einordnen kann und andererseits nicht auch mal die Führung übernimmt und den Mund aufmacht, wenn Ungerechtigkeit geschieht. Das muss man trainieren. Ich sehe das bei einer Stipendiatin, die ich privat unterstütze, die home-geschoolt wird. Sie ist absolut begabt. Aber es werden Geschichtsfakten von ihr ferngehalten, es wird nicht Zeitung gelesen. Das ist wirklich das gefährliche andere Ende des Home-Schoolings. Die Verweigerung von Informationsfluss. Das ist Verbildung, da werden keine mündigen Bürger ausgebildet.

Wie sieht ein typischer Tag im Leben der Anne-Sophie Mutter aus?

teleschau: Wie sieht denn gerade ein typischer Tag im Leben der Anne-Sophie Mutter aus?

Mutter: Also Kochen gehört auf jeden Fall dazu. Am Muttertagswochenende wurde das allerdings für mich übernommen. Ansonsten studiere ich natürlich. Gerade habe ich mich in ein paar der Mozart-Streichquartette verliebt, die ich 2022 unbedingt aufführen möchte. Dann schaue ich mir mit Verzweiflung das Solostück von Unsuk Chin an, ein Auftragswerk von mir für zwei Geigen. Ich habe sehr viel mehr Zeit für meine Kinder. Vielleicht ist es das erste Mal in meinem Leben seit meiner Studentenzeit, dass ich Zeit habe. Und ich muss sagen, es gefällt mir sehr gut. (lacht)

teleschau: Den Kindern gefällt Mutters Essen auch? Gibt's ein Lieblingsessen?

Mutter: Schwer zu sagen. Sie sind alle schon lange auf dem Vegetarier-Trip, essen zwar ab und zu Fisch. Im Großen und Ganzen sind wir seit vielen Jahren ökologisch bewusster als früher, und auch wenn es ein- bis zweimal im Jahr Fleisch gibt, dann nur von ungequälten Tieren. Wobei es ethisch unverantwortlich ist, Fleisch zu essen. Aber ich liebe nun mal Honig und Parmesan. Das hält mich vom Veganismus ab. Butter aufs Vollkornbrot und Honig, dann kann der Tag beginnen.

Wann sind Konzerte wieder möglich?

teleschau: Wann sieht man Anne-Sophie Mutter wieder live?

Mutter: Das dürfen Sie mich nicht fragen. Das hängt ganz von den politischen Entscheidungen ab, und so wie es aussieht, ist es ja von Bundesland zu Bundesland anders. In Baden-Württemberg werden die Bordelle und Konzertsäle zusammen - wir sind da in einer Gruppe- ganz am Schluss der Maßnahmen eröffnet. Ich habe an Kulturstaatsministerin Monika Grütters dringend appelliert, dass wir uns gemeinsam eine Übergangslösung überlegen, denn es kann nicht on und off geben. Weniger in die Richtung Autokino, aber dass mehr bei gutem Wetter draußen stattfinden kann. Ich bin glücklich, dass die Berliner Orchester es geschafft haben, die Charité ein Papier ausarbeiten zu lassen, das aufzeigt, wie wir im Orchester sitzen dürfen, sollen, müssen und so weiter. Das ist ein positiver Schritt nach vorne. Lamento hat ja noch nie was gebracht. Wichtig ist, dass wir die Politik anfragen um Lösungsansätze, weil es einen Mittelweg geben muss. Wir sind alle bemüht, an diesem Mittelweg zu arbeiten. Sicher wird es lange dauern, bis wir den normalen Konzertbetrieb wieder aufnehmen können, aber es gibt bestimmt Möglichkeiten, in der Zwischenzeit unter den Auflagen eine vernünftige Lösung zu finden, in der wir Musik auch wieder live teilen können und der Konservenfraß aufhört.

teleschau: Gerade in der klassischen Musik, lässt sich doch mit Abstand einiges arrangieren. Man sollte aufpassen, dass man die Tickets nicht nur an einflussreiche und reiche Besucher vergibt.

Mutter: Ja. Vielleicht könnten Kartenverkäufe auf Lotteriebasis funktionieren. Nur so kann man eine gerechte Verteilung erwirken. Im Klassikkonzert ist es ja tatsächlich so, dass man nach vorne schaut. Es wird nicht laut geschrien, Körperkontakt ist ja auch kein Thema. Es lässt sich auch in großen Teilen nachvollziehen, wer die Tickets gekauft hat. Also im Falle einer Infektion lässt sich verhältnismäßig leicht herausfinden, wer wo saß. Die Frage ist: Was passiert mit der Pause - ein möglicher Tummelplatz fürs Virus. Da wird sich doch wohl eine Lösung finden. Ich sehe guten Mutes in die Zukunft, vor allem wenn die Politik uns in die Diskussion einsteigen lässt. Nur für Befehle von oben ist die Demokratie nicht gemacht. Deshalb sind wir laut geworden und bleiben erst mal laut. Fortissimo sempre ist das Credo im Moment.