Lässt monatliche Raten enorm steigen - Rechnung zeigt, warum Sie eine Immobilie nicht ohne Eigenkapital kaufen sollten
Neben den gestiegenen Kreditzinsen ist das nötige Eigenkapital die höchste Hürde für den Immobilienkauf derzeit. Banken bieten auch Finanzierungen ohne dies an, doch die sind gefährlich und sollten nur in Ausnahmen genutzt werden.
Der Immobilienboom der 2010er Jahre hat die Kaufpreise für Eigenheime so in die Höhe schnellen lassen, dass der Kauf für viele schon vor der Finanzierung scheitert. Rund 20 Prozent Eigenkapital bringt der durchschnittliche deutsche Hauskäufer mit, doch so viel Geld müssen Sie erst einmal ansparen. Für eine durchschnittliche Eigentumswohnung mit 100 Quadratmetern sind schon rund 66.000 Euro erforderlich. Wer in einer Großstadt leben möchte, muss für 20 Prozent des Kaufpreises schon 77.000 Euro auf den Tisch legen und für eine Eigentumswohnung in den Top-7-Städten Berlin, Hamburg, München, Frankfurt, Köln, Düsseldorf und Stuttgart sind es 135.000 Euro.
So viel Geld müssen Sie mit einem durchschnittlichen Gehalt erst einmal lange ansparen – selbst als Paar. Die Alternative ist deswegen, eine Wohnung oder ein Haus mit weniger oder gar keinem Eigenkapital zu kaufen. Banken bieten entsprechende Finanzierungen an, bei denen 100 Prozent des Kaufpreises über einen Kredit abgedeckt werden. Es gibt sogar 110-prozentige Finanzierungen, bei denen auch die üblichen Nebenkosten wie Makler, Notar, Grunderwerbsteuer und Grundbucheintrag abgedeckt sind. In diesem Fall müssen Sie kein Eigenkapital mitbringen.
Vollfinanzierungen sind riskant
Grundsätzlich ist das möglich und Banken werden Ihnen solche Kredite auch geben. Aber: Sie sind teurer. Einmal liegt das an den Tilgungsraten selbst. Wollen Sie beispielsweise mit einer Anfangstilgung von zwei Prozent des Kaufpreises starten, sind das im Falle der Standardfinanzierung einer 328.000 Euro teuren Durchschnittswohnung inklusive Nebenkosten bei 20 Prozent Eigenkapital rund 437 Euro pro Monat. Bei einer 110-Prozent-Finanzierung steigt das auf 547 Euro pro Monat, also 110 Euro oder 25 Prozent mehr. Bei solchen Krediten sind aber auch die Zinsen höher, weil mit der höheren Belastung für die Bank das Risiko steigt, dass Sie den Kredit irgendwann nicht mehr bedienen können. Der Kreditvermittler Hüttig & Rompf rechnet einen halben Prozentpunkt pro Jahr drauf, also aktuell 4,0 statt 3,5 Prozent. Das erhöht die monatlichen Zinszahlungen von 765 auf 1093 Euro am Anfang, 42 Prozent mehr. Die gesamte Monatsrate wächst also um 36 Prozent von 1202 auf 1640 Euro.
Selbst, wenn Sie das nötige Einkommen für solche Monatsraten haben, ist es nicht ratsam, solche Finanzierungen abzuschließen. Schließlich müssen Sie den Kredit über mehrere Jahrzehnte abbezahlen. In dieser Zeit kann sich viel ändern. Gerade, wenn Sie als Paar kaufen, können Sie Jobs verlieren, durch eine Familiengründung neue Ausgaben oder geringere Einnahmen haben. Zudem sind die Zinsen bei einem Kredit üblicherweise nur 10 bis 15 Jahre festgeschrieben – sollten Sie beim Anschlusskredit höher liegen, erhöhen sich ihre Belastungen von einem sowieso schon hohen Niveau noch weiter. Sinken in der Zeit gar die Immobilienpreise, schulden Sie der Bank am Ende mehr Geld als Ihre Immobilie wert ist. Dann hilft selbst ein Verkauf nicht, alle Schulden zu decken.
So empfiehlt sich eine Finanzierung ohne Eigenkapital in der Regel nie. Lieber sollten Sie einige Jahre ansparen, als das Risiko einer Vollfinanzierung einzugehen. Von dieser Faustregel gibt es zwei Ausnahmen. Die eine ist, wenn Sie der Meinung sind, Ihre absolute Traumimmobilie zum Schnäppchenpreis gefunden zu haben, also eine einmalige Gelegenheit, die so nicht wiederkommen wird. Wer da schnell zuschlagen muss, hat keine Zeit mehr, groß Eigenkapital anzusparen. Die zweite Ausnahme ist, wenn Sie eine Immobilie in höheren Jahren kaufen wollen und aus irgendeinem Grund kein Eigenkapital einbringen können. Dann fehlt Ihnen bis zum Ruhestand die Zeit, um Eigenkapital anzusparen und noch einen Immobilienkredit mit einer langen Laufzeit abbezahlen zu können. Außerdem könnten in diesem Fall die Risiken kleiner sein, weil Sie vielleicht in der Karriere schon etwas weiter mit stabilerem, höheren Einkommen sind und die Familienplanung möglicherweise bereits abgeschlossen haben.