Nutzbar für den Menschen? - In pazifischer Riesenmuschel entdecken Forscher die stärkste Solaranlage der Welt

Die Riesenmuschel (Tridacna gigas) am australischen Great Barrier Reef im Pazifik<span class="copyright">Andrii Slonchak/Getty Images</span>
Die Riesenmuschel (Tridacna gigas) am australischen Great Barrier Reef im PazifikAndrii Slonchak/Getty Images

Was haben leuchtende Riesenmuscheln in der Südsee mit der Energiewende zu tun? Jetzt haben Forscher herausgefunden: Die Algen, die im Inneren der Leucht-Muscheln leben, verarbeiten Sonnenlicht sehr viel besser als jede Solaranlage es kann. Und diese Entdeckung könnte sich nutzen lassen.

Die Riesenmuschel der Gattung Tridacna ist, so viel lässt sich sagen, ein ziemlich schlaues Tier. Die im Pazifik und vor allem in der Südsee heimische Tridacna züchtet ihr Essen nämlich selbst: Im Inneren der Muschel kultiviert sie Algen, in winzigen Reihen ähnlich wie auf einem Maisfeld. Und diese Algen wiederum dienen der Tridacna als Nahrung.

Dass das so gut funktioniert, liegt auch an einem Trick, den die Muschel beherrscht. Das leuchtend blaue Fleisch der Muschel absorbiert nämlich 95 Prozent des einfallenden Sonnenlichts, nur fünf Prozent werden wieder reflektiert. Dieses Licht leitet die Muschel wiederum an die Algen weiter, die damit Photosynthese betreiben - und es sozusagen als Futter verwenden.

Anbauen wie auf dem Feld

Eine Methode, die Forscherinnen und Forscher schon immer fasziniert hat. In einer neuen Studie aus der US-Eliteuniversität Yale, die im Fachblatt PRX Energy veröffentlicht wurde, ist es jetzt den Forschenden erstmals gelungen zu berechnen, mit welchem Effizienzgrad die Algen das gelieferte Sonnenlicht verarbeiten können - und das Ergebnis ist verblüffend. Den Berechnungen zufolge erreichen die Algen mit 43 Prozent einen Effizienzgrad, der dreimal so hoch ist wie bei einem gewöhnlichen Blatt und doppelt so hoch wie bei einem Solarpanel. Anders formuliert: Die Tridacna-Riesenmuschel ist die beste Solaranlage der Welt.

Aber wie ist das möglich? Bei der Photosynthese überlässt die Muschel nichts dem Zufall. Während in einem normalen Pflanzenblatt diejenigen Teile, die Photosynthese betreiben, zufällig verteilt sind, reiht die Muschel ihre Algen gezielt in dünnen kleinen Reihen auf, die eine optimale Effizienz garantieren sollen. „Im Prinzip baut die Muschel sie an, wie auf einem Feld in der Landwirtschaft“, sagte die Yale-Ökologin Alison Sweeney dem Wissenschaftsmedium „Scientic American“.

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„Sie sind ziemlich schlecht darin“

Eine Erkenntnis, die sich nutzen lässt, glauben die Forscherinnen und Forscher. Denn Algen anbauen, um Sonnenlicht zu ernten - das kriegen auch Menschen hin. Denkbar sei etwa die Entwicklung von Algen-betriebenen Bioreaktoren, quasi als natürlich abbaubare Alternative zu Solaranlagen. „Die grundlegende Erforschung biologischer Systeme verschafft und neue Ideen und neue Strategien, die sich in ganz unerwarteten Szenarien anwenden lassen“, sagte die an der Studie unbeteiligte Chemikerin Gabriela Schlau-Cohen vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) bei Boston dem „Scientific American“. „Angesichts der Ausmaße der Energiekrise brauchen wir alle Strategien, die wir kriegen können.“

Sweeney stimmt dem zu. „Mein Verständnis von Photosynthese war immer Laubwäldern und von Maisfeldern geprägt“, sagte sie der Zeitschrift. „Und jetzt stellt sich heraus, dass sie ziemlich schlecht darin sind. In Wahrheit war diese kleine Muschel der richtige Ort, um nach smarten Lösungen zu suchen.“