Putin: Gas-Schulden der Ukraine «unerträglich»

Im Ukraine-Konflikt erhöht Russland den Druck auf den Westen wegen unbezahlter Gasrechnungen. Während US-Präsident Obama Moskau weiter vor einem Einmarsch in der Ukraine warnt, fordert Kremlchef Putin die sofortige Tilgung von Milliardenschulden der prowestlichen Regierung in Kiew.

Die Lage sei «unerträglich», sagte Putin am Freitag in Moskau. Russland garantiere seinen Kunden in Europa aber weiter Lieferungen in vollem Umfang. Die EU-Außenminister wollen am Montag eine Zahlungsbilanzhilfe von einer Milliarde Euro für die krisengeschüttelte Ukraine billigen.

Putin droht damit, der Ukraine Gas nur gegen Vorkasse zu liefern - was Auswirkungen auf Europas Versorgung haben könnte. Die Ukraine ist das wichtigste Transitland für Gas aus Russland. Wegen unbezahlter Rechnungen hatte Russland der Ukraine 2009 das Gas zeitweilig abgedreht, was zu Engpässen in der EU führte. Zudem hatte Moskau im Zuge der Spannungen mit Kiew jüngst die Gaspreise für die Ukraine erhöht. Experten halten einen neuen Gaskonflikt für möglich.

Die EU will mit dem angekündigten Kredit die ukrainische Wirtschaft stabilisieren und Reformen unterstützen, wie EU-Diplomaten am Freitag in Brüssel sagten. Ein Betrag von 610 Millionen Euro war schon von der EU gebilligt, aber nicht ausgezahlt worden. Insgesamt kommen also 1,6 Milliarden Euro zusammen. Sie sind Teil eines 11 Milliarden Euro schweren EU-Hilfspakets für die Ukraine, das EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso Anfang März in Brüssel angekündigt hatte. Die Union stimmt sich bei der Rettungsaktion eng mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) ab, der auch ein Milliardenpaket auflegt.

Obama stimmte den Westen unterdessen auf weitere Sanktionen gegen Moskau ein. Nach Russlands Annexion der Krim müssten die USA, die EU und andere Partner eine neue russische Eskalation mit zusätzlichen Strafmaßnahmen beantworten, forderte Obama in einem Telefonat mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). US-Experten und hohe Nato-Militärs werfen Russland vor, im Grenzgebiet zur Ukraine bis zu 40 000 Soldaten mit schwerem Gerät jederzeit einsatzbereit zu halten.

Auch die Bundesregierung geht von einer weiter hohen Konzentration von Soldaten nahe der Ukraine aus. «Einen Abzug russischer Truppen von der Grenze kann ich nicht bestätigen», sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Wirtz in Berlin. Es sei aber noch nicht so weit, dass die EU zur dritten Sanktionsstufe greifen werde.

In Moskau wies Außenminister Sergej Lawrow Vorwürfe mit Nachdruck zurück, Russland plane einen Einmarsch in der Ostukraine. «Dies widerspräche unseren Interessen», sagte er dem TV-Sender Rossija-1. Lawrow betonte, Russland sei nicht beteiligt an den Protesten in der Ostukraine. «Unsere Leute sind nicht dort», sagte er. Russland beharre auf einer militärischen Neutralität seines Nachbarn Ukraine, betonte der Minister. Moskau fordere hier «rechtliche Garantien».

Angesichts der schweren politischen Krise in der Ostukraine ist die Regierung in Kiew zu Zugeständnissen an die prorussischen Separatisten bereit. Regierungschef Arseni Jazenjuk kündigte bei einem Besuch in Donezk ein Gesetz über regionale Volksabstimmungen an. Beobachter vermuten, dass ein Referendum weiter nur in Absprache mit der Zentralregierung genehmigt werden wird. Bislang erlaubt die Verfassung der Ex-Sowjetrepublik nur landesweite Volksabstimmungen.

In Donezk hielten prorussische Aktivisten weiter ein staatliches Gebäude besetzt. Sie fordern eine Föderalisierung des Landes mit weitreichenden Rechten vor allem für die russischsprachigen Gebiete im Osten. Jazenjuk rief die Separatisten zur Aufgabe auf. «Ich bin gegen Gewaltszenarien, aber es gibt für alles Grenzen», sagte er.

Die EU-Kommission forderte Russland indes auf, seine Zusagen für den Energieexport nach Europa einzuhalten. «Wir erwarten, dass unsere Lieferanten ihre Verpflichtungen erfüllen», sagte eine Kommissionssprecherin in Brüssel. Moskau dürfe Gas nicht zu einem «politischen Werkzeug» machen.

Putin forderte seinerseits die Ukraine auf, ihre Gasschulden endlich zu bezahlen. «Die Dramatik der Lage ergibt sich daraus, dass im ersten Quartal die niedrigsten Preise überhaupt galten und die ukrainischen Partner sogar dabei mit dem Bezahlen aufhörten», betonte er. Der 7. April sei Zahltag für 540 Millionen Dollar gewesen. «Kein einziger Dollar, kein einziger Rubel wurde bezahlt. Überhaupt nichts. Null. Das ist eine absolut unerträgliche Situation», sagte er.

Nato-Militärs wiesen unterdessen Moskauer Kritik an Satellitenbildern über russische Truppen im Grenzgebiet zur Ukraine zurück. Die Fotos seien zwischen Ende März und Anfang April entstanden, bekräftigte ein Beamter im militärischen Nato-Hauptquartier in Mons. Ein Offizier des Generalstabs in Moskau hatte gesagt, auf den Bildern seien Einheiten des Südlichen Wehrbezirks zu sehen, die im Sommer 2013 geübt hätten.