In schlechtem Licht: Obamas Fotograf Pete Souza sieht bei Trump "keinen Funken Empathie oder Mitgefühl"
Kurz vor der Wahl des US-Präsidenten porträtiert der Film The Way I See It den ehemaligen Cheffotografen des Weißen Hauses Pete Souza. Dieser spricht darin über die Präsidentschaften von Barack Obama und Ronald Reagan und darüber, wie sie sich von Donald Trump unterscheiden.
Die Kernaussage des Films, bei dem Dawn Porter Regie führte und der 2020 beim Toronto International Film Festival (TIFF) gezeigt wurde, ist, wie wichtig der Respekt gegenüber dem Präsidentenamt und die Empathie mit den Menschen in den USA für jeden in diesem Amt ist. Diese Botschaft wird durch die Rückschau auf einige der einflussreichsten und interessantesten Fotos aus Souzas Karriere im Weißen Haus vermittelt.
"Ich möchte, dass sich die Leute überlegen, was für einen Menschen sie als Präsident haben wollen", sagte Souza Yahoo Canada. "Wollen wir jemanden, der mit Selbstbewusstsein, Respekt, Würde, Ethik und Moral handelt, oder jemanden, der lügt, andere gemein behandelt und denkt, dass es beim Präsidentenamt nur um ihn geht?"
"Genau das ist nämlich der Unterschied zwischen dem amtierenden Präsidenten und Joe Biden. Denn Joe Biden hat die gleiche Führungsstärke und die gleichen menschlichen Qualitäten wie Barack Obama, und Donald Trump hat nichts von alledem."
Trump in schlechtem Licht
Souza fotografierte die wohl bemerkenswertesten demokratischen und republikanischen Präsidenten in der Geschichte der USA (obwohl er deutlich mehr Zugang zu Obama hatte), doch er hatte nie vor, Protagonist eines Dokumentarfilms zu werden. Laura Dern und das Team ihrer Produktionsfirma wurden auf ihn aufmerksam, nahmen an einer von Souzas Buchvorstellungen teil und überzeugten ihn schließlich, an dem Projekt mitzuarbeiten.
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Der legendäre Fotograf behielt seine politischen Ansichten meistens für sich. Doch als Donald Trump Präsident der USA wurde, war es ihm ein Bedürfnis, dessen Verhalten und Rhetorik öffentlich zu verurteilen. In den sozialen Medien wurde er erfolgreich, als er begann, auf Instagram die beiden Präsidenten anhand seiner Bilder von Obama miteinander zu vergleichen. Im Buch "Shade: A Tale of Two Presidents." wurde diese Sammlung später veröffentlicht.
Das Motiv von Licht und Schatten, das den ganzen Film durchzieht, beinhaltet auch den starken Kontrast zwischen den Fotos von Trump und Obama. Echte, emotionale und menschliche Momente, die Souza einfangen konnte, scheint es bei Präsident Trump nicht zu geben.
"Ich weiß nicht, ob es sie gibt", sagt Souza. "Das einzige Mal, als er angeblich Familien Trost spendete, war nach den beiden Amokläufen in Ohio und Texas. Sie haben praktisch alle hinter den Kulissen aufgenommenen Videos gezeigt und es geht da immer nur darum, dass er wie ein Rockstar behandelt werden will. Echten Trost hat er niemandem gespendet."
"Er hat keinen Funken Empathie oder Mitgefühl. Es geht immer nur um ihn, nicht um andere. Ich weiß nicht, ob es solche Fotos gibt, denn ein solcher Mensch ist er einfach nicht."
Die Bedeutung unbewegter Bilder für die Geschichtsschreibung
Welche Macht unbewegte Bilder haben, zeigt The Way I See It sehr eindringlich, denn Souzas Fotos von freudigen und auch erschütternden Momenten sprechen uns sofort emotional an.
Einige der bemerkenswertesten Fotos zeigen den ehemaligen US-Präsidenten und Mitglieder seines Sicherheitsteams während des Militäreinsatzes gegen Osama Bin Laden im Situation Room, aber auch den fünfjährigen Jacob Philadelphia, wie er Obama im Oval Office über die Haare streicht und berührende Aufnahmen von Obama mit seinen Töchtern und seiner Frau Michelle. Ein anderes Buch von Souza trägt den Titel "Obama: An Intimate Portrait" und ist eine Art Biographie von Obamas Präsidentschaft in Bildern.
“Das unbewegte Bild kann unmittelbarer Emotionen auslösen als ein Video", erklärt Souza. "Jeder nimmt ein unbewegtes Bild vor dem Hintergrund seiner eigenen Ansichten und Vorurteile wahr. Trotzdem ist diese Sprache universell und ich glaube, dass die Menschen sofort erkennen, dass ein Foto echt ist und eine Bedeutung für sie hat."
Diese Bilder sind nicht nur schön, sondern sie prägen auch die Geschichtsschreibung. Denn sie fangen Augenblicke ein, damit zukünftige Generationen sie sehen und so davon erfahren und daraus lernen können.
Falls Biden der nächste US-Präsident wird, will Souza ihn anrufen und "ihn daran erinnern, dass es die Aufgabe des Fotografen des Weißen Hauses ist, die Präsidentschaft für die Nachwelt zu dokumentieren."
"Dafür muss er dem Fotografen die gleichen Freiheiten einräumen, die ich bei Präsident Obama hatte", sagt Souza. "Das Kabinett unter Biden kann entscheiden, ob diese Bilder veröffentlicht werden oder nicht. Für die Geschichtsschreibung ist es aber unerlässlich, dass der Fotograf immer dabei sein darf, und ich bin ganz sicher, dass Biden das verstehen wird."
Elisabetta Bianchini
Video: Obama hilft Biden im Wahlkampf-Endspurt