Oberverwaltungsgericht stellt klar: Keine "Pflichtwahl" von AfD-Bewerbern
Sieht eine Gemeinde- oder Kommunalverbandsordnung eine "Wahl" zur Besetzung von Ausschusssitzen vor, schließt das Beschränkungen der Entscheidungsfreiheit der Mitglieder des wählenden Gremiums durch formelle oder informelle Vorgaben aus. Das betonte das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster nach Angaben vom Montag in einem von der AfD angestrengten Verfahren um die Nachbesetzung freigewordener Ausschusssitze durch die Landschaftsversammlung Rheinland. Fraktionen hätten keine "Besetzungsrechte". (Az. 15 A 1404/23)
"Wahlen zeichnen sich durch die Freiheit der Entscheidung aus", stellte das Gericht klar. Sehe eine Landschaftsverbandsordnung oder Gemeindeordnung ausdrücklich eine "Wahl" von vorgeschlagenen Kandidaten vor, sei diese Wahlfreiheit in der Folge auch zu beachten. Fraktionen hätten keinerlei Vorrechte bei der Benennung von Kandidaten. Mitglieder des wählenden Gremiums seien außerdem auch nicht verpflichtet, ihre Wahlabsichten im Rahmen "formeller oder informeller Verständigungsverfahren" zu begründen.
Nach Gerichtsangaben hatte die Landschaftsversammlung Rheinland nach dem Ausscheiden von AfD-Mitgliedern neu über die Besetzung von Ausschusssitzen zu entscheiden. Da die von der AfD vorgeschlagenen Nachrücker bei der Wahl durchfielen, wurden die Sitze aber teilweise nicht neu besetzt. Dagegen klagte die Partei. Sie argumentierte, die entsprechenden Verordnungen sähen in derartigen Fällen eine "Pflichtwahl" der von ihr benannten Bewerber vor.
Vor dem Verwaltungsgericht Köln erhielt die AfD im Juni vergangenen Jahres in erster Instanz zunächst Recht. Die Landschaftsversammlung hätte seinem Urteil zufolge die Nachbesetzung nicht einfach ablehnen dürfen. Stattdessen hätte sie dem Kölner Verwaltungsgericht zufolge ein Verständigungsverfahren organisieren müssen, um die Chancengleichheit der AfD-Fraktion zu wahren.
In einem von der Landschaftsversammlung angestrengten Berufungsverfahren kassierte das OVG diese Entscheidung allerdings wieder. Dass freigewordene Ausschusssitze so lange unbesetzt blieben, bis einer der Wahlvorschläge der betroffenen Fraktion bei den Wahlberechtigten die erforderliche Mehrheit erreiche, sei rechtlich nicht zu beanstanden. "Dieses Risiko ist eine Konsequenz der vom Gesetzgeber geregelten 'Wahl'", erklärte das Gericht.
Die Rechte der Fraktionen beschränkten sich darauf, Kandierende für die Wahl vorzuschlagen. Sie hätten ferner das Recht auf einen ordnungsgemäßen Ablauf der Wahl ohne Rechtsmissbrauch. Hinweise auf Rechtsmissbrauch gebe es im vorliegenden Fall nicht, betonte das Gericht. Eine Revision ließ es nicht zu, dagegen ist aber noch Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht möglich.
bro/cfm