Offener Brief: Kurdische Gemeinde wendet sich an Angela Merkel

Die kurdische Gemeinde in Deutschland erhofft sich für ihre aktuellen Unabhängigkeitsbestrebungen die Unterstützung von Angela Merkel. (Bild: AP Photo)
Die kurdische Gemeinde in Deutschland erhofft sich für ihre aktuellen Unabhängigkeitsbestrebungen die Unterstützung von Angela Merkel. (Bild: AP Photo)


Mit einem öffentlichen Appell fordert der Bundesvorsitzende der Kurdischen Gemeinde Deutschland Regierungsunterstützung für die Kurden im Nordirak.

Bei einem Referendum im Nordirak stimmten in der vergangenen Woche nach Angaben der Wahlkommission in Erbil über 92 Prozent der kurdischen Bevölkerung für die Unabhängigkeit der von ihnen besiedelten Region. Von der internationalen Gemeinde wird dieses Votum jedoch nicht anerkannt, der Irak und die Türkei gehen gar mit Sanktionen dagegen vor.

Aus Angst vor einer internationalen Blockade des Kurdengebiets im Norden des Iraks hat sich nun Ali Ertan Toprak, der Bundesvorsitzende der Kurdischen Gemeinde Deutschland, mit einem offenen Brief an Angela Merkel gewandt.

„Die Nachbarstaaten der kurdischen Region haben sich darauf geeinigt, Kurdistan mit einer Blockade zu belegen, um die Region zu isolieren und drohen, militärisch einzugreifen. Dies erinnert an die Berlin-Blockade im Nachkriegsdeutschland, die nur durch die Solidarität der freien Welt gegen die aufgezwungene Unfreiheit und Unterwerfung überstanden werden konnte“, schreibt Toprak darin. „Die Antwort der Bundesregierung aus der historischen Erfahrung heraus kann daher nur sein, alles daran zu setzen, diese Blockade zu verhindern.“

Merkel, die die Relevanz und den Erfolg der kurdischen Peschmerga – der Streitkräfte der Autonomen Region Kurdistan – im Kampf gegen den „Islamischen Staat“ wiederholt betont und verteidigt hatte, stehe nun bei der Verteidigung der irakischen Kurden besonders in der Verantwortung, findet Toprak.

Seit dem Sturz Saddam Husseins genießen die Kurden im Irak weitgehende Autonomierechte, sind jedoch wie andere ethnische und religiöse Minderheiten in der Region, etwa Turkmenen, Christen und Jesiden, betroffen von Unterdrückung und gesellschaftlichen Konflikten. „Das kurdische Volk sowie die vielen Minderheiten sind nach langer Verfolgung, Vertreibung und Demütigung nicht mehr willens und auch nicht mehr dafür verantwortlich, die de facto nicht mehr existierenden Staaten Irak und Syrien aufrechtzuerhalten“, erklärt Ali Ertan Toprak dazu.

Die irakische Zentralregierung hatte die Volksabstimmung bereits im Vorfeld als verfassungswidrig bezeichnet und verboten. Sie forderte am Mittwoch von der kurdischen Autonomieregierung im Norden des Landes, das Ergebnis zu annullieren. Anders als von den Kurden erhofft, werde man auch nach dem Votum nicht über eine Unabhängigkeit diskutieren.

Nach Angaben der Wahlkommission in Erbil beteiligten sich 72 Prozent der Bevölkerung im kurdischen Autonomiegebiet im Nordirak am Unabhängigkeitsreferendum. (Bild: AP Photo)
Nach Angaben der Wahlkommission in Erbil beteiligten sich 72 Prozent der Bevölkerung im kurdischen Autonomiegebiet im Nordirak am Unabhängigkeitsreferendum. (Bild: AP Photo)

Um den Druck auf die Region zu erhöhen, droht die Regierung in Bagdad nun mit einer militärischen Intervention. Außerdem wies die nationale Luftfahrtbehörde internationale Fluggesellschaften an, Flüge in die kurdischen Autonomiegebiete zu stoppen. Die ägyptische Fluglinie Egypt Air und die libanesische MEA kamen dieser Forderung nach, die Lufthansa wird ihre Flüge in die Region fortsetzen.

Neben den USA sprach sich auch die türkische Regierung gegen das Referendum aus und droht mit Wirtschaftssanktionen, etwa der Schließung der Pipeline, über die täglich Hunderttausende Barrel Rohöl von der Kurdenregion über die Türkei ins Ausland exportiert werden.

Der einzige Staat, der die Kurden derzeit unterstützt, ist Israel. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron will nun zwischen der irakischen Regierung und den Kurden im Norden des Landes vermitteln. Am Freitag lud er den irakischen Ministerpräsidenten Haider al-Abadi zu Gesprächen am 5. Oktober ein. Genau wie Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) fürchtet Macron eine Eskalation der Situation in der instabilen Region.