"Offenkundig noch sehr viele Begegnungen": Jens Spahn erklärt Grund für noch immer hohe Infektionszahlen

Die vielen Corona-Infektionen trotz Lockdown beschäftigen aktuell Politiker ebenso wie Bürger. Sandra Maischberger fühlte in ihrer ARD-Talkshow "maischberger. die woche" Gesundheitsminister Jens Spahn auf den Zahn: Warum sinken die Zahlen nicht?

Jens Spahn zu Gast bei "Sandra Maischberger - Die Woche". (Bild: ARD)
Jens Spahn zu Gast bei "Sandra Maischberger - Die Woche". (Bild: ARD)

Seit mehreren Wochen herrscht wegen der Corona-Pandemie in Deutschland ein Lockdown, aber die Zahlen scheinen trotzdem nicht zu sinken, sondern sogar zu steigen: Inzwischen hat Deutschland pro 100.000 Einwohner gerechnet mehr Corona-Tote als die USA und Italien. Klarheit bringt Gesundheitsminister Jens Spahn in der jüngsten Ausgabe der ARD-Talkshow "maischberger. die woche" am Mittwoch. Gegenüber Moderatorin Sandra Maischberger erklärte er den Grund für die hohen Zahlen.

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"Die Frage ist ja: Wo breitet sich dieses Virus aus?", fragte Spahn. "Wenn Menschen sich begegnen. Und das funktioniert nicht nur durch staatliches Handeln. Das funktioniert ja nur, wenn möglichst alle mitmachen, und auch mitmachen wollen." Konkret heiße das: "Im Alltag aufeinander aufpassen, Abstand halten, Kontakte reduzieren, so schwer das fällt." Auf die Frage, warum die Zahlen noch so hoch sind, betonte der 40-Jährige deutlich: "Weil wir offenkundig noch sehr viele Begegnungen miteinander haben." Die Zahlen werden nur sinken, wenn wir "zumindest eine Phase" lang "noch weiter die Kontakte reduzieren". "Das ist der einzige Weg", erklärte er.

Außerdem gehe Spahn davon aus, dass die Mutationen des Coronavirus sich in Deutschland noch nicht weit ausgebreitet haben. "Nach den Genomsequenzierungen, die wir bisher haben, scheint es noch nicht sehr verbreitet zu sein", so der Gesundheitsminister. Dabei räumte er allerdings ein, dass die Überwachung von Mutationen - die sogenannte Sequenzierung - in Deutschland bisher ungenügend gewesen sei. "Wir bauen die Sequenzierung jetzt nochmal deutlich aus und werden auch rückwirkend noch mehr sequenzieren. Die Proben sind ja noch da."

Mit Blick auf die kommenden Wochen und Monate betonte Spahn, dass am 1. Februar nicht alle Einschränkungen wieder aufgehoben werden können. "Ich finde es schwer, heute schon über Ostern oder März etwas zu sagen", räumte er ein. "Es liegt ja an uns, wie schwer wir es diesem Virus machen, sich zu verbreiten."

"Wir haben kein Problem in der Menge"

Im weiteren Verlauf des Gesprächs konzentrierte sich Moderatorin Maischberger auf die Frage nach dem Impfstoff. Laut Spahn sollen im Sommer alle ein Impfangebot bekommen. Wie er dieses Versprechen halten wolle, hakte die Moderatorin nach. Darauf rechnete ihr Spahn vor, wie viele Impfdosen Deutschland bekommen solle: von Biontech 90 Millionen, von Moderna 50 Millionen, AstraZeneca 56 Millionen, von Johnson & Johnson 37 Millionen und von CureVag 60 Millionen.

"Wir haben kein Problem in der Menge", betonte er. Die Frage sei, wann die Lieferungen kommen, ausschlaggebend dafür seien die Zulassungen. "Stand heute, wenn es gelingen sollte, das auch AstraZeneca eine Zulassung erhält, dann macht das mengenmäßig schon einen Riesenunterschied." Er könne nicht genau sagen, was im zweiten Quartal passiere, weil noch nicht sicher sei, ob AstraZeneca eine Zulassung bekomme. "Ich kann nichts verbindlich sagen, bevor es nicht verbindlich ist", betonte er. Notzulassungen schloss er aus, er setze auf eine "ordentliche Zulassung".

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Eine Impfpflicht für Pflegekräfte schließt Jens Spahn nach wie vor aus. "Ich glaube nicht, dass die Bereitschaft, sich impfen zu lassen, wächst, wenn wir zu solch einem Instrument greifen. Das wird nicht als Wertschätzung empfunden, wenn wir über den Kopf der Pflegenden hinweg entscheiden".

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