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"Okja" auf Netflix: Ist der Cannes-Film wirklich skandalös?

Bei den diesjährigen Filmfestspielen in Cannes lief auch der Netflix-Film "Okja" im Wettbewerb. Das sorgte unter der Jury und den Kinogängern vor Ort für jede Menge Verstimmungen. Anstoß dafür war die Tatsache, dass der Streamingriese die französischen Regeln des Filmfests ignoriert hatte. Um die Kinokultur des Landes zu schützen, müssen laut Reglement zwischen dem Kinostart und der Ausstrahlung auf einer Streamingplattform 36 Monate liegen. Netflix zeigt deswegen "Okja" in Frankreich gar nicht im Kino.

Der Protest war groß. Die Festivalleitung sprach daraufhin ein Machtwort: Fortan dürfen nur Filme am Wettbewerb von Cannes teilnehmen, die auch im französischen Kino anlaufen werden. Durch den Wirbel um diese Debatte wurde das Wesentliche aus den Augen verloren: Der Film an sich. Worum geht es in "Okja" eigentlich und lohnt es sich, das Drama anzusehen?

Worum geht es?

"Okja" handelt von einem jungen Mädchen namens Mija (An Seo Hyun), das gemeinsam mit seinem Großvater und seiner besten Freundin, einem mutierten Riesenschwein namens Okja, in den Bergen Südkoreas aufgewachsen ist. Doch das friedvolle Leben wird auf den Kopf gestellt, als das internationale Fleisch-Unternehmen Mirando unter der Leitung von Lucy Mirando (Tilda Swinton), Okja nach New York zurückholen will, um die gutmütige Tierdame für seine kapitalistischen Zwecke zu missbrauchen. Kann Mija ihre Freundin retten? Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt.

Viele Hollywood-Stars und große Gefühle

"Okja" ist hochkarätig besetzt: Jake Gyllenhaal (36, "Nightcrawler - Jede Nacht hat ihren Preis") zeigt sich als TV-Zoologe Dr. Johnny Wilcox von seiner kaum erkennbaren und skurrilen Seite. Tilda Swinton (56, "Doctor Strange") beweist einmal mehr ihre große Wandelbarkeit in einer Doppelrolle. Zudem werden Lily Collins (28, "Love, Rosie - Für immer vielleicht"), Paul Dano (33, "Prisoners") und "The Walking Dead"-Star Steven Yeun (33) zu mehr oder weniger rabiaten Tierschützern, die aber auch für einige komische Momente sorgen.

Der kleine und große Star des Films sind jedoch die junge An Seo Hyun (13) und die animierte Okja, deren innige Freundschaft unter die Haut geht. Das Riesenschwein, das einem Nilpferd ähnelt, putzige Schlappohren hat und wie ein Hund folgt, hätte selbst in einem Disney-Film nicht niedlicher dargestellt werden können. Von solchen Mensch-Tier-Freundschaften träumen kleine Kinder auf der ganzen Welt.

"Okja" zeigt einerseits die Idylle der Natur in den Bergen Südkoreas, andererseits das knallharte Business der Fleischindustrie. Vor allem die letzten 30 Minuten des Films sind nichts für schwache Nerven. Denn Regisseur Bong Joon Ho schreckt nicht davor zurück nach den beeindruckenden Großaufnahmen der Berglandschaft, auch die brutalen Details eines Schlachthofs zu zeigen. Man fiebert mit Mija und Okja förmlich mit. Ein fader Beigeschmack und etwas zum Nachdenken bleiben am Ende allemal.

Fazit

"Okja" vereint nicht nur zahlreiche Hollywood-Stars, sondern beweist auch jede Menge Herz und große Gefühle. Außerdem wird die alte Frage nach dem Verhältnis zwischen Kapitalismus und Natur aufgeworfen, die heute aktueller ist denn je. Sorgt unsere kapitalistische Gesellschaft für das Schwinden von Ressourcen und das Leiden von Tieren? Allein wegen der niedlichen Tierdame Okja lohnt sich der Film für jeden Tierfreund. Zudem ist es gut möglich, dass einige Personen nach dem Film zum Vegetarier oder gar Veganer werden.

Foto(s): Netflix, Barry Wetcher / Netflix, Jae Hyuk Lee / Netflix, Barry Wetcher / Netflix