„Gekotzt hat schon länger keiner mehr“ - Rikscha-Fahrer verrät, wie viel auf beim Oktoberfest wirklich rausspringt
Für die Rikscha-Fahrer ist das Münchner Oktoberfest mit seinen hohen Preisen eine willkommene Einnahmequelle. Doch dafür leisten sie viel, betonen sie im Gespräch mit FOCUS online.
Dieses Jahr verdient Patrick zum ersten Mal sein Geld auf dem Oktoberfest als Rikscha-Fahrer. „Ich gehe schon mal mit ein paar Tausend Euro nach Hause“, sagt er am Sonntagnachmittag zur Wiesn-Halbzeit.
Der 27-Jährige ist Student. Für ihn ist das Rikscha-Fahren auf dem Oktoberfest der ideale Nebenjob. Nachdem Patrick 2,5 Jahre als Mechaniker arbeitete, entschied er sich, selbst auf den Sattel zu steigen.
Eigentlich wäre er gerne schon im Vorjahr gestartet, ein Bergunfall verhinderte das jedoch. Nun ist Patrick genesen und kann sich etwas dazuverdienen, um sein Osteopathie-Studium für 26.000 Euro zu finanzieren.
Seit den Sommerferien radelt er durch München. Mit dem Geld-Puffer will er sich dann im Winter voll auf seine anstehenden Prüfungen konzentrieren und die Sechs-Tage-Schulwoche meistern.
Rikscha-Fahrer verrät: „Schwer, in den ersten zwei Tagen alles zu lernen“
Am Esperantoplatz muss er nicht lange warten, bis eine dreiköpfige Familie nach einer Fahrt zum Hauptbahnhof fragt. Für 25 Euro radelt Patrick los, 15 Minuten später kommt er mit zusätzlichen fünf Euro Trinkgeld zurück.
Er habe sich bewusst und auf Empfehlung einiger Kollegen für diesen Standort entschieden, sagt Patrick. „Es ist der schwierigste Ort“, verrät er. Kundschaft, meist entspannte Paare mittleren Alters, sei hier nicht so leicht zu finden wie etwa an der Theresienwiese.
Dort reihen sich die Rikscha-Fahrer in einer Schlange ein und warten auf Gäste. „Es war sehr schwer, in den ersten zwei Tagen alles zu lernen“, sagt Patrick über den Start. Mit den Kunden hat er bisher aber keine schlechten Erfahrungen gemacht. „Hin und wieder hat man betrunkene Kunden, aber auch die sind sehr pflegeleicht“, sagt der Student.
Patrick arbeitet übrigens nicht zum ersten Mal auf der Wiesn. Vor der Corona-Pandemie war er unter anderem für ein Fahrgeschäft tätig. Doch er hat keine Lust mehr, stundenlang im Regen zu stehen und angestellt zu sein, sagt der Rikscha-Fahrer.
42-Jähriger ist extra aus Berlin angereist
Heute kann er sich seine Zeit frei einteilen. Nach den 15-Stunden-Arbeitstagen auf dem Oktoberfest hat Patrick dann auch wieder Freizeit-Ausgleich. Bis zu 100 Kilometer radelt er nun täglich durch München.
Am St. Pauls-Platz ordnen sich die Rikscha-Fahrer in zwei Reihen ein, ganz hinten wartet Sebastian darauf, vorzurücken und später wieder Gäste mitzunehmen. Der 42-Jährige ist dafür extra aus Berlin angereist, nimmt täglich 100 Euro Übernachtungskosten in Kauf.
2022 hätten sich noch viele über die hohen Preise beschwert, erinnert er sich. Doch inzwischen gebe es da keine Diskussionen mehr. „Gekotzt hat auch schon länger keiner mehr, das hat abgenommen“, beobachtet Sebastian.
Sein Nebenjob hat ihm auch schon manche kuriose Begegnung eingebracht, erzählt er. Vor einiger Zeit sollte er zum Beispiel einen russischen Milliardär vom Hofbräuhaus zum Hotel fahren.
Es gibt auch schöne Begegnungen
Doch bei seiner als „Turbo“ beworbenen Rikscha sei der Akku leer gewesen, entsprechend gemächlich war die Fahrt. „Er hat viel geflucht“, erinnert sich Sebastian an den unzufriedenen Gast, der dann nicht bezahlen wollte: „Ein Kollege von ihm kam dann mit einer Handvoll Kleingeld.“
Doch es gibt auch schöne Begegnungen. Im Vorjahr kamen sich beispielsweise zwei Gäste in Sebastians Rikscha näher, sagt er. Sie stoppten spontan im englischen Garten und tanzten dort. „Da gab auch gut Trinkgeld.“
So mancher Wiesn-Besucher verliere allerdings den Überblick über seine Finanzen. „Manche sind so besoffen, dass bei beim Einstieg bezahlen und später nochmal bezahlen wollen“, erzählt der 42-Jährige und schmunzelt. Darauf weise er sie dann freundlich hin: „Da bin ich schon ehrlich.“
„Man muss die Konzentration hochhalten“
Allerdings ist das Rikscha-Fahren offenbar nicht so entspannt, wie es aussieht, verrät ein anderer Fahrer. „Es ist gar nicht mal das Radeln, sondern das Drumherum. Der Lärm, der Verkehr, die Betrunkenen – man muss die Konzentration hochhalten. Das ist ziemlich stressig“, schildert Lucas.
Von lustig angetrunken bis zum Totalausfall sei bei den Gästen alles dabei, sagt der 40-Jährige. Die Preise handele er deshalb immer vorher aus. Letztlich sei das wie jeder andere Wiesn-Job auch: „Währenddessen kriegt man einen Vogel, aber danach freut man sich.“