Olympia 2018: Was soll der Hass?

Lindsey Vonn brach in Tränen aus, andere entfernten ihre Accounts: Die Olympischen Winterspiele in Pyeongchang liefern neue Beispiele für Hass und Neid in den Sozialen Medien.

Nicht nur Lindsey Vonn sieht sich im Internet harten Beleidigungen ausgesetzt. (Bild: Getty Images)
Nicht nur Lindsey Vonn sieht sich im Internet harten Beleidigungen ausgesetzt. (Bild: Getty Images)

Was haben Hass und die Olympischen Spiele miteinander zu tun? Eigentlich gar nichts. Die Realität sieht allerdings anders aus. In Pyeongchang wird Social Media bei weitem nicht nur für Anfeuerung und Bewerbung der Sportler genutzt.

“Es gibt Leute, die mich hassen und hoffen, dass ich eine Klippe herunterfahre und sterbe”, sagte eine sichtlich angeschlagene Lindsey Vonn zur Halbzeit der Winterspiele vor der Weltpresse. Die US-Amerikanerin ist das prominenteste Beispiel für betroffene Sportler.

“Das Netz” ist ein Begriff, den man als Redakteur gerne einsetzt. Das Netz kann feiern, jubeln, lästern – aber es kann eben auch Hass und Neid versprühen. Das wird bei Olympia sicherlich nicht zum ersten Mal deutlich, aber es ist eine der größtmöglichen Bühnen.

Beleidigungen gegen depressive Vonn

Vonn kritisierte kurz vor Start der Winterspiele den US-Präsidenten Donald Trump. Seitdem sehen sich ihre Social-Media-Accounts bombardiert von Anfeindungen und Beleidigungen verschiedenen Niveaus.

Vonn kämpft seit Jahren mit Depressionen, die Sportlerin nimmt Medikamente zu sich. Es verwundert somit nicht weiter, dass jedes böse Wort die 33-Jährige bitter trifft.

Nur (mehr) Schwarz und Weiß

Von ihr geht es weiter. Elizabeth Swaney trat auf Skiern in der Halfpipe an. Sie hatte eine Lücke im Regelwerk genutzt, um sich für die Spiele zu qualifizieren und zeigte keinen einzigen Trick.

Ein frecher Auftritt, das ist gewiss. Sie wollte sich nicht nur ihren Traum von den Olympischen Spielen erfüllen, sondern auch eine Botschaft senden: Für das Anfangen ist es nie zu spät, traut euch, macht Sport.

Keine unwichtige Botschaft, gleichwohl aber wieder so ein Auslöser für Tweets und Posts. Diskussion? Fehlanzeige. Das Netz reagiert in Schwarz und Weiß, wobei das Schwarz deutlich überwiegt. Swaney muss einstecken.

Accounts gehen offline

Diese Beispiele lassen sich immer weiter stricken. Japans Shorttracker Kei Saito wurde des Dopings überführt, sein Account mit Beleidigungen bombardiert, bis er sich dazu entschloss, ihn zu löschen.

Gleiches tat auch Südkoreas Eisschnelläuferin Kim Bo Reum. Sie hatte eine Teamkollegin heftig kritisiert und daraufhin ebenfalls ihre Accounts offline genommen. Beleidigungen für einen guten Zweck? Wohl kaum.

Psychologen untersuchen schon lange das Phänomen Internet-Hass. Relevant ist es in jedem möglichen Bereich: Politik, Musik, Mode und eben auch Sport. Zu einem echten Grund gekommen sind die Studien nicht.

Kommentare bleiben ohne Konsequenz

Viele Gründe machen aus dem Internet-User einen sogenannten Troll. Neid, Missgunst, andere Ansichten, Unzufriedenheit mit sich selbst: Die Ausgangspunkte sind vielschichtig. Letztlich ist aber ein Punkt ganz entscheidend.

Die Anonymität des Internets ermöglicht schlechtes Benehmen – und zum Teil auch Straftaten – relativ konsequenzfrei. Beleidigungen und Co. erhalten sogar oftmals positives Feedback weiterer User.

Und was ist leichter? Aus einer Menge heraus in Richtung der vorbeilaufenden Vonn zu schreien oder sich ihr gegenüber zu stellen und ihr direkt ins Gesicht zu sagen, dass man ihr den Tod wünscht?

Nur Sportler leben Olympischen Geist

Wie man dagegen vorgehen kann, ist unklar. Verschiedene Ansätze existieren, in den meisten Fällen gilt lediglich das Prinzip “Don’t feed the Troll” (engl.: Füttere nicht den Troll), das heißt, die Kommentare werden ignoriert.

So dreht sich das Rad immer weiter – bis die Sportler versuchen, keine Angriffsfläche mehr zu bieten oder eben ihre Accounts offline nehmen. Beides sind keine Optionen, die man sich als Fan wirklich wünschen sollte.

Vom Olympischen Geist kann so bei weitem nicht die Rede sein. Diesen leben nur die Sportler in Pyeongchang vor, die in Sieg wie Niederlage stets fair und reflektiert handeln. Und diese haben immerhin vier Jahren auf den Wettbewerb hintrainiert und nicht mal eben einen Kommentar in das Smartphone gehackt.