„Wir sind es den Opfern schuldig“ - NRW-Ministerin räumt Versäumnisse bei Abschiebung des Solingen-Attentäters ein

Auf NRW-Flüchtlingsministerin Josefine Paul (Grüne) kommen nach der tödlichen Messerattacke von Solingen Fragen zu.<span class="copyright">Roberto Pfeil/dpa</span>
Auf NRW-Flüchtlingsministerin Josefine Paul (Grüne) kommen nach der tödlichen Messerattacke von Solingen Fragen zu.Roberto Pfeil/dpa

Die nordrhein-westfälische Flüchtlingsministerin räumt massive Versäumnisse bei der Abschiebung des Solingen-Attentäters ein. Fehler gab es unter anderem in den kommunalen Behörden.

Die nordrhein-westfälische Flüchtlingsministerin Josefine Paul hat Versäumnisse im Fall des mutmaßlichen Messerangreifers von Solingen eingeräumt. Der 26-jährige Syrer Issa Al H. hätte nach Bulgarien abgeschoben werden sollen. Darüber berichtet die "Welt".

Flüchtlingsministerin räumt Versäumnisse ein

Versäumnisse bei kommunalen Behörden und fehlende Flugmöglichkeiten verhinderten die rechtzeitige Abschiebung. Laut der Flüchtlingsministerin scheiterten die Behörden vor allem in zwei zentralen Punkten.

Der Tatverdächtige war am vorgesehenen Abschiebetag im Juni 2023 nicht in der Zentralen Unterbringungseinrichtung in Paderborn aufzufunden, berichtet die "Welt" weiter. Obwohl er kurz vorher und nachher in der Unterkunft anwesend war, informierte die Leitung der Einrichtung nicht die Zentrale Ausländerbehörde (ZAB) in Bielefeld.

Ein weiteres Versäumnis war, so Paul, dass die ZAB keinen neuen Flug für die Rückführung anmeldete. Für die Rückführung galt eine Frist von einem halben Jahr. Auch eine Überstellung an die bulgarischen Behörden auf dem Landweg sei nicht möglich gewesen.

Paul kritisiert "dysfunktionales" Abschiebesystem

Paul forderte eine bessere Koordinierung von Rückführungsflügen und klarere Verfahrensabläufe. "Das Verfahren ist so nicht mehr handlungsfähig“, sagte sie der "Welt".  Die Ministerin übt vor allem scharfe Kritik an den Überstellungsmodalitäten nach Bulgarien.

Diese seien nur über drei Fluggesellschaften und zu bestimmten Zeiten möglich. Aufgrund dieser Restriktionen könne es nur zehn mögliche Abschiebungen pro Tag für alle Bundesländer geben.

„Dieses System ist so komplex und im Kern dysfunktional“, sagte Paul. Dass Rücküberstellungen scheiterten, sei die Regel. Paul forderte daher eine bessere bundesweite Koordinierung der Rückführungsflüge. „Wir sind es den Opfern und den Angehörigen schuldig, dass wir hier wirklich aufklären,“ fügte sie hinzu.

Opposition kritisierte Migrationspolitik bereits in der Vergangenheit

Die schwarz-grüne Landesregierung war bereits im letzten Jahr immer wieder für die Migrationspolitik der Ministerin in die Kritik der Opposition geraten. Aufgrund der Überlastung vieler Kommunen in migrationspolitischen Fragen, kritisierte etwa die SPD in einer aktuellen Stunde das „Organisationschaos der Ministerin“.

Auch eine „inhumane Flüchtlingspolitik“, hielt SPD-Mann Christian Dahm der grünen Ministerin vor. "Kollaps und Überlastung“, sagt die FDP über Pauls Politik. Die AfD urteilte, die Landesregierung kenne das Wort „Grenzsicherung“ nicht.