Orthopäde Markus Klingenberg - Frozen Shoulder: Menschen zwischen 40 und 60 Jahren sind besonders betroffen
Leiden Sie unter steifer und schmerzhafter Schulter? Orthopäde Markus Klingenberg erklärt, was hinter einer Frozen Shoulder steckt und wie Betroffene Linderung finden.
Was ist eine Frozen Shoulder und welche Altersgruppe ist am häufigsten betroffen?
Die Frozen Shoulder, auch als adhäsive Kapsulitis bekannt, ist eine schmerzhafte Zustand des Schultergelenks, der sich durch eine erhebliche Einschränkung der Beweglichkeit auszeichnet. Häufig liegt der Ursprung in einer Entzündung und Schrumpfung der Gelenkkapsel, die das Schultergelenk umhüllt. Dies resultiert darin, dass die betroffene Schulter versteift und bewegungsunfähig wird.
Die Krankheit verläuft in der Regel in drei Phasen:
Die erste Phase ist die Schmerzphase, auch als Gefrierphase bekannt. Sie beginnt mit allmählich zunehmenden Schmerzen, insbesondere bei Bewegungen.
In der zweiten Phase, der Versteifungs- oder Gefrorenen Phase, lassen die Schmerzen langsam nach, aber die Schulter wird immer steifer und die Beweglichkeit stark eingeschränkt.
In der dritten und letzten Phase, der Lösungs- oder Auftauphase, verbessern sich die Beweglichkeit und die Beschwerden allmählich wieder.
Die Frozen Shoulder tritt am häufigsten bei Menschen im Alter von 40 bis 60 Jahren auf und betrifft Frauen etwas häufiger als Männer. Die genauen Ursachen sind nicht vollständig geklärt, jedoch gibt es Risikofaktoren wie Diabetes, Schilddrüsenerkrankungen oder frühere Schulterverletzungen, die das Risiko erhöhen können.
Die Erkrankung kann sich über Monate bis Jahre entwickeln und wird oft ohne Operation behandelt. Hierbei kommen physiotherapeutische Maßnahmen und entzündungshemmende Medikamente zum Einsatz.
Welche Symptome sind typisch für eine primäre und sekundäre Frozen Shoulder?
Die Frozen Shoulder kann in zwei Haupttypen klassifiziert werden: die primäre (idiopathische) und die sekundäre Frozen Shoulder. Beide Formen weisen ähnliche Symptome auf, unterscheiden sich jedoch hinsichtlich ihrer Ursache.
Die primäre Frozen Shoulder ist durch eine unbekannte Ursache gekennzeichnet und hat keine spezifischen Auslöser wie Verletzungen oder andere Erkrankungen. Die Symptome entwickeln sich schleichend und ohne offensichtlichen Auslöser. Zu Beginn treten Schmerzen in der Schulter auf, die oft nachts und bei Bewegung stärker sind. Es kommt zu einer zunehmenden Einschränkung der Beweglichkeit, insbesondere beim Heben des Arms über den Kopf oder bei Drehbewegungen. Diese Beschwerden können bis zu zwei bis drei Jahre anhalten, wobei die Beweglichkeit schrittweise abnimmt und später wieder zunimmt.
Die sekundäre Frozen Shoulder tritt infolge von Verletzungen, Operationen oder anderen Grunderkrankungen auf, wie beispielsweise Diabetes, Schilddrüsenprobleme, Herzinfarkte oder eine längere Ruhigstellung der Schulter. Der Verlauf ähnelt dem der primären Form, jedoch entwickeln sich die Symptome oft schneller nach einem auslösenden Ereignis wie einer Verletzung oder Operation. Auch hier treten Schmerzen auf, die bei Bewegung der Schulter stärker sind und nachts häufig schlimmer werden. Eine progressive Einschränkung der Beweglichkeit ist ebenfalls typisch.
Sowohl bei der primären als auch bei der sekundären Frozen Shoulder gibt es die oben genannten drei Phasen des Verlaufs: die Gefrierphase, die gefrorene Phase und die Auftauphase.
Ein häufiges Merkmal beider Formen ist der Nachtschmerz, der zu Schlafproblemen führen kann. Generell sind die Symptome der primären und der sekundären Frozen Shoulder ähnlich, wobei die sekundäre Form durch eine spezifische Ursache oder Grunderkrankung ausgelöst wird.
Wie wird eine Frozen Shoulder diagnostiziert und welche Rolle spielen dabei bildgebende Verfahren?
Die Diagnose einer Frozen Shoulder basiert hauptsächlich auf der Krankengeschichte des Patienten und einer klinischen Untersuchung. Hierbei werden vor allem die Symptome des Patienten in Betracht gezogen, wie zum Beispiel die Intensität und Dauer der Schmerzen, wann diese am stärksten sind und ob sie durch Bewegung verstärkt werden. Auch Schwierigkeiten bei alltäglichen Bewegungen, wie das Heben des Arms oder das Greifen hinter den Rücken, sowie die Entwicklung der Symptome werden berücksichtigt.
Bei der klinischen Untersuchung wird die Beweglichkeit der Schulter sowohl aktiv (vom Patienten selbst) als auch passiv (durch den Arzt) getestet. Ein typisches Merkmal der Frozen Shoulder ist die Einschränkung in allen Bewegungsebenen, sowohl bei aktiven als auch bei passiven Bewegungen, besonders bei der Außenrotation des Arms. Schmerzhafte Bewegungen und Druckpunkte im Schulterbereich werden identifiziert.
Bildgebende Verfahren spielen ebenfalls eine Rolle in der Diagnose einer Frozen Shoulder, vor allem um andere Erkrankungen der Schulter auszuschließen. Obwohl die Diagnose in der Regel auf der Anamnese und klinischen Untersuchung beruht, können bildgebende Verfahren eingesetzt werden, um andere Ursachen von Schulterbeschwerden wie zum Beispiel Rotatorenmanschettenrisse, Arthritis oder Tumore auszuschließen.
Die wichtigsten bildgebenden Verfahren sind
Röntgen,
Magnetresonanztomographie (MRT) und
Ultraschall
Bei einer Frozen Shoulder ist das Röntgenbild meist unauffällig. Da viele Schultererkrankungen ähnliche Symptome verursachen können (zum Beispiel Sehnenrisse, Schleimbeutelentzündungen oder Arthritis), helfen bildgebende Verfahren vor allem dabei, solche Erkrankungen auszuschließen.
Bei einer klassischen Frozen Shoulder sind oft keine strukturellen Schäden sichtbar, da das Hauptproblem eine entzündliche Verdickung und Schrumpfung der Gelenkkapsel ist.
Kann eine Frozen Shoulder auch ohne ärztliche Behandlung heilen und wie lange dauert dieser Prozess?
Eine Frozen Shoulder kann in der Tat ohne ärztliche Intervention abheilen. Allerdings ist dieser Heilungsprozess oft langwierig und kann mehrere Monate bis hin zu Jahren in Anspruch nehmen. Die Krankheit verläuft typischerweise in den drei genannten Phasen, die insgesamt zwischen 1,5 und 3 Jahre dauern können. Der genaue Verlauf kann jedoch von Person zu Person variieren.
Viele Menschen erleben nach der vollständigen Heilung eine nahezu normale Schulterfunktion. Obwohl eine Frozen Shoulder ohne ärztliche Behandlung heilen kann, sollte nicht übersehen werden, dass eine medizinische Behandlung den Heilungsprozess deutlich beschleunigen und die Lebensqualität verbessern kann.
Medikamente zur Schmerzlinderung, wie entzündungshemmende Mittel oder Kortisoninjektionen, können helfen, Schmerzen zu lindern und Entzündungen zu reduzieren. Physiotherapie mit speziellen Übungen zur Dehnung und Kräftigung der Schulter kann dazu beitragen, die Beweglichkeit schneller wiederherzustellen und zu verhindern, dass die Schulter steif bleibt.
Welche Therapiemöglichkeiten gibt es?
Die Therapie einer Frozen Shoulder hat das Ziel, Schmerzen zu lindern, Entzündungen zu reduzieren und die Beweglichkeit wiederherzustellen. Dabei kann die Behandlung entweder konservativ oder in schweren Fällen invasiv erfolgen.
In den meisten Fällen ist eine konservative Therapie ausreichend. Sie umfasst Maßnahmen zur Schmerzlinderung wie Medikamente (beispielsweise NSAR wie Ibuprofen) und Injektionen mit Kortison oder Blutplasma (PRP), die helfen, Schmerzen und Entzündungen zu reduzieren. Physiotherapie mit speziellen Dehnübungen und manueller Therapie fördert die Beweglichkeit. In der Phase der Steifheit sind passive und aktive Mobilisationstechniken hilfreich.
Wärme- und Kältetherapie können ebenfalls zum Einsatz kommen: Während Kälte in der frühen Phase Schmerzen lindern kann, kann Wärme in der späteren Phase die Beweglichkeit verbessern. Mikrostrom- und Magnetfeldbehandlungen können in vielen Fällen die Schmerzen lindern und die Gelenkbeweglichkeit verbessern.
Bei starken Bewegungseinschränkungen oder wenn eine konservative Therapie keinen Erfolg zeigt, kommen invasive Maßnahmen in Betracht. Dazu zählen Hydrodilatation, bei der durch Injektion einer Flüssigkeit in das Gelenk die Kapsel gedehnt wird, um die Beweglichkeit zu verbessern, sowie Mobilisation unter Narkose, bei der die Schulter passiv durchbewegt wird, um Verklebungen zu lösen.
In schweren Fällen kann eine arthroskopische Kapselspaltung notwendig sein, bei der die verdickte Gelenkkapsel minimalinvasiv chirurgisch durchtrennt wird. Unabhängig von der gewählten Behandlungsmethode sind Physiotherapie und Eigenübungen essenziell für die Rehabilitation. Sie helfen dabei, die Beweglichkeit zu erhalten und Rückfälle zu verhindern. Auch nach invasiven Verfahren ist eine langfristige Rehabilitation notwendig.