Pakistanis ließen bin Laden bei Verkehrskontrolle davonfahren

Geheimer Bericht kritisiert kollektives Versagen von Militär und Geheimdienst

Pakistanische Polizisten haben Osama bin Laden 2002 oder 2003 bei einer Verkehrskontrolle einfach entkommen lassen. Das ergab der Bericht einer Untersuchungskommission. Der 336-Seiten-Bericht wirft Regierung, Militär und Geheimdienst Pakistans Inkompetenz und Pflichtversäumnis vor. Er hält aber auch einige bizarre Details bereit über die letzten Lebensjahre bin Ladens.

Pakistan, Swat-Tal, 2002 oder 2003: Osama bin Laden, damals der meistgesuchteste Terrorist der Welt, war gerade einkaufen und befindet sich mit einigen Begleitern auf dem Rückweg von einem Basar. Dann wird sein Auto angehalten, Bin Ladens Fahrer war zu schnell unterwegs. Die Polizisten interessieren sich aber nicht für den Topterroristen. Ihr Mann habe „die Angelegenheit sehr schnell geregelt“, erinnert sich die Ehefrau einer beiden Begleiter bin Ladens. Diese überraschende Aussage ist in dem geheimen Bericht nachzulesen, den der Fernsehsender Al Jazeera nun veröffentlicht hat.

In dem Bericht sind noch andere bizarre Details nachzulesen: Zum Beispiel dass bin Laden einen Cowboyhut trug, um sich zu tarnen. Erstaunlich auch: Bin Laden scheint im Swat-Tal den langen Bart, der auf Video-Botschaften zu seinem Markenzeichen wurde, nicht getragen zu haben. In dem Bericht wird er zu der Zeit als "großer, glatt rasierter Araber" bezeichnet.

Die Kommission verhörte mehr als 200 Zeugen, von Mitgliedern der Familie bin Laden über den Chef des Geheimdienstes bis hin zu Ministern und führenden Militärs. So entstand ein umfassendes Bild der neun Jahre, in denen bin Laden kreuz und quer durch Pakistan floh.

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Osama bin Laden war demnach Mitte 2002 nach Pakistan gekommen, nachdem er in der Schlacht von Tora Bora in Afghanistan knapp entkommen konnte. Er versteckte sich zuerst in Süd-Waziristan und Bajaur, bevor er ins nördliche Swat-Tal und 2005 schließlich in sein Anwesen in Abbottabad floh, nur 85 Kilometer von der Hauptstadt Islamabad entfernt. Dort wurde der Topterrorist im Mai 2011 von einem US-Kommando erschossen.

Die Kommission sollte im Auftrag der pakistanischen Regierung herausfinden, wie die USA die eigenmächtige Operation in Pakistan unbemerkt ausführen und wie Bin Laden in Abbottabad untertauchen konnte.

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Auch die Umstände dieses „kriegerischen Akts“, der mit Pakistan nicht abgesprochen war, kritisiert der Bericht scharf. Offiziere, darunter der Chef der Luftwaffe, sagten aus, dass der Radar Pakistans auf Friedensmodus gestellt, also an der Grenze zu Afghanistan abgeschaltet war. Der Bericht konstatiert „schuldhafte Nachlässigkeit und Inkompetenz auf allen Ebenen der Regierung“. Und kommt zu dem Ergebnis, dass die pakistanischen Behörden schon 2005 aufgehört hätten, aktiv nach bin Laden zu suchen.

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