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Paris plant neue Maßnahmen - Ausgangssperre in Tschechien

Ein Covid-19-Patient kommt im tschechischen Kyjov in die Intensivstation eines Krankenhauses.
Ein Covid-19-Patient kommt im tschechischen Kyjov in die Intensivstation eines Krankenhauses.

Ausgangssperre in Tschechien, Kontaktbeschränkungen in Norwegen, Städte in Litauen unter Quarantäne: Gegen den dramatischen Anstieg der Infektionszahlen setzen zahlreiche europäische Länder auf neue Einschränkungen.

Paris/Prag/Brüssel (dpa) - Im Kampf gegen die zweite Welle der Corona-Epidemie will die französische Regierung die Schraube weiter anziehen.

Neue Maßnahmen seien unerlässlich, teilte Premierminister Jean Castex auf Twitter mit. Ins Detail ging er dabei nicht. Staatschef Emmanuel Macron werde sich am Mittwoch an seine Landsleute wenden, hieß es in Kreisen des Élyséepalastes ohne weitere Einzelheiten. Auch andere europäische Länder setzen auf schärfere Maßnahmen - so dürfen Menschen in Tschechien nun ihre Häuser nachts nicht mehr verlassen.

In Frankreich wird über eine mögliche Ausweitung der bereits geltenden nächtlichen Ausgangssperre in 54 Départements oder einen Lockdown spekuliert, also eine weitere Einschränkung des öffentlichen Lebens - entweder auf nationaler Ebene oder in einzelnen, besonders betroffenen Regionen. Regierungschef Castex kündigte für Donnerstag eine Erklärung im Parlament an.

Die Corona-Lage verschlechtert sich in dem Land mit 67 Millionen Einwohnern seit Wochen dramatisch. Die Zahl der Neuinfektionen erreichte in der vergangenen Woche mehrmals Spitzenwerte. Auch die Zahl der mit dem Coronavirus Infizierten Todesopfer binnen 24 Stunden stieg stark an - am Dienstagabend meldeten die Behörden 523. Damit wurde wieder das hohe Niveau vom April erreicht. Die Gesamtzahl der Todesopfer liegt nun bei 35.500.

Am Sonntagabend wurden erstmals seit Beginn der großflächigen Testungen mehr als 52.000 Ansteckungen innerhalb von 24 Stunden erfasst. Es gilt bereits eine nächtliche Ausgangssperre für rund zwei Drittel der Einwohner, also rund 46 Millionen Menschen.

Tschechien hat erstmals eine nächtliche Ausgangssperre eingeführt. Zum Start galt sie in der Nacht zum Mittwoch zunächst nur von Mitternacht bis 04.59 Uhr morgens, künftig gilt sie jeweils zwischen 21.00 Uhr und 4.59 Uhr. Die Regierung in Prag begründete den Schritt damit, dass private Feiern und Treffen verhindert werden sollen. Ausnahmen gelten unter anderem für das Gassigehen mit dem Hund in einem Umkreis von 500 Metern um den Wohnort. In Tschechien steckten sich der EU-Gesundheitsagentur ECDC zufolge binnen 14 Tagen 1379,8 Menschen je 100.000 Einwohner an. Das war nach Belgien der zweithöchste Wert in der EU.

Litauen stellt an diesem Mittwoch unter anderem die drei größten Städte - Vilnius, Kaunas und Klaipeda - unter Quarantäne. Hier gelten eine Maskenpflicht in nahezu allen öffentlichen Räumen sowie strengere Einschränkungen für das Kultur-, Freizeit-, und Sportleben. In Norwegen sind die Menschen nun angehalten, nicht mehr als fünf Gäste in den eigenen vier Wänden zu begrüßen. Die Regierung in Lettland setzte am Dienstag die erlaubte Teilnehmerzahl bei privaten Feiern auf zehn Personen herab. Bei öffentlichen Veranstaltungen dürfen sich in dem baltischen EU-Land künftig nicht mehr als 300 Personen zusammenfinden. Beide Regeln gelten vom 30. Oktober an für den Innen- und Außenbereich.

EU-Ratschef Charles Michel forderte im Kampf gegen die Corona-Krise dringend eine gemeinsame Linie der 27 EU-Staaten bei Quarantäneregeln, Tests und Tracing-Apps. Bisher habe man noch nicht die gewünschten Ergebnisse erzielt, kritisierte Michel. Jetzt sei entschlossenes Handeln gefordert. «Jeder Tag zählt.» Michel äußerte sich vor dem für Donnerstag geplanten Corona-Videogipfel der EU-Staats- und Regierungschefs äußerst besorgt. «Die Situation eskaliert von besorgniserregend zu alarmierend», schrieb der Ratspräsident in einem Newsletter. «Jetzt müssen wir eine Tragödie verhindern.» In Brüssel will sich EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Mittwochmittag zu einer besseren Abstimmung der EU-Staaten bei Gesundheitsmaßnahmen äußern.