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Pariser stimmen für Verbot von E-Scooter-Verleih

Paris (dpa) - Kreuz und quer flitzen Touristen und Bewohner auf E-Scootern durch Paris. Viele achten dabei weder auf Verkehrsregeln noch auf die Sicherheit von Fußgängern oder sich selbst. Ab September soll damit Schluss sein. Die Stadt verbietet dann den Verleih der E-Roller, von denen derzeit noch 15.000 in Paris angeboten werden.

Bei einer Bürgerbefragung haben sich 89 Prozent der Hauptstadt-Bewohner am Sonntag für ein Verbot ausgesprochen. Dass sich an dem Votum nur 7,46 Prozent der 1,3 Millionen Wahlberechtigten beteiligten, ist für die Stadt indes kein Hindernis. Davon unabhängig betrachte Paris den Ausgang der Bürgerbefragung als bindend, sagte Bürgermeisterin Anne Hidalgo.

«Ein Sieg der lokalen Demokratie»

«Die Bürger haben sich klar gegen die E-Scooter ausgesprochen», sagte Hidalgo am Sonntagabend im Pariser Rathaus. «Ab dem 1. September gibt es keine Leihroller mehr in Paris. Dies ist ein Sieg der lokalen Demokratie.» Trotz des schwachen Widerhalls, den die Befragung in der Stadt fand, sagte die Bürgermeisterin, dass es beeindruckend sei, dass rund 100.000 Einwohner an die Wahlurnen gegangen seien.

Paris sage Stopp zu einem System, dass es trotz Regulierung nicht geschafft habe, seinen Platz in einem Gelände zu finden, in dem es friedlich zugehen solle. Fußgänger als schwächstes Glied im Verkehr müssten sich sicher fühlen, insbesondere Kinder und ältere Menschen.

Seit 2018 gibt es die E-Scooter in Paris. Drei Vermieter bieten derzeit rund 15.000 Roller an, mit denen Touristen und Einheimische oft recht unvorsichtig unterwegs sind - auch auf den oft schmalen Gehwegen, wo sie eigentlich nicht hingehören. Auch liegen ungenutzte Roller trotz ausgewiesener Abstellplätze kreuz und quer herum. Wie die Zeitung «Le Monde» berichtete, gab es im vergangenen Jahr 408 Unfälle mit E-Scootern in Paris, mit drei Toten und 459 Verletzten.

Hidalgo, die den Anstoß für die Befragung gab, hatte keinen Hehl daraus gemacht, dass sie die Scooter lieber verbannt sehen will. Die Benutzung von privaten E-Scootern soll aber nicht eingeschränkt werden.

Die Lizenz der Anbieter läuft Ende August aus

Monatlich nutzen rund 400.000 Menschen in Paris die «Trottinettes», wie die E-Scooter auf Französisch heißen. 1,7 Millionen Fahrten seien allein im Oktober mit den Rollern zurückgelegt worden, berichtete die Zeitung «Le Parisien». Die Lizenz für die Vermieter läuft nun Ende August aus. Das Aus für die E-Scooter in der Metropole dürften die Anbieter nicht widerstandslos hinnehmen. Sie äußerten bereits die Sorge, dass es auch anderenorts zu Verboten kommen könnte.

Nicht nur in Frankreich, auch in Deutschland sorgen E-Scooter mancherorts für Ärger. Viele Kommunen haben dem Abstellchaos hierzulande inzwischen den Kampf angesagt. So gibt es mancherorts bereits gesonderte Abstellflächen für die Scooter und Knöllchen für falsch abgestellte Fahrzeuge.

Das Ergebnis der Pariser zeige, dass E-Scooter keinen Beitrag zur Alltagsmobilität leisteten, sondern «vor allem Spaßfahrzeuge für Touristen und sehr junge Leute» seien, teilte der Fußgängerverband Fuss e.V. mit. Die Städte in Deutschland sollten nun nachziehen: «Auch bei uns müssen die Städte jetzt alle rechtlichen Möglichkeiten nutzen, das Verleihen von E-Scootern einzuschränken oder die Gehwege, Plätze und Parks ganz davon zu befreien», forderte der Verband.

Vermieter hatten zuletzt Änderungen angekündigt

Der Städte- und Gemeindebund sieht dagegen ein generelles E-Scooter-Verbot nach Pariser Vorbild kritisch. «Die Problemlagen bei E-Scootern ähneln sich in vielen Städten weltweit», sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg der «Augsburger Allgemeinen» (Dienstag). «Dennoch kann ein generelles Verbot nicht als Vorbild dienen.» Stattdessen plädiert der Verband für die Einrichtung und die verpflichtende Nutzung fester Abstellbereiche für die Leihroller.

Auch der Deutsche Städtetag will kein Verbot. «Aber wir brauchen klare Spielregeln», sagte die stellvertretende Hauptgeschäftsführerin Verena Göppert. Die Länder sollten dafür «allen Städten die Möglichkeit geben, für E-Scooter im öffentlichen Raum eine Sondernutzungsgenehmigung zu verlangen». Dann könnten die Städte auswählen, welche Anbieter ihre Roller nach welchen Regeln vermieten dürfen. Außerdem sei der Bund gefragt, die Straßenverkehrsordnung und die Verordnung für Elektrokleinstfahrzeuge anzupassen, denn es müsse klar sein, «wo und wie viele Roller abgestellt werden können». Der Deutsche Städtetag plädiert laut Göppert außerdem für die Zulassung des sogenannten Geofencing. Dadurch würde die Geschwindigkeit der Roller in Gebieten wie Fußgängerzonen automatisch gedrosselt.

Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) fordert nach dem Pariser Verbot zumindest strengere Kontrollen und kreative Ideen für mehr Sicherheit von den Anbietern. Ihn erreichten jeden Tag Beschwerden über gefährlich geparkte E-Scooter und über E-Scooterfahrer, die damit auf dem Gehweg oder in den Fußgängerzonen unterwegs seien. «Gerade die oft quer über den Gehsteig geparkten E-Scooter sind ein gefährliches Hindernis für viele - vor allem für sehbehinderte Menschen sind sie eine echte Gefahr und haben schon zu schweren Unfällen geführt», sagte Reiter.

Anfang Dezember erst hatten die Vermieter der Roller die Regeln für Paris verschärft, um ein drohendes Verbot noch abzuwenden. Benutzer müssen demnach bei der Registrierung ihren Ausweis einscannen, damit nur Erwachsene die Scooter nutzen und Rowdys leichter identifiziert und von der Vermietung ausgeschlossen werden können. Erleichtern soll das auch das Verfolgen von Verkehrsverstößen mit den Rollern, die außerdem Nummernschilder erhalten sollten.

Jedes Jahr eine Bürgerbefragung in Paris

Zugesichert wurde zudem, dass ungenutzt auf Bürgersteigen und Plätzen herumliegende Scooter flotter weggeräumt werden. Die Vermieter wollten dazu doppelt so viel Personal einsetzen.

Kritik, dass die Stadt keine Online-Befragung mit einer potenziell höheren Beteiligung insbesondere junger Menschen organisiert habe, die die Roller viel nutzen, wies Hidalgo zurück. Man arbeite daran, künftig verlässliche Online-Abstimmungen durchzuführen, das käme auch weniger mobilen älteren Leuten zu Gute.

Sowieso wolle Paris nach dieser ersten Bürgerbefragung künftig jedes Jahr einmal ein solches Votum zu Themen durchführen, die in der Entscheidungskompetenz der Stadt liegen und die die Bevölkerung bewegen. Kritik gab es aber auch an den Anbietern, die im Vorfeld Influencer engagiert hatten, um die Menschen für ein Votum zugunsten der Roller zu bewegen.