Parteichefin Weidel soll Kanzlerkandidatin der AfD werden
Die AfD will mit ihrer Parteichefin Alice Weidel im kommenden Jahr erstmals mit einer Kanzlerkandidatin in die Bundestagswahl gehen. Weidel habe sich darauf mit Co-Parteichef Tino Chrupalla bei einem Gespräch am Mittwoch verständigt, teilte die Partei am Freitag mit. Anfang Dezember soll demnach Weidel zunächst dem Bundesvorstand vorgeschlagen werden, offiziell gewählt werden soll sie bei einem Bundesparteitag im März kommenden Jahres.
Die 45-jährige Weidel galt seit längerem als Favoritin für eine Kanzlerkandidatur ihrer Partei, die vom Verfassungsschutz in Teilen als rechtsextremistisch eingestuft wird. Die gebürtige Gütersloherin trat 2013 in die AfD ein, seit 2015 ist sie im Vorstand und seit Juni 2022 Co-Vorsitzende. Bereits seit 2017 leitet sie die Fraktion im Bundestag – von 2021 an zusammen mit Chrupalla. Beide sind bemüht, öffentlich das Bild eines harmonischen Spitzenduos abzugeben.
Der Bundesparteitag im Juni dieses Jahres bestätigte Weidel mit 79,8 Prozent im Amt. Sie musste sich da zwar mit einem etwas schlechteren Ergebnis als Chrupalla begnügen, der 82,7 Prozent der Stimmen bekam. Eine lange Debatte über die Machtverhältnisse in der Partei gab es aber nicht: Nur eine Woche nach dem Parteitag sagte Chrupalla in einem Fernsehinterview, dass er eine Kanzlerkandidatur Weidels unterstützen würde.
Auch wenn die Ostverbände der Partei nach den Wahlsiegen bei den zurückliegenden Landtagswahlen in Ostdeutschland eher die Position des Sachsen Chrupalla gestärkt haben, erhob dieser nie öffentlich den Anspruch auf eine Kanzlerkandidatur. Für die Partei insgesamt aber formulierte er bereits auf dem Parteitag sehr deutlich einen Machtanspruch. "Wir wollen regieren - erst im Osten, dann im Westen, dann im Bund", sagte er.
Die AfD ist seit den Zugewinnen bei den Landtagswahlen und der Europawahl im Juni im Aufwind. Umfragen zufolge kann die Partei auch bei der Bundestagswahl in einem Jahr mit Zuwächsen rechnen. Zuletzt lag sie bei 17 bis 20 Prozent und damit auf Platz zwei hinter der Union. Weidel selbst sagte Anfang dieser Woche nach der Landtagswahl in Brandenburg, dass sich daraus für sie ein Anspruch auf eine Regierungsbeteiligung ableite.
Für realistische Aussichten auf eine Regierungsbeteiligung oder gar die Kanzlerschaft würden ihr aber nach jetzigem Stand die Koalitionspartner fehlen. Alle anderen im Bundestag vertretenen Parteien schlossen eine Koalition mit der Partei aus. Bei der Wahl 2021 war die Partei auf 10,4 Prozent gekommen.
Die promovierte Volkswirtin Weidel profilierte sich innerhalb der AfD vor allem mit den Themen Migration und Innere Sicherheit. Der Grund für ihren Parteieintritt 2013 war allerdings die Euro-Rettungspolitik der Bundesregierung - das Hauptthema der AfD in ihrer Gründungszeit. Lange galt sie als erbitterte Gegenspielerin des ehemaligen Parteichefs Jörg Meuthen, der die AfD Anfang 2022 verließ. Ein halbes Jahr später wurde sie Parteichefin.
Als offen homosexuelle Politikerin, die mit ihrer Lebenspartnerin zwei Söhne großzieht, ist Weidel in ihrer Partei eine Ausnahmeerscheinung. Sie wehrte sich zuletzt aber gegen die Bezeichnung, "queer" zu sein.
hol/mt