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Linke will Kapitel um Wagenknecht abhaken und nach vorn blicken

Die Linken-Spitze ruft den Neuanfang aus: Auf dem Parteitag in Augsburg wurde das Kapitel um die Abspaltung der Wagenknecht-Gruppe für beendet erklärt. (TOBIAS SCHWARZ)
Die Linken-Spitze ruft den Neuanfang aus: Auf dem Parteitag in Augsburg wurde das Kapitel um die Abspaltung der Wagenknecht-Gruppe für beendet erklärt. (TOBIAS SCHWARZ)

Die Linken-Spitze ruft den Neuanfang aus: Auf einem Parteitag in Augsburg wurde das Kapitel um die Abspaltung der Wagenknecht-Gruppe für beendet erklärt. "Dieser Parteitag ist ein Startschuss", sagte Parteichefin Janine Wissler am Freitag. Ihr Ko-Vorsitzender Martin Schirdewan sagte, die Partei werde "zurück auf die Erfolgsspur" kommen, wenn sie Geschlossenheit, gegenseitigen Respekt und innerparteiliche Solidarität zeige.

Nach jahrelang öffentlich ausgetragenen Konflikten habe die Linke "gerade eine Zäsur erlebt", sagte Schirdewan mit Blick auf den Bruch mit dem Lager um Sahra Wagenknecht. Das habe die Glaubwürdigkeit und das Vertrauen bei den Wählerinnen und Wählern beschädigt. In der jetzigen Situation liege aber auch eine "große Chance", sagte der Parteichef: "Gemeinsam schlagen wir ein neues Kapitel für die Partei Die Linke auf."

Wagenknecht war im Oktober gemeinsam mit neun weiteren Abgeordneten aus der Linken ausgetreten. Im Januar soll eine neue Partei an den Start gehen, die aus dem bereits gegründeten Verein "Bündnis Sahra Wagenknecht" hervorgehen soll. Kurz vor dem Parteitag hatte die Linken-Bundestagsfraktion als Konsequenz daraus ihre Selbstauflösung zum 6. Dezember beschlossen; im Bundestag wird sie künftig voraussichtlich nur noch als Gruppe vertreten sein.

Der Bundestagsabgeordnete Gregor Gysi sagte im "Tagesgespräch" des Senders SWR2: "Meine Partei muss endlich begreifen, dass sie in einer existenziellen Krise ist." Als zentrale Themen für die Linke nannte er eine "reale Friedenspolitik", deutlich mehr soziale Gerechtigkeit einschließlich Steuergerechtigkeit, ökologische Nachhaltigkeit, Gleichstellung von Mann und Frau sowie von Ost und West.

Wissler sagte zum politischen Kurs, die Linke stehe für ein "grundsätzliches Umsteuern, für die Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums". Ihre Partei setze sich für "Friedenspolitik statt Aufrüstung" ein, für kostenfreien Nahverkehr, sozialen Wohnungsbau, gut ausgestattete Schulen und Krankenhäuser sowie für Klimaschutz.

Schirdewan sagte, gebraucht werde eine "sozialistische Gerechtigkeitspartei". Die Ampel-Regierung gebe keine Antworten auf die gesellschaftlichen Herausforderungen und Probleme. Er nannte die Regierungskoalition eine "Trümmertruppe", die begonnen habe, das Gesundheitswesen, den Sozialbereich und Demokratieförderprogramme zu "zerkloppen". Die Linke sei "ihr erbitterter Gegner, auf der Straße und in den Parlamenten".

Thüringens Linken-Ministerpräsident Bodo Ramelow rief ebenfalls zum Neuanfang auf. "Ja, das ist ein Scherbenhaufen", sagte er dem Rundfunk Berlin-Brandenburg. Er wünsche sich, dass die Partei eine deutliche Botschaft aussendet: Die Linke müsse klar machen, dass sie "für die Schwächsten in der Gesellschaft da ist". Sie müsse "eine laute Stimme für die sein, deren Stimme gar nicht mehr gehört wird".

Die Linke will auf dem dreitägigen Parteitag in Augsburg ihr Programm für die Europawahl am 9. Juni 2024 verabschieden und die Kandidatenliste aufstellen. Spitzenkandidat soll Schirdewan werden, der bereits seit 2017 im EU-Parlament sitzt. Auf Platz zwei soll nach dem Willen der Parteispitze die parteilose Klima- und Menschenrechtsaktivistin Carola Rackete kandidieren, gefolgt von der Europapolitikerin und Gewerkschafterin mit kurdischen Wurzeln, Özlem Demirel, sowie dem parteilosen Sozialmediziner Gerhard Trabert.

Im Mittelpunkt des Programms für die Europawahl sollen die Themen soziale Gerechtigkeit, Klimaschutz, Frieden und Mitbestimmung stehen.

Aufgrund der Abspaltung der Wagenknecht-Gruppe blieben in Augsburg etliche Delegiertenplätze frei. Von ursprünglich 580 vergebenen Plätzen waren am Freitagnachmittag gut 400 besetzt.

cha/jes