Die perfekte Tastatur: Das sind meine Killer-Features für das ultimative Keyboard
Mechanische Tastaturen waren nie weg, auch wenn derzeit der Eindruck entsteht, dass Tastaturen mit mechanischen Switches die neue Geheimwaffe für Schreibtisch-Helden ist. Hersteller werfen entsprechend ein Keyboard nach dem anderen auf den Markt. Doch welche ist die beste? Eine Spurensuche. Ein Kommentar
CHIP Kommentar: Kommentar
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Obwohl die Tastatur das wichtigste Eingabegerät am PC ist, schenkt ihr die Mehrheit keinerlei Beachtung. Im Büro hämmern viele einfach auf eklig schwammigen und kurzhubigen Notebook-Keyboards herum oder haben eine billige, von der IT gestellte Tastatur vor sich stehen, die in vielen Fällen zwar besser als das Notebook-Pendant ist, von "gut" aber ebenfalls weit entfernt.
Und wer doch etwas Besseres haben möchte, stellt sich halt eine ThinkPad-Tastatur oder ein Apple Magic Keyboard hin. Im Vergleich zu den oben genannten Varianten sind das tatsächlich brauchbare Lösungen. Aber im Vergleich zu einer anständigen, mechanischen Tastatur?
Daneben gibt es noch die Gamer-Fraktion. Die setzen zwar auf mechanische Tastaturen, warum die Modelle aber blinken müssen wie Weihnachtstannen, will sich mir nicht ganz erschließen. Zumal die Keyboards mit halbgarer Software ausgeliefert werden, um den ganzen Unsinn konfigurieren zu können. Das müllt zwar den Rechner voll, aber wozu hat man denn den Intel Core i9-13900K und die Nvidia RTX 4090 verbaut?
Noch besser sind Tastaturen mit Spezialkeys, die so ungünstig angeordnet sind, dass man beim Tippen versehentlich irgendeinen Quatsch öffnet. Und natürlich funktioniert auch das nur unter Windows, weil, wie bereits erwähnt, alles softwaregesteuert ist und nicht im Keyboard selbst gespeichert wird.
Die Grundlage: mechanische Switches
Immerhin: Einige Hersteller haben mittlerweile verstanden, dass die Grundlage eines guten mechanischen Keyboards in den Switches liegt. Das sind diese kleinen Dinger, die man sieht, wenn einen Keycap abzieht. Aber Vorsicht: Wer diese Hürde erstmal nimmt, findet sich ganz schnell in Foren wieder, in denen darüber gefachsimpelt wird, ob man lieber eine Tastatur mit Cherry MX Black oder Cherry MX Clear kauft – oder doch vielleicht lieber Blue? Um es mal deutlich und völlig ironiefrei zu sagen: Die Unterschiede sind gewaltig und jede Diskussion wert.
Denn der Cherry MX Black ist ein Switch mit linearer Schaltcharakteristik und wird mit einer Betätigungskraft von 60 Zentinewton (cN) angegeben. Der Cherry MX Clear hingegen hat 65 cN und eine taktile Schaltcharakteristik. Wer es zwar taktil, aber leichter mag, nimmt MX Brown, und diejenigen, die nur zart mit dem Finger über eine Taste streifen möchten, sollten die MX Red ausprobieren.
Schon genug? Hier fängt der Spaß erst an! Bisher ging es ja nur um Switches von Cherry, und auch hier nur über eine kleine Auswahl. Man könnte noch über die Vorteile und Nachteile der Cherry-Switches im Vergleich zu Gateron, Razer und all den anderen reden. Sind sie wirklich nur Cherry-Klone oder können sie das Original vielleicht sogar übertreffen? Ich will hier gar nicht ins Detail gehen, aber allein was "smoothness" und "crunchiness" der Switches anbelangt, lohnt sich auch ein Blick über den Tellerrand.
Das Gehäuse
Aber Switches allein machen noch immer keine gute Tastatur aus. Ein sattes, klackendes Tippgefühl, das entfernt an eine alte Schreibmaschine erinnert, kann ein Cherry MX Blue nicht allein aus dem Keyboard zaubern. Hier muss auch die Basis stimmen. Ein Alubody beispielsweise in Kombination mit einer soliden Plate (ist der deutsche Begriff "Platte"?) kann hier einiges bewirken. Setzt man dann noch Keycaps aus PBT auf die Switches, ist das ein haptischer wie audiovisueller Hochgenuss. Nur bürotauglich ist das dann nicht mehr.
Die mittlerweile leider nicht mehr verfügbare Vortex Pok3r (zur Herstellerseite) etwa liefert hier ein tolles Schreiberlebnis – und sie bietet noch ein anderes immens wichtiges Feature, das die Spreu vom Weizen trennt: Programmierfähigkeit. Damit meine ich nicht solche windigen Softwarelösungen wie bereits oben erwähnt. Nein, das Keyboard selbst muss sich die Änderungen merken können, damit ich es im Büro am Arbeitsnotebook, daheim am privaten PC und wenn es sein muss, auch auf dem Steam Deck gleichermaßen nutzen kann.
Die Programmierfähigkeit
Wer sich jetzt fragt, wozu man eine Tastatur programmieren sollte, hat das Feature vermutlich noch nie genutzt. Denn wer eine für sich perfekte Programmierung gefunden hat, will garantiert nie wieder ohne schreiben oder zocken.
Ich will das kurz anhand meines Aufbaus erklären: Ich schreibe, wie viele andere auch, mit dem 10-Fingersystem. Das ermöglicht schon ziemlich schnelles Schreiben. Allerdings erreicht man nicht jede Taste, ohne einen Finger weiter zu strecken oder die Unterarme über den Tisch zu bewegen. Versuchen Sie mal, ein Ausrufezeichen ("!") mit dem kleinen Finger zu erreichen, ohne dabei die ganze Hand oder den Unterarm zu bewegen. Vielleicht sind Ihre Finger dafür lang genug, mit meinen Fummel-Stummeln komme ich da aber nicht mehr ohne weiteres hin – und das nervt.
Damit ich mir also den Weg spare, lege ich das Ausrufezeichen auf das "T" im zweiten Layer, den ich mit dem Drücken von beispielsweise der Fn-Taste aktiviere. Auf das "Z" liegt dann das Fragezeichen. "Backspace" und "Delete" liegen auf "Ö" und "Ä", zusätzliche Pfeiltasten auf "J", "I", "L" und "K". Die Zahlen habe ich im zweiten Layer auf der kompletten linken Seite untergebracht, also "Q", "W", und so weiter. Mit diesem Setup muss ich in der Regel nicht den natürlichen Radius meines 10-Fingersystems verlassen. Ich kann quasi blind und in jeder Position entspannt tippen.
Keyboards zu finden, die solche Setups speichern, ist gar nicht so einfach. Dabei sollte das Standard sein. Meine Meinung.
Der Trackpoint
Aber so richtig perfekt ist die Tastatur dann noch immer nicht. Denn woran ich mich als jahrelanger ThinkPad-Nutzer ebenfalls gewöhnt habe, ist der Trackpoint. Ein völlig zu Unrecht verhasster Nippel, der in vielen Thinkpads ein trauriges Schattendasein fristet. Ich muss zugeben, dass der Trackpoint im Notebook tatsächlich nicht perfekt ist. Er hat hier einfach nicht den nötigen Spielraum.
Aber eingesetzt in einer mechanischen Tastatur ist das wie Urlaub am Schreibtisch. Ein Luxus für die Finger. Wozu umständlich die Hand vom Keyboard heben, um mit diesem grobschlächtigen Instrument, das sich Maus nennt, gefühlt über den halben Schreibtisch zu wischen, wenn ein kleiner Stups der Fingerspitze genügt.
Kurzer geschichtlicher Exkurs: Erfunden hat den Trackpoint IBM in den 80ern. In den 90ern führte das schließlich zur legendären IBM Model M13. Eine Tastatur, die auf eBay mittlerweile für mehr als 400 Euro gehandelt wird.
Das perfekte Keyboard
Wenn also all das zusammenkommt: die wählbaren Switches, das hochwertige Gehäuse, erstklassige Keycaps, das programmierbare Layout, der integrierte Trackpoint und – optional, da will ich nicht so sein – eine Wahl zwischen Kabel- und Bluetooth-Verbindung, dann, und nur dann, würde ich von einer perfekten Tastatur reden.
Gibt es dieses Keyboard? Falls ja, ist es mir noch nicht untergekommen. Hinweise gerne direkt an mich.
Es gibt aber zumindest eine Keyboard-Serie, die meiner Idealvorstellung schon ziemlich nahekommt. Der Hersteller Tex (zur Herstellerseite) hat sich auf mechanische Tastaturen mit Trackpoint spezialisiert, die sich frei konfigurieren und auch programmieren lassen. Das Anpassen der Tasten-Layer ist dabei extrem einfach gehalten, denn man klickt sich auf einer Weboberfläche die Funktionen zusammen, die man haben möchte. Anschließend wird eine neue Firmware generiert, die man nur noch auf das Keyboard spielen muss.
Das aktuelle Modell, die Tex Shinobi, ist optisch und funktional an alte Thinkpad-Tastaturen angelehnt und bei mir seit etwa zwei Jahren beruflich und privat im Dauereinsatz – länger durfte bisher keine andere Tastatur auf meinem Schreibtisch stehen. Die Shinobi kann ich daher mit gutem Gewissen als das beste Keyboard der Welt bezeichnen. Zumindest meiner Welt.
Aber ist sie perfekt? Bis dahin fehlt noch ein Stück. Das Gehäuse ist zwar sehr robust, aber an das satte Ploppen beim Tippen auf einer Pok3r kommt sie nicht heran. Die ABS-Keycaps sind in Ordnung, aber sie fühlen sich etwas dünn an, und die Schrift sieht nach zwei Jahren Dauernutzung etwas blass aus. Und wenn ich schon bei Änderungswünschen bin: Eine Hot-Swappable-Variante wäre auch mal schön. Die Switches je nach Anwendungszweck schnell wechseln zu können, hätte seinen Reiz.
Der Preis für die Tex Shinobi beginnt bei 185 US-Dollar, ein Bluetooth-Modul kostet extra – das ist ziemlich heftig. Zumal noch Versand und Zollgebühren hinzukommen. Aber gutes Werkzeug bekommt man nicht zum Spielzeugpreis.
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