Plasberg diskutiert: Wer macht am Freitag das Rennen um den CDU-Vorsitz?

Die Talkrunde mit Gastgeber Frank Plasberg (r.). Bild: (Screenshot/ARD)
Die Talkrunde mit Gastgeber Frank Plasberg (r.). Bild: (Screenshot/ARD)

Kaum, dass Angela Merkel ihren Hut genommen hatte, warfen ihn schon drei Kontrahenten in den Ring. Doch wer wird nach kurzem, aber hartem Wahlkampf am Freitag auf dem Bundesparteitag der CDU in Hamburg das Rennen letztendlich machen? Darüber diskutierte Plasberg mit seinen Gästen. Sie waren sich am Ende einig, dass es so oder so ausgehen kann.

Gleich zu Beginn der Sendung krachte es. Allerdings nicht zwischen den Talk-Gästen: Ein Zuschauer wurde am Anfang der Aufzeichnung aus dem Studio entfernt. Der Mann sei aufgesprungen und habe “ein paar laute Sätze zum UN-Migrationspakt gesagt”, wie Frank Plasberg zum Auftakt der Sendung erklärte.

Letztendlich hätten Mitarbeiter der Show den Zuschauer nach draußen begleitet, wie der Moderator weiter sagte. “Vielleicht verfolgt er die Sendung ja von draußen.”

Das eigentliche Thema: Der CDU-Vorsitz

Vergleichsweise friedlich ging des dann zum eigentlichen Thema des Abends: Wer wird Merkels Nachfolge als CDU-Vorsitzende?

Annegret Kramp-Karrenbauers Kandidatur lag nahe. Als enge Vertraute der Kanzlerin wird sie immer wieder herablassend als “Mini-Merkel” bezeichnet. Ob das ein Vor- oder Nachteil ist, wird sich am Freitag herausstellen.

Plötzlich tauchte auch Friedrich Merz wieder aus der Versenkung auf. Er war neun Jahre lang politisch nicht aktiv gewesen, hatte in verschiedenen Konzernvorständen sein Geld verdient und war zur Stelle als Angela Merkel nach 18 Jahren Parteivorsitz bereit war, Platz zu machen.

Und auch Jens Spahn, in den Augen der alten Riege in der CDU noch ein Jungspunt mit seinen 38 Jahren, will jetzt oben mitmischen. Er scheint weit abgeschlagen zu sein, doch vielleicht gelingt ihm die große Überraschung.

AKK ist Sympathieträger, Merz ist Kanzlerkandidat

Unter den Gästen: Unternehmensberater Michael Spreng. Er ist der Meinung: “Frau Kramp-Karrenbauer ist eindeutig die Sympathieträgerin. Wenn es nur um den CDU-Vorsitz ginge, würde sie auch gewählt, aber es geht auch um den nächsten Kanzlerkandidaten und da kommt wieder Merz ins Spiel, weil viele in der Partei glauben, dass nur er Stimmen von der AfD zurückholen kann.”

Auch der Mittelstandspolitische Sprecher der CDU, Christian von Stetten, sieht Friedrich Merz vorn: “Acht Regionalkonferenzen haben deutlich gemacht, dass die Mehrheit der CDU-Mitglieder Friedrich Merz haben will. Es ist ein Privileg, dass wir jetzt den Parteivorsitzenden wählen dürfen, dann müssen wir auch das wählen, was die Basis will.” Dass die Mitglieder der CDU zwischen mehreren Kandidaten wählen können, ist ein Novum. Über Jahrzehnte hinweg wurde der Vorsitz in Hinterzimmern beschlossen.

Kandidat Friedrich Merz hat nun vor allem durch seine Aussage gepunktet, dass er den Wähleranteil der AfD halbieren wolle. Andere Aussagen ließen eher an seiner Rednerkompetenz zweifeln. Beispielsweise forderte er einen breiten Diskurs über das individuelle Asylrecht in Deutschland. Kurz darauf machte er eine Rolle rückwärts und sagte, dass er das Asylrecht nicht antasten wolle.

Gast Christian Lindner, Vorsitzender der FDP, interpretiert das so: “Er sagt, er sei schon lange dieser Meinung. Offensichtlich kommt diese Einstellung aus seiner aktiven Zeit. Merz ist nicht mit der aktuellen Situation vertraut. Es sind ja keine Asylberechtigten, sondern illegale Einwanderer oder Flüchtlinge, die kein Asylrecht erhalten. Am Asylgesetz muss man also gar nicht herumdoktern.” Und Lindner wagt die These: “Bei jeder der drei Persönlichkeiten – Kramp-Karrenbauer, Merz oder Spahn – verliert die AfD binnen weniger Wochen fünf Prozent. Es hat sich eine Abneigung gegen Angela Merkel verfestigt. Das Bemerkenswerte an allen Dreien ist, dass sie signalisiert haben, dass sie die Migrationspolitik korrigieren wollen.”

“Mini-Merkel” ist degradierend

Lange diskutiert die Runde über Friedrich Merz. Seine Fehleinschätzung, er gehöre zur oberen Mittelschicht, seine Idee, Menschen zu begünstigen, die in Aktien investieren, seine lange Abwesenheit aus der Politik und seine Nähe zur Wirtschaft. Kaum Zeit bleibt für Annegret Kramp-Karrenbauer und Jens Spahn.

Kristina Dunz, Hauptstadtkorrespondentin der Rheinischen Post, kritisiert, dass Kramp-Karrenbauer als “Mini-Merkel” verschrien werde. “Kramp-Karrenbauer ärgert sich über das Attribut ‘Mini-Merkel’. Das abzuleiten, ist eine Wortwahl, um ihr zu schaden. Das ist respektlos. Ich glaube, dass ihr die Nähe einerseits schadet und auf der anderen Seite wird sie ihr sehr nutzen, weil es auch einen Teil in der CDU gibt, der Merkel sehr anhängt. Merkel hat die Partei verändert, sie hat sie geöffnet und revolutioniert. Dadurch, dass mal eine Frau an der Macht war.”

Christian Lindner findet das Attribut auch deshalb völlig unpassend, weil Kramp-Karrenbauer weitaus konservativer auftritt als Merkel. Sie habe ihre eigene Agenda. Lindner glaubt: “In gesellschaftspolitischen Fragen hat Frau Merkel die CDU modernisiert. Beispielsweise die Sturzgeburt der Ehe für alle. Frau Kramp-Karrenbauer ist außerordentlich konservativ. Die Ehe für alle will sie zurück abwickeln. […] In der Wirtschaftspolitik ist sie dafür aber sehr links. Sie ist alles andere als eine ‘Mini-Merkel’.”

“Solange der Wowereit mir nicht zu nahe kommt…”

Klaus Wowereit, ehemaliger Bürgermeister von Berlin, weiß zur konservativen Position Friedrich Merz aber auch noch einen Schwank zu erzählen: “Der sagte damals, nachzulesen in der Bunten, über meine Homosexualität: ‘Solange der Wowereit mir nicht zu nahe kommt… ‘. Später setzte er noch einen drauf und meinte, dass ich mit meiner Homosexualität Wahlkampf betreibe.”

Bleibt nur noch ein kurzes Wort zu Jens Spahn. Kristina Dunz: “Spahn hat während der Regionalkonferenzen auch viel Applaus bekommen. Es war Herr Spahn, der es geschafft hat, dass es mehr neue Pflegekräfte gibt. Er zeigt in seinem Regierungsamt, dass er etwas angeht.”

Unternehmensberater Spreng antwortet auf die Frage, warum Spahn nicht das Handtuch werfe, obwohl er so weit abgeschlagen sei: “Es ist eher ehrenwert, dass er steht, dass er mannhaft untergeht und nicht die Flucht ergreift.”

Drei Gäste sehen am Ende Friedrich Merz vorn, zwei Gäste denken, dass Annegret Kramp-Karrenbauer das Rennen machen wird. Die Entscheidung folgt am Freitag.