„Politik transparent - die Expertise von Thomas Jäger“ - Verhandeln mit Putin? Wer das will, hat einen wesentlichen Punkt nicht verstanden

Wladimir Putin.<span class="copyright">Vyacheslav Prokofyev/Pool Sputnik Kremlin/AP/dpa</span>
Wladimir Putin.Vyacheslav Prokofyev/Pool Sputnik Kremlin/AP/dpa

Für Putin sind Kriegführen und Verhandeln nur zwei unterschiedliche Mittel, seine Ziele in der Ukraine zu erreichen. Das haben die, die auf die Propaganda pro-russischer Akteure hereinfallen, offenbar nicht verstanden.

Es ist ein wichtiger Aspekt der russischen Propaganda, immer wieder zu betonen, dass Russland bereit sei, mit der Ukraine über ein Ende des Krieges zu verhandeln.

Die Adressaten dieses angeblichen Angebots sind die westlichen Gesellschaften. Denn dort wird die Botschaft von denjenigen weitergetragen, die sich in den letzten zweieinhalb Jahren das Image von „Frieden“ geben wollten.

Dabei sind Putins „Verhandlungsangebote“ und das Reden vom „Frieden“ durch Putins Zuträger im Westen dasselbe: Die Forderung an die Ukraine, endlich zu kapitulieren und sich Russland unterzuordnen.

Putin formuliert seine Bedingungen klar

Putin sagt das immer unverblümter. Er verpackt sein „Angebot“ nicht einmal mehr in wolkige Sprache, sondern formuliert die Bedingungen ziemlich klar: Erstens hat die Ukraine die von Russland „annektierten“ Gebiete, die Russland teilweise besetzt hält, die Ukraine teilweise verteidigt, an Russland abzugeben.

Die ukrainischen Streitkräfte sollen sich aus diesen Gebieten zurückziehen, sie Russlands Soldaten übergeben. Zweitens soll die Ukraine entmilitarisiert werden. Die Streitkräfte sollen bis auf eine geringe Zahl von ein paar Zehntausend abgebaut werden.

Diese könnte die Ukraine nicht verteidigen und wären mehr ein Feigenblatt, um nicht die bedingungslose Kapitulation zu fordern. Deshalb kommt drittens den Sicherheitsgarantien von außen ein besonderes Gewicht zu.

Sie soll es nach russischen Plänen nicht geben, kein Nato-Beitritt, keine bilateralen Garantien, denn die Ukraine soll neutral bleiben. Das bedeutet allerdings nichts anderes, als den ständigen militärischen Drohungen und, sollten sie nicht wirken, militärischen Schlägen Russlands ausgesetzt zu sein. Wie diese aussehen, erfahren die Ukrainer derzeit täglich leidvoll.

Von Verhandlungen kann keine Rede sein

Es kann also überhaupt keine Rede davon sein, dass Putin Verhandlungen anbietet. Für ihn sind Verhandlungen nur ein anderer Weg, die Ziele, die er in der Ukraine erreichen will, umzusetzen.

Falls das gelingt, weil der in Selbstabschreckung verharrende Westen oder der politische Einfluss von kremlaffinen Parteien dafür sorgen, dass die Unterstützung der Ukraine sinkt und der Druck auf ein Nachgeben im Krieg steigt, wäre das Putin recht. Falls es anders kommt, wird Russland den Krieg weiterführen.

Während für Putin also Kriegführen und Verhandeln nur zwei unterschiedliche Mittel sind, seine Ziele zu erreichen, suggeriert die russische Propaganda im Westen, dass Kriegführen und Verhandeln die zentralen Gegensätze bei der Beendigung des Krieges seien.

Wenn dieser Gedanke in den Köpfen derer verankert ist, die nicht weiter darüber nachdenken, und deshalb auf diesen Schein-Gegensatz reinfallen, kann die nächste Propagandakarte gespielt werden: Da Waffenlieferungen den Krieg verlängern, sollten sie eingestellt werden, weil dann die Verhandlungen wahrscheinlicher werden.

Entwaffnung der Ukraine als Ziel

Das reicht den meisten, die meinen, Frieden entsteht dadurch, dass ihn eine Seite will, um auf diese Forderung hereinzufallen. Dabei kann es sich nur um oberflächliche Propagandagläubigkeit handeln.

Niemand ist so einfältig zu meinen, dass die Entwaffnung der einen Seite nicht den militärischen Sieg der anderen Seite bedeutet. Genau das aber soll als Ziel erreicht werden: Die Entwaffnung der Ukraine und der Sieg Russlands.

Immer wenn Putin „Verhandlungen“ sagt und die Kapitulation der Ukraine meint, sagen seine Propagandaverstärker im Westen „Frieden“, womit sie auch die Kapitulation der Ukraine meinen.

Zwei Gruppen in Deutschland sind Adressaten für „Friedensbewegung“

In Deutschland sind zwei Adressatengruppen für diese beiden Schlagworte die „Friedensbewegung“, deren Sprengel sich gerade rund ums das BSW anheften, und die „Entspannungs-Verhandler“, die die Brücke der SPD zum BSW bilden.

Hinzu kommen jene, die über Anti-Amerikanismus und den Hass auf „Systemparteien“ in diesen Sog gezogen werden und diejenigen, die wegen Verlustängsten wollen, dass alle Verwerfungen einfach weggehen.

Das sind verschiedene Adressaten, die gerade zielgenau angesprochen werden. Sie arbeiten damit gemeinsam am Ziel, Putin die Unterwerfung der Ukraine, die er bisher im Krieg nicht erreichen konnte, auf andere Weise zu ermöglichen.