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Polizeiruf 110: Meuffels letzte "Tatorte"

Hanns von Meuffels wird es nach sieben Polizeiruf-Folgen nicht mehr geben. Ein Gesicht, das fehlen wird. Foto: BR/ Claussen + Putz Filmproduktion / Christian Schulz
Hanns von Meuffels wird es nach sieben Polizeiruf-Folgen nicht mehr geben. Ein Gesicht, das fehlen wird. Foto: BR/ Claussen + Putz Filmproduktion / Christian Schulz

Es ist der letzte Fall für Hanns von Meuffel. “Tatorte” haben ihn die “Polizeiruf 110”-Macher getauft. Ironisch? Witzig? Dieser Polizeiruf will alles sein und ist doch an vielen Stellen nur ermüdend und dialoglastig. Trotzdem wird der Meuffels-Muffel wahrscheinlich vielen Zuschauern fehlen.

Der eigentliche Fall? Wer interessiert sich bei diesem Polizeiruf eigentlich dafür? Nur eine: Hanns von Meuffels neue Kollegin Nadja Micoud (spitzbübisch lächelnd: Maryam Zaree). “Ist sie hübsch, klug, ehrgeizig?”, fragt Meuffels Ex-Partnerin Constanze Hermann (ein bisschen viel Drama im Gebaren: Barbara Auer) “Alles”, sagt von Meuffels. “Alles dreis.” Und Micoud ist auch die einzige, die wirklich arbeitet, denn es ist kein einfacher Fall, den die beiden von Drehbuchautor und Regisseur Christian Petzold vorgesetzt bekommen.

Eine Frau wird vor den Augen ihrer Tochter erschossen. Sie hat ihren Mörder im strömenden Regen auf einem Parkplatz getroffen. Menschenleer. Er schießt ihr in den Oberschenkel, in die Brust und zwei Mal in den Kopf. Dann zielt er auf die siebenjährige Tochter. Die jedoch schafft es, sich in den Wald zu flüchten. Später identifiziert sie ihren Vater als Mörder.

Nachforschungen ohne Täter- und Zeugenbefragung

Der Vater erleidet während der Ermittlungen einen Schock, der zu einer Katatonie führt. Er kann sich nicht mehr verständigen, nicht nicken, nicht den Kopf schütteln. Ein vorübergehender Zustand womöglich, doch gerade unpassend während der Ermittlungen. Für den Zuschauer dafür umso spannender. So sind die Kollegen auf sich gestellt. Auch das Kind lässt sich aufgrund des erlittenen Traumas nicht befragen.

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Also müssen sie allein auf die Suche nach einem Motiv für den Vater gehen und die Frage beantworten: Warum schießt er angeblich auf sein Kind, wo er doch gerade dafür das Sorgerecht erstreiten wollte? Und warum lässt er die Bilder, die ihn bei einem Vierer im Swingerclub zeigen und mit denen seine Frau gegen ihn vor Gericht kämpfen wollte, am Tatort liegen? Knifflig.

Hanns von Meuffels bekommt eine neue Kollegin zugeteilt. Mit der kann der Meuffels-Muffel zunächst natürlich gar nichts anfangen, um am Ende festzustellen, wie gut sie doch war. Foto: BR/ Claussen + Putz Filmproduktion / Christian Schulz
Hanns von Meuffels bekommt eine neue Kollegin zugeteilt. Mit der kann der Meuffels-Muffel zunächst natürlich gar nichts anfangen, um am Ende festzustellen, wie gut sie doch war. Foto: BR/ Claussen + Putz Filmproduktion / Christian Schulz

Doch von Meuffels hat andere Probleme. Er lebt mit Constanze Hermann in Trennung und das treibt ihn ganz schön um. Er telefoniert mit ihr: “Warum sagst du nichts?” “Du hast doch angerufen.” “Ja, du kannst doch trotzdem was sagen.” Und wirft am Ende wutentbrannt das Telefon gegen die Wand. Er stellt seine neue Kollegin Micoud auf die Probe: “Mögen Sie die Beatles” “Ja” “Was ist ihr Lieblingssong?” “Ruby Tuesday, Sympathy for the Devil und ganz viele mehr”, antwortet sie. Alles Lieder der Rolling Stones. Pfiffig.

Und am Ende des Abends, der Polizeiruf geht noch 15 Minuten – kann das wirklich schon das Ende sein? – da findet sich dann doch noch plötzlich ein anderer Täter. Einer, dem die erschossene Mutter, die gleichzeitig Psychologin war, ein schlechtes Gutachten ausgestellt hat. Ah! Und gerade als von Meuffels und Micoud ihn aufsuchen, muss der Chef doch nochmal mit Hermann telefonieren, muss sie jetzt dringend anrufen, weil er im Fahrstuhl an sie gedacht hat. Da erschießt der neue Verdächtige seine neue Kollegin. Mitten ins Auge. Großaufnahme. Von Meuffels erschießt den Verdächtigen als der mit der Waffe auch auf ihn zielt. Ende. Oder?

Kehrt die große Liebe zu Meuffels zurück? Oder bleibt es beim abendlich, tröstenden Intermezzo? Foto: BR/ Claussen + Putz Filmproduktion / Christian Schulz
Kehrt die große Liebe zu Meuffels zurück? Oder bleibt es beim abendlich, tröstenden Intermezzo? Foto: BR/ Claussen + Putz Filmproduktion / Christian Schulz

Nein. Dann geht es noch eine Weile weiter, vielleicht möchte der Zuschauer ja noch gebührend Abschied nehmen von einem seiner Lieblingskommissare. Noch mal “Gute Nacht” sagen? Deswegen braucht dieser Film ein Happy End. Und das gibt es. Von Meuffels fährt zu Hermann. Die hat gerade einen Liebhaber zu Gast, der unter der Dusche steht. Man sieht ihn nicht, man erahnt ihn nur. Von Meuffels geht, lächelnd, und man denkt: Jawohl, so zerbröselt der Keks. Doch Hermann fährt ihm hinterher. Am Ende sitzen sie treu in Zweisamkeit vereint. Das Ende eines Kommissars, der Anfang einer aufgeflammten Liebe.

Man kann in diesen Polizeiruf, der sich “Tatorte” nennt, vielleicht wegen der vielen Tatorte in von Meuffels Kopf, vielleicht weil Hermann, die als Dozentin an der Polizeischule arbeitet und Tatorte für ihre Studenten inszeniert, jedenfalls in diesen Polizeiruf viel hineininterpretieren. Viel Ironie und Witz finden, Hintersinnigkeit und Klugheit. Aber man kann ihn auch finden, wie ihn Zuschauer ohne filmisches Hintergrundwissen gesehen haben könnten. Als langatmig und auf unangenehme Weise überraschend. Von Meuffels als grummeliger, gleichgültig wirkender Polizist, wird auf dem Bildschirm trotzdem fehlen. Allein weil das schauspielerische Talent von Matthias Brandt auch einen semi-guten Plot wett macht.

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