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Polizist bei Markus Lanz: „Für einen Gefährder bräuchte man 50 Beamte“

Markus Lanz sprach in seiner Sendung mit einem von Deutschlands hochrangigsten Polizeibeamten. (Bild: Getty Images)
Markus Lanz sprach in seiner Sendung mit einem von Deutschlands hochrangigsten Polizeibeamten. (Bild: Getty Images)

Seit Anfang der Woche tagt in Dresden die Innenministerkonferenz. Angesichts der angespannten Sicherheitslage und der europaweiten Bedrohung durch Terroristen steht die Zusammenkunft der Politiker diesmal ganz besonders im Blickpunkt. Wie will man gegen Gefährder, Terroristen und Kriminelle in Zukunft vorgehen? Das wollte am Dienstagabend auch Markus Lanz wissen und startete deshalb eine brisante Gesprächsrunde in seiner Show.

Neben Gästen wie Komiker Olli Dittrich, Student und Ex-Gangmitglied Yiğit Muk, Science-Slammerin Mai Thi Nguyen-Kim und Historiker Leonhard Horowski, zählte auch André Schulz zu den geladenen Gästen. Der Bundesvorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter sorgte für eine der spannendsten Diskussionen des Abends. Der Kriminalhauptkommissar des LKA Hamburg ist einer der größten Kenner des deutschen Polizeiapparates und weiß, woran es den Sicherheitsbehörden derzeit fehlt. Und das sind von allem zwei Dinge: Personal und funktionierende Kommunikationssysteme!

André Schulz sieht großen Bedarf bei den deutschen Sicherheitsbehörden. (Bild: ddp images)
André Schulz sieht großen Bedarf bei den deutschen Sicherheitsbehörden. (Bild: ddp images)

Schulz schilderte bei Markus Lanz, dass manche Landespolizeibehörden nicht einmal ihre Daten und Informationen miteinander teilen können! Beamte aus Niedersachsen und Schleswig-Holstein mussten bei Ermittlungen wegen Wohnungseinbrüchen extra zu ihren Kollegen nach Hamburg reisen, um die Daten abzugleichen. Denn: Ein Ermittler aus Niedersachsen könne in seinem System nicht sehen, ob ein Verdächtiger kurz zuvor in einem anderen Bundesland eine „weiche Tat“ wie einen Einbruch verübt habe. „Ich glaube nicht, dass das die Bürger wissen“, sagte Schulz.

Noch schlimmer wird es, wenn Schulz von der Bedrohungslage durch Terroristen spricht. Für einen einzigen Gefährder – also eine Person, die bereit ist, einen Anschlag zu verüben – müssten im Falle einer effizienten Überwachung 50 bis 60 Beamte abgestellt werden. Bei den rund 500 Gefährdern, die aktuell in Deutschland leben, wären somit zwischen 25.000 und 30.000 Polizisten nötig, um Sicherheit gewährleisten und die Bürger effektiv schützen zu können.

Die These der Sendung: Es gibt weder genug Beamte, noch genug Geld für ausreichende Sicherheitsmaßnahmen. (Bild: dpa)
Die These der Sendung: Es gibt weder genug Beamte, noch genug Geld für ausreichende Sicherheitsmaßnahmen. (Bild: dpa)

Doch das könnten die sukzessive heruntergestutzten Sicherheitsbehörden nicht leisten. Selbst dann nicht, wenn man den Polizeiapparat massiv aufstocken würde. Schulz erklärte: „Wenn Sie heute Entscheidungen treffen, Personal einzustellen, brauchen Sie Minimum ein Jahr zum Auswählen, drei Jahre fürs Studium. Bis die gelernt haben, haben wir die in etwa vier, fünf Jahren vor Ort.“ Selbst wenn also das Geld locker gemacht würde – gegenwärtig könne man praktisch kaum etwas verändern.

Und auch im Fall Anis Amri gibt sich Schulz konsterniert. Es seien zwar viele Vermerke geschrieben worden, der Mann sei den Behörden also hinlänglich bekannt gewesen, aber: „Man muss es einfach sagen: Gerade in Nordrhein-Westfalen wurde die Polizei politisch ausgebremst.“ Derzeit läuft in NRW ein Untersuchungsausschuss zum Fall Anis Amri. Der gebürtige Tunesier war im Dezember mit einem LKW auf einem Berliner Weihnachtsmarkt in eine Menschenmenge gerast.

Egal, was die Innenministerkonferenz diesmal in Sachen Terrorbekämpfung und Sicherheitsmaßnahmen beschließt: „Was aktuell entschieden wird, hat Auswirkungen, die wir erst in drei, vier Jahren spüren können“, sagt Schulz.