PR-GAU des Jahres: United Airlines zerrt Passagier aus überbuchtem Flugzeug, CEO entschuldigt sich nur halbherzig
Dramatische Szenen auf einem United Airlines-Flug: Weil ein Arzt in einer überbuchten Maschine nicht zum Aussteigen zu bewegen war, wurde das Sicherheitspersonal in brutaler Form handgreiflich. Bilder des blutverschmierten Flugastes kursieren im Internet, während United Airlines-CEO Oscar Munoz keine gute Figur bei der Krisenkommunikation macht.
Für United Airlines reißen die schlechten Nachrichten nicht ab. Gerade einmal zwei Wochen ist es her, dass die 91 Jahre alte US-Fluggesellschaft für eine krude Kleiderordnung kübelweise Spott und Häme im Internet hinnehmen musste. Das Flugpersonal verwehrte zwei Mädchen den Zutritt zur Maschine, weil sie bequeme Leggings für den Flug gewählt hatten.
Der darauf folgende Shitstorm in den sozialen Medien, bei dem sich sogar Model Chrissy Teigen und Schauspielerin Patricia Arquette zu Wort meldeten, sollte sich unterdessen nur als laues Lüftchen gegenüber dem Orkan herausstellen, der United Airlines seit gestern entgegenschlägt.
Sicherheitskräfte entfernen 69-jährigen Arzt brutal aus United Airlines-Flugzeug
In einer dramatischen Entwicklung wurde ein Arzt am Sonntag unter Einsatz von Polizeigewalt brutal aus einem Flugzeug von United Airlines gezerrt. United Airlines hatte zuvor vergeblich mit Gutscheinen im Wert von 800 Dollar versucht, Passagiere beim überbuchten Flug 3411 von Chicago nach Louisville zum Reiserücktritt zu bewegen, weil die Sitzplätze für das eigene Personal benötigt wurden.
Dann musste das Zufallsprinzip entscheiden, bei dem ein Arzt und seine Frau ausgewählt wurden. Der 69-Jährige weigerte sich jedoch, seinen Platz zu verlassen, weil er am Montag in der Praxis sein müsse, um sich um seine Patienten zu kümmern. Doch die Argumente drangen zur Chicagoer Polizei, die inzwischen vom Bordpersonal angefordert worden war, nicht durch: Gleich drei Sicherheitskräfte rissen den 69-Jährigen buchstäblich aus seinem Sitz und schleiften ihn dann blutüberströmt den Gang entlang aus dem Flugzeug.
Sehen Sie hier einen Video-Bericht zu dem Vorfall:
Während zahlreiche Fluggäste fassungslos reagierten, griffen andere geistesgegenwärtig zum Smartphone und dokumentierten den Vorfall, der sich offenbar angedeutet hatte. Gestern kursierten auf Facebook und Twitter mehrfache Videos, die die entscheidenden Sekunden zeigen.
Vernichtende Social Media-Reaktionen
Für United Airlines wurde der Zwischenfall wenig überraschend zum Social Media-Desaster. Die
Reaktionen auf Facebook, Twitter & Co fielen entsprechend vernichtend aus:
I hope that doctor sues @united into oblivion. They treated him worse than a dog. #flight3411 #BoycottUnitedAirlines
— Rick (@BamaGuyRTR) April 10, 2017
United Airlines is pleased to announce new seating on all domestic flights- in addition to United First and Economy Plus we introduce…. pic.twitter.com/KQjPClU2d2
— McNeil (@Reflog_18) April 10, 2017
.@realDonaldTrump ‘s next attack on Assad will involve booking Assad on a United Airlines flight #united #unitedAIRLINES pic.twitter.com/Gmg1gYlgJN
— Bob Schneider (@Bobndc) April 10, 2017
Doch damit war das Debakel noch nicht beendet. Zum veritablen PR-Desaster wurde der Vorfall für United Airlines durch die Form der Krisenkommunikation, die nur scheibchenweise eingestand, was längst in den sozialen Netzwerken kursierte.
„Der Flug 3411 von Chicago nach Louisville war überbucht. Nachdem unser Team nach Freiwilligen gesucht hat, hat sich ein Kunde geweigert, den Flug zu verlassen“, twitterte United zunächst lapidar.
@USAnonymous Flight 3411 from Chicago to Louisville was overbooked. After our team looked for volunteers, one customer refused to leave ^MD
— United (@united) April 10, 2017
Dann meldete sich schließlich CEO Oscar Munoz in einem Tweet zu Wort. „Dies ist ein bestürzendes Ereignis für uns alle bei United. Wir entschuldigen uns bei den Kunden, die wir anders unterbringen mussten“, twitterte der 57-Jährige und erklärte in seinem Statement ebenfalls, sich mit dem betreffenden Passagier in Verbindung setzen zu wollen.
United CEO response to United Express Flight 3411. pic.twitter.com/rF5gNIvVd0
— United (@united) April 10, 2017
Halbherzige Entschuldigung des United-CEOs macht den Vorfall noch schlimmer
Für einen Vorstandschef, der gerade von der PR Week zum „Kommunikator des Jahres“ gewählt wurde, fiel das Statement erstaunlich dünn aus. CNN-Starmoderator Anderson Cooper nannte es die „schlechteste Entschuldigung eines CEOs seit Jahren.“ Die Reaktionen im Social Web fielen noch schärfer aus:
@united “Re-accommodate!” You assaulted a paying customer, knocked him out and dragged him off a plane.
— Jon Spaihts (@jonspaihts) April 10, 2017
@robbystarbuck @DebraBeardBader @united I think they meant rearranged, meaning his face after they smashed it into the arm rest. Glad to never fly @united again
— Meg (@loyalphoto) April 10, 2017
@united Apologize to the man who was assaulted while your employees watched. Apologize to all the passengers who were forced to watch it happen.
— Tessa Dare ???? (@TessaDare) April 10, 2017
Reminder @united CEO Oscar Munoz, PR Week’s Communicator of the Year #PRweekawardsus #beingunited pic.twitter.com/AJFOtYnKi5
— Claire Atkinson (@claireatki) April 10, 2017
Doch Munoz legte noch einmal nach – diesmal in einem Statement an die 82.000 Mitarbeiter von United Airlines, das natürlich wenig später ebenfalls in den sozialen Medien kursierte.
INBOX: @united CEO sends letter to employees about United Express flight. pic.twitter.com/obVdl6G2E0
— Ryan Ruggiero (@RyanRuggiero) April 10, 2017
Tenor diesmal: „Während ich den Vorfall sehr bedaure, stehe ich empathisch hinter allen von Euch und lobe Euch sehr dafür, dass Ihr alles dafür tut, damit wir richtig fliegen.“ In anderen Worten: Weiter so! So zumindest kam Munoz’ Botschaft auf Twitter an.
United CEO: A job well done, comrades! Same again tomorrow! https://t.co/hoQg6Xypw8
— Lara O’Reilly (@larakiara) April 10, 2017
@RyanRuggiero @united So painfully tone def. @United needs crisis PR help so bad. https://t.co/gjqiSLr9u6
— Joel (@JoelNihlean) April 11, 2017
@RyanRuggiero @united Pictured below: United’s CEO digging the hole deeper. pic.twitter.com/utCT8kAv3S
— Kyle O’Connor (@KyleThatKyle) April 11, 2017
#BoycottUnitedAirlines: Welle der Empörung in den sozialen Netzwerken
Die Welle der Empörung, die United Airlines nach dem Vorfall entgegenschlägt, ist so groß, dass die Aufregung um die misslungene Pepsi-Kampagne und das streitbare Nivea-Posting vergangene Woche wie eine Fußnote erscheint. Gegen United Airlines läuft unterdessen eine Boykottwelle, die sich unter dem Hashtag #BoycottUnitedAirlines in Tausenden Tweets entlädt.
“@Bigstones66: #boycottunited @united unforgivable! pic.twitter.com/BNDubP6bIa” #BoycottUnitedAirlines
— Winnie Tong (@poohland2) April 10, 2017
#BoycottUnitedAirlines Just cancelled my @united beatup Plus card, and hope you’ll never be overbooked again. pic.twitter.com/jBvNswT1FU
— Malbene (@Malbene) April 11, 2017
Let’s help @united with their overbooking problem. #ShameonUnited #BoycottUnitedAirlines
— Deependra Singh (@DeependraSingh) April 11, 2017
Remember, that passenger dragged off of a @united flight was picked RANDOMLY. If you fly #United, that could be you #BoycottUnitedAirlines
— Marcus Dawson (@MarcusDawson8) April 11, 2017
Ob der PR-GAU für United Airlines wirtschaftliche Konsequenzen hat, bleibt abzuwarten. Anleger reagierten auf den Vorfall achselzuckend: Die Aktie legte an der New Yorker Börse sogar um knapp ein Prozent zu.
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