Praxistest Ora 07 - Porsche Panamera bei Wish bestellt, coolen China-Stromer bekommen

GWM Ora 07<span class="copyright">Viehmann</span>
GWM Ora 07Viehmann

Chinas Autoriese Great Wall Motors hat nach dem Ora „Funky Cat“ nun den Ora 07 nachgeschoben. Was auf den ersten Blick wirkt wie eine freche Porsche Panamera-Kopie, erweist sich als Autobahn-tauglicher Power-Stromer mit speziellen Qualitäten.

„Papa, wo ist die Katze?“ Den Nachwuchs auf der Rückbank interessieren am Ora 07 nicht die krasse Optik, die irre Beschleunigung oder die grellen Lederpolster. Nein, die Kids fahren voll ab auf das digitale Schauspiel, das sich im Ora 07 vor dem Losfahren abspielt: Ein Goldfisch schwimmt vom Instrumentendisplay nach rechts Richtung Hauptmonitor und eine Katze schaut ihm zu - begleitet von einem „Miau“. Da hatte offenbar jemand viel Spaß bei der Entwicklung des Infotainmentsystems. Aber was kann der Wagen sonst noch außer verspielten Gimmicks?

GWM Ora 07 - Karosserie und Innenraum

Der Rest des Cockpits wirkt keineswegs verspielt und im Vergleich zu manch anderem E-Auto aus China mit Maxi-Screens und virtuellen Tasten geradezu konventionell. Die drei Rundinstrumente - Porsche als Vorbild lässt grüßen - sind zwar nur mit rein digitalen Anzeigen gefüllt, doch der Startknopf und auch die Schalterleiste an der hohen Mittelkonsole kommen für ein modernes E-Auto eher konventionell daher.

Der Ora 07 hat eine ungewöhnliche Optik<span class="copyright">Viehmann</span>
Der Ora 07 hat eine ungewöhnliche OptikViehmann

Die hellbraunen Lederpolster und die vielen Chromzierteile bilden einen deutlich Kontrast, und das erste, was einem im Ora 07-Cockpit positiv aufällt, ist die gute Verarbeitung und der wertige Qualitätseindruck. Da kann ein Plastik-lastiges VW ID-Modell jedenfalls nicht mithalten.

Fahrbericht GWM Ora 07 GT: Chinesischer Aufpasser<span class="copyright">Autoren-Union Mobilität/Frank Wald</span>
Fahrbericht GWM Ora 07 GT: Chinesischer AufpasserAutoren-Union Mobilität/Frank Wald

Optisch wirkt der Wagen wie eine zu klein geratene Porsche Panamera-Kopie, das Heck erinnert eher an den VW New Beetle. Ein nettes Gimmick und natürlich auch eine Abtriebshilfe ist der ausfahrbare Heckspoiler. Der Grund für die eigentümliche Flunder-Optik ist banal: Ähnlich wie die Koreaner den Hyundai Ioniq 6 haben die Chinesen den GWM Ora 07 möglichst windschlüpfig gemacht, damit er weniger Strom verbraucht als die ganzen fetten und hochbeinigen Elektro-SUV auf dem Markt.

Die gedungene Form schmälert natürlich das Raumangebot, doch dank des Platz sparenden E-Antriebs fällt das kommoder aus als befürchtet: Im Fond sitzt man recht bequem und der Kofferraum ist zwar flach, aber so groß, das zum Beispiel ein zusammengefalteter Kinder-Buggy bequem hineinpasst.

Bedienung und Infotainment

Die angenehm reduzierte Instrumentierung des Wagen lenkt nicht vom Fahren ab, ein Head-Up-Display gibt es ebenfalls. Neben verschiedenen Fahrmodi (darunter Eco, Sport, Komfort) fehlt die Möglichkeit, die Rekuperation (Bremsenergierückgewinnung) direkt am Lenkrad einzustellen. Das Infotainment ist auf der Höhe der Zeit, allerdings hat die Sprachsteuerung in unserem Test nur mäßig funktioniert, gerade bei Navigations-Eingaben. Dafür kann der Wagen per Sprachbefehl sogar die Seitenscheibe öffnen.

Ziemlich lange brauchten wir, bis wir herausfanden, wie der Tempomat funktioniert: Zum Einschalten muss man den Fahrstufenhebel am Lenkrad während der Fahrt nochmal auf „D“ herunterdrücken. Ungewöhnlicher hat das wohl noch kein Hersteller gelöst.

Fahrbericht GWM Ora 07 GT: Chinesischer Aufpasser<span class="copyright">Autoren-Union Mobilität/GWM</span>
Fahrbericht GWM Ora 07 GT: Chinesischer AufpasserAutoren-Union Mobilität/GWM

Was extrem nervt, ist die hammerharte Einstellung der Chinesen bei den vielen mittlerweile in der EU vorgeschriebenen Assistenz- und Überachungssystemen. Tempo-Warner und Spurwechselwarner sorgen für ein permanentes Bimmeln, wenn man sich nicht sklavisch genau an Limits und Spuren hält - das ist völlig praxisfremd und nervt auf Dauer extrem. Renault 5 E-Tech im Video-Test - Der neue Elektro-Renault zwinkert seinem Fahrer zu

Krass und fast schon gefährlich ist der Eingriff beim Spurhalten. Mit einem heftigen Ruck über die elektrische Servolenkung soll der Pilot wieder auf Spur gebracht werden, was manchmal völlig übers Ziel hinaus schießt. Hier sollten die Chinesen bei der Adaption ihrer Fahrzeuge für den deutschen Markt dringend nachbessern. Zwar kann Great Wall für die schwachsinnigen Nanny-Vorschriften aus Brüssel nichts; doch schaffen es andere Hersteller, die Systeme weniger störend und aggressiv umzusetzen.

Fahrverhalten, Antrieb und Reichweite

Den Ora 07 gibt es in zwei Leistungsstufen. Einmal in der Basisversion „pur“ mit 150 kW / 204 PS und Frontantrieb sowie kleinem Akku (67 kWh, 350 km Reichweite). Die auch von uns getestete Top-Version GT hat dagegen zwei Motoren und entsprechend Allradantrieb, bei 300 kW / 408 PS Leistung und dank größerem Akku (86 kWh) bis zu 520 km Reichweite laut Hersteller.

Der aerodynamisch optimierte Ora 07 von Great Wall Motors ist innen größer, als er von außen aussieht<span class="copyright">Viehmann</span>
Der aerodynamisch optimierte Ora 07 von Great Wall Motors ist innen größer, als er von außen aussiehtViehmann

Der Ora 07 GT ist dank seiner Power perfekt geeignet für die Autobahn: In 4,5 Sekunden rennt er von 0 auf 100 km/h und hat beim Überholen in allen Lebenslagen einen Punch am Leib, der so manchen BMW- und Audi-Fahrer mit der Frage „Was um Himmels Willen hat mich da gerade überholt?“ ratlos zurücklässt. Leider ist bei 180 km/h im Ora schon Schluss. Da hätte man sich mehr gewünscht, zumal der Wagen mit niedrigem Schwerpunkt, gutem Geradeauslauf und einer akkuraten Lenkung sehr angenehm und präzise zu fahren ist. Lange Autobahn-Etappen sind absolut sein Ding, zumal auch die Geräuschdämmung sehr ordentlich ist.

Schnellladen an der Autobahn<span class="copyright">Viehmann</span>
Schnellladen an der AutobahnViehmann

Mit einem Verbrauch um die 20 Kilowattstunden - und deutlich unter 30 auch bei höherem Tempo - ist der Ora zwar kein Effizienz-Wunder, aber gerade auf der Langstrecke gut unterwegs. Die 520 km offizielle Reichweite schafft man nicht und wenn man es gern schneller angehen lässt, sind es eher um die 350; aber da ist man von anderen Power-Stromern Schlimmeres gewohnt. Ein echter Minuspunkt beim Ora 07 ist allerdings das Laden. 88 kW ist die maximale Ladeleistung beim Gleichstrom-Schnellladen; mehr als 75 kW erreichten wir in der Praxis nicht. Das ist viel zu langsam im Vergleich zur Konkurrenz von Tesla, Audi, Porsche oder Hyundai. Beim Wechselstrom-Laden an der heimischen Wallbox ist die Leistung auf 11 kW beschränkt, auch das nicht gerade eine Glanzleistung der Chinesen.

GWM Ora 07<span class="copyright">Viehmann</span>
GWM Ora 07Viehmann

Kosten und Ausstattung

53.490 Euro kostet das GT-Modell mit reichhaltiger Ausstattung. Dazu gibt's fünf Jahre Garantie aufs Auto und acht Jahre auf Batterie / Antrieb. Das ist im Vergleich zur Konkurrenz ein gutes Angebot, selbst wenn man den höheren Wertverlust eines China-Autos in Betracht zieht; fragen Sie mal bei Audi oder BMW nach, was ein e-tron GT oder i4 mit vergleichbarer Ausstattung kostet. Im Vergleich zu einem Tesla Model 3 mit Allrad liegt der GWM Ora 07 preislich zwischen dem Max Range- und dem Performance-Modell.

Fazit

So schräg der Ora 07 auch aussieht: Er ist eine richtig schnelle und angenehme Fahrmaschine. Innenraum und Kofferraum bieten mehr als erwartet und die Verarbeitung wirkt Premium. Addiert man den Preis - rund 53.000 Euro für ein top-ausgestattetes Fahrzeug mit Sportwagen-Power - ist das mal wieder eine echte Tesla-Alternative aus China. Leider gibt es auch ein paar Haken: Die miese Ladeleistung etwa, die ultra-nervigen Assistenzsysteme und die insgesamt nur befriedigende Reichweite. Doch wer abseits von Tesla und Co. einen etwas anderen Stromer sucht und kein SUV-Fan ist, der sollte sich den GWM 07 durchaus einmal anschauen.