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Problem für Trump? US-Sicherheitsberater John Bolton in anti-muslimischem Thinktank

Der neue US-Sicherheitsberater John Bolton (rechts) könnte für Präsident Donald Trump zum Problem werden. (Bild: Getty Images/Mark Wilson)
Der neue US-Sicherheitsberater John Bolton (rechts) könnte für Präsident Donald Trump zum Problem werden. (Bild: Getty Images/Mark Wilson)

Donald Trumps neuer Sicherheitsberater steht in der Kritik für seinen Vorsitz in einer Organisation, die Falschmeldungen vertreibt.

John Bolton ist der neue Sicherheitsberater von Präsident Donald Trump. Nun steht er aufgrund einer früheren Tätigkeit in der Kritik: Er soll beim Gatestone Institute beschäftigt gewesen sein, das mit irreführenden und falschen anti-muslimischen Schlagzeilen hantiert, die bisweilen von russischen Trollen verstärkt werden.

Auf seinem Internetauftritt beschreibt sich das Gatestone Institute als neutrale, gemeinnützige Organisation, die sich der Bildung der Öffentlichkeit in Bereichen verschrieben hat, die von großen Medien angeblich nicht bedient werden. Bolton war dort zwischen 2013 und letztem Monat beschäftigt. Im Rahmen der Ausräumung von potenziellen Interessenskonflikten mit seiner neuen Beschäftigung im Weißen Haus seit Anfang April stieß man nun auf seine Position bei Gatestone.

Auf der Seite des Gatestone Institute werden europäische Politiker wie der französische Präsident Emmanuel Macron als „nützliche Idioten des Islamismus“ bezeichnet. Der Holländer Geert Wilders, Kopf der niederländischen rechtspopulistischen „Partij voor de Vrijheid“ (Partei für die Freiheit), ist einer der Autoren der Organisation.

Laut NBC News hat das Gatestone Institute mit Sitz in New York vor einer anstehenden Übernahme Europas durch Dschihadisten gewarnt, die zu einem „Großen Weißen-Tod“ führen würden – einem Aussterben weißer Europäer. Auf der Seite finden sich auch Schlagzeilen wie diese aus dem Mai 2017: „Deutschland konfisziert Häuser zur Verwendung für Migranten“. Im Februar 2015 hieß es dort, dass insbesondere durch somalische Flüchtlinge Schweden zur „Vergewaltigungs-Hauptstadt des Westens“ werde.

Obwohl Bolton sich eher dem Thema Iran gewidmet hatte, ist seine Verbindung ins anti-islamische Milieu über die Aktivistin Pamela Geller hinreichend bekannt, die Kampagnen gegen die Moschee in der Nähe des Ground Zero in New York fuhr: Er schrieb das Vorwort für ihr Buch und war zu Gast in ihrer Internet-Radiosendung.

Die Bürgerrechtsinitiative „Council on American-Islamic Relations“ ließ über ihren Sprecher Ibrahim Hooper verlautbaren, bei Gatestone handle es sich um einen „Schlüsselteil der ganzen Heimarbeitsbranche zur Islamophobie im Internet“. Die Forscherin Alina Polyakova beschreibt, nach welchem Muster sich dieses Geschäft bewegt: Eine Webseite stellt bestimmten reaktionären Content ins Internet, der wie eine Tagesmeldung aussieht und daraufhin von Bots und Trollen verstärkt wird. An den Kreisen, die eine Falschmeldung daraufhin zieht, kann man ihren Einfluss ablesen. 2016 schaffte es eine Meldung von Gatestone sogar in einen Meinungsartikel des ehemaligen Präsidentschaftskandidaten Ted Cruz: Darin war von No-Go-Gegenden in Frankreich berichtet worden, die angeblich von Muslimen kontrolliert werden.

Ein Demonstrant hat sich an John Boltons erstem Tag als neuer Sicherheitsberater als dieser verkleidet. Auf seinem Schild steht: „Zu verrückt für Bush, verrückt genug für Trump – momentan.“ (Bild: Getty Images/Mark Wilson)
Ein Demonstrant hat sich an John Boltons erstem Tag als neuer Sicherheitsberater als dieser verkleidet. Auf seinem Schild steht: „Zu verrückt für Bush, verrückt genug für Trump – momentan.“ (Bild: Getty Images/Mark Wilson)

In mindestens vier Fällen fand NBC heraus, dass russische Trolle der sogenannten „Internet Research Agency“, die zum Kreml gehört, Tweets von Gatestone geteilt hatten. In einem davon wurde die Behauptung aufgestellt, 500 Kirchen in London wären geschlossen worden, während gleichzeitig 423 Moscheen ihre Türen geöffnet hätten. Die Nachricht zog weite Kreise, obwohl sich Faktenchecker wie Snopes.com und Experten wie Peter Brierley daran machten, die korrekten Zahlen zu verbreiten. Brierley zufolge eröffneten in London zwischen 2005 und 2012 tatsächlich 700 neue Kirchen, was auch der Einwanderung aus den traditionell christlichen Polen und Rumänien geschuldet ist.

Ein Experte des Atlantic Council erklärt die Hintergründe: „Es passt den Propagandastellen des Kremls, die westlichen Demokratien als gescheitert darzustellen, die von Migranten überschwemmt werden und deren Gesellschaften zusammenbrechen, weil so die Demokratie an sich in den Augen der russischen Bevölkerung weniger attraktiv wird“, sagt Ben Nimmo. Bei der Betonung einer angeblichen Islamisierung geht es also nicht um die Verteufelung der Religion oder ihrer Anhänger, sondern der Schwächung des politischen Systems, unter dem es vermeintlich zu einer solchen Islamisierung kommen konnte: eine veritable Desinformations-Kampagne gegen die Demokratie.

Damit lässt sich auch das ausgeprägte Interesse von Gatestone an Deutschland erklären. Die Silvesternacht am Kölner Bahnhof sowie der Fall eines Besitzers von sechs Wohneinheiten, der gezwungen worden war, diese zu renovieren und zu vermieten, waren in verzerrter und skandalisierender Form als „epidemisch“ auf Gatestone wiedergegeben worden.

Die Unwissenheit vieler Amerikaner über die Bedingungen in Europa sei bei der Verbreitung von solchen Falschmeldungen ein wichtiger Faktor, klärt Ben Nimmo vom Atlantic Council auf, warum absurd anmutende Meldungen über Europa sich in den USA dennoch oft sehr gut verbreiten.

Die Vize-Präsidentin von Gatestone ist die Erbin der Kaufhauskette Sears Roebuck, Nina Rosenwald. Die Stiftung der Rosenwalds, der William Rosenwald Family Fund, fördert auch andere rechte Stimmen wie die des Pundits David Horowitz sowie das islamfeindliche Middle East Forum.

Auch Robert und Rebekah Mercer, die unter anderem das Unternehmen Cambridge Analytica mitgegründet haben und Förderer von Breitbart News sind, zählen zu den Geldgebern des Gatestone Institute. Auf einer archivierten, aber nach wie vor einsehbaren Seite von Gatestone aus dem Jahre 2017 wird Rebekah Mercer als Mitglied des Gatestone Board of Governors geführt.

Cambridge Analytica steht auch im Fokus der Ermittlungen des Sonderermittlers Robert Mueller, der den Vorwurf russischer Einflussnahme auf die amerikanischen Wahlen 2017 und Trumps Verbindungen dazu untersucht.