„Project 2025“ - Wird schon nicht so schlimm? Lesen Sie mal, was Trump für die ersten 180 Tage plant
Das Comeback ist perfekt: Am Montag trat Donald Trump seine zweite Amtszeit als US-Präsident an. Beim ersten Wahlsieg 2016 war das Trump-Team noch unvorbereitet. Das soll diesmal anders sein - mit Hilfe eines 900-Seiten-Manifests.
Für viele mag es noch surreal wirken, doch am Montag war es soweit. Donald Trump wurde in der US-Hauptstadt Washington, D.C. als der 47. Präsident der Vereinigten Staaten vereidigt - nachdem er von 2017 bis 2021 schon der 45. Präsident war. Aber was plant Trump für seine zweite Amtszeit?
Wer das wissen will, kann das einfach nachlesen. Ein bisschen Zeit muss man sich allerdings nehmen, denn das offizielle Manifest der Trump-Bewegung hat mehr als 900 Seiten. Die mit Trump eng verbundene rechtskonservative Denkfabrik „Heritage Foundation“ hatte im Wahlkampf ein Handbuch erstellt, das weitläufig als „Project 2025“ bekannt ist.
Dabei handelt es sich um einen radikalen Politik-Entwurf für den nächsten republikanischen Präsidenten. Zwar versuchte Trump während des Wahlkampfs, offiziell Abstand zu der Schrift zu nehmen. Doch die Stiftung und die Republikanische Partei sind eng miteinander verbunden - sie gehörte zu den Sponsoren des Parteitags in Milwaukee.
Ein Plan für die ersten 180 Tage
„Es reicht nicht aus, dass die Konservativen die Wahlen gewinnen“, heißt es in der Anpreisung des Projekts. „Wenn wir das Land aus dem Griff der radikalen Linken befreien wollen, brauchen wir sowohl ein Regierungsprogramm als auch die richtigen Leute, die bereit sind, dieses Programm am ersten Tag der nächsten konservativen Regierung umzusetzen.“
Dem „Project 2025“ haben sich zahlreiche konservative Organisationen angeschlossen. Es bietet eine Blaupause für die Gestaltung der ersten 180 Tage nach Amtsantritt. Das Ziel: In Trumps erster Amtszeit herrschte meist Chaos im Weißen Haus. Diesmal soll alles geordneter ablaufen, disziplinierter - und mehr konkrete Ergebnisse erzielen.
Die Inhalte
Der Plan nennt vier Hauptziele:
1. „Die Wiederherstellung der Familie als Kernstück des amerikanischen Lebens und Schutz unserer Kinder“
Das „Project 2025“ vertritt gesellschaftspolitisch erzkonservative Positionen. Die Autoren lehnen Abtreibung ab, fordern ein Verbot von Pornografie und machen sich für Maßnahmen stark, die „Ehe, Arbeit, Mutterschaft, Vaterschaft und die Kernfamilien“ fördern sollen. Schulen, die unliebsamen Themen wie Geschlechteridentitäten lehren, sollen in ihrer Bildungsfreiheit beschnitten und sanktioniert werden.
2. „Abschaffung des Verwaltungsstaates und Rückgabe der Selbstverwaltung an das amerikanische Volk“
Die Autoren des „Project 2025“ wollen die Beamten in Bundesbehörden und Ministerien weitgehend durch politische Angestellte ersetzen. Dahinter steht der Deep-State-Mythos, wonach in Washington eigentlich Beamte die wahren Strippenzieher seien - und Trump in seiner ersten Amtszeit ausgebremst hätten. Das vom Präsidenten unabhängige Justizministerium etwa soll unter seine direkte Kontrolle gestellt werden. Im Wahlkampf hatte Trump bereits angekündigt, Sonderermittlungen gegen politische Gegner (etwa die Biden-Familie) starten zu wollen.
Insgesamt soll die Macht des Präsidenten ausgeweitet, der Kongress geschwächt werden. Die Nationale Ozean- und Atmosphärenbehörde, zu der auch der Wetterdienst oder das US-Hurrikanzentrum gehören, soll aufgelöst werden, weil sie „einer der wichtigsten treibenden Kräfte der Klimawandel-Alarmindustrie“ sei. Ihre Funktionen sollen auf andere Behörden übertragen oder privatisiert werden. Experten warnen, dass diese Maßnahme die Bevölkerung bei der nächsten Naturkatastrophe massiv gefährden würde - es wäre niemand mehr da, der Warnungen versendet.
Ganze Institutionen, etwa die Umweltbehörde EPA, die Behörde für Lebensmittelsicherheit FDA, die Steuerbehörde IRS oder die staatliche Antidiskriminierungsbehörde, sollen personell ausgeblutet werden. Das Bildungsministerium will das Trump-Lager komplett abschaffen - was das Ende vieler Förderprogramme für Schulen bedeuten würde. Auch die Strafverfolgungsbehörde FBI soll nach zahlreichen unliebsamen Ermittlungen wegen verschiedener Vergehen des Trump-Lagers personell beschnitten werden. Das FBI sei eine „aufgeblähte, arrogante, zunehmend gesetzeslose Organisation“, heißt es in „Project 2025“.
3. „Verteidigung der Souveränität, der Grenzen und des Reichtums unserer Nation gegen globale Bedrohungen“
Der Schutz der US-Grenze wird in dem Manifest als eine Priorität genannt. An der Südgrenze zu Mexiko soll Trumps Grenzmauer fertig gebaut werden, die Einwanderungsgesetze will das Trump-Team verschärfen. Auf eine solche Verschärfung hatten sich Demokraten und Republikaner im Kongress eigentlich bereits im Frühjahr 2024 geeinigt - doch Trump brachte den Deal zum Platzen. Der Kompromiss würde die Republikaner „schwach“ aussehen lassen, schrieb Trump damals in seinem sozialen Netzwerk Truth Social - und nutzte das Thema Grenzschutz erfolgreich im Wahlkampf.
Die Inhaftierung und Abschiebung illegal Eingereister sei von „entscheidender Bedeutung, wenn wir die Kontrolle über die Grenze zurückgewinnen“ wollen, heißt es im „Project 2025“. Was das konkret bedeuten soll, hatte das Trump-Team im Wahlkampf mehrfach skizziert. Im Zentrum der Pläne stehen Massendeportationen. Das Vorhaben geht auf Trump-Berater Stephen Miller zurück, der erst im September „die größte inländische Abschiebe-Operation der US-Geschichte“ angekündigt hatte. Polizei und Nationalgarde sollen als große Abschiebe-Armee fungieren, die Millionen illegaler wie auch legaler Einwanderer aus den USA entfernt.
Und die Administration macht nur Tage nach dem Amtseid schon ernst. Am Freitag verkündete die Trump-Regierung, Hunderte „kriminelle Migranten“ abgeschoben zu haben. Und das soll erst der Anfang sein.
Ökonomen warnen vor den Folgen für die US-Wirtschaft, weil Landwirtschaft, Industrie und Dienstleistungssektor auf die Arbeitskraft dieser Einwanderer angewiesen sind. Die US-Grenze soll sofort geschlossen werden. Insgesamt zwölf Millionen Menschen sollen abgeschoben werden, ist in „Project 2025“ zu lesen. Die ersten Deportationen könnten schon bald beginnen: US-Medien berichten übereinstimmend, dass es Planungen für eine große Abschiebe-Razzia in Chicago am Dienstag gebe.
4. „Sicherung unserer gottgegebenen individuellen Rechte auf ein freies Leben“
Die Autoren sprechen sich für sogenannte Religionsfreiheit aus. Damit meinen sie aber nicht Religionsfreiheit im eigentlichen Sinne, sondern eher eine Art christlichen Nationalismus: Christliche Werte sollen mit öffentlichen Geldern gefördert werden und im Alltag eine zentrale Stellung einnehmen. Das Ministerium für Gesundheitspflege und Soziale Dienste soll für eine „eine biblisch begründete, sozialwissenschaftlich untermauerte Definition von Ehe und Familie“ einstehen.
Trumps unglaubwürdige Distanzierung
Die Demokraten von US-Präsident Joe Biden hatten im Wahlkampf eindringlich vor „Project 2025“ gewarnt. Die Blaupause gebe Trump mehr Macht über das tägliche Leben der Menschen und schaffe demokratische Kontrollmechanismen ab.
Trumps wiederum hatte im Wahlkampf wiederholt versucht, sich von dem Manifest zu distanzieren. Allerdings haben einige seiner engsten Verbündeten sowie frühere Mitarbeiter seiner Regierung an dem Dokument mitgearbeitet. Trumps Vizepräsident J.D. Vance hat enge Verbindungen zur Heritage Foundation. Der bisherige Senator des Bundesstaats Ohio versuchte gegen Ende des Wahlkampfs auch auf Abstand zu gehen. „Ich garantiere Ihnen, dass es Dinge gibt, die Trump an diesem 900-seitigen Dokument gefallen und nicht gefallen“, sagte er etwa in einem Interview.
Es gibt außerdem große Überschneidungen zwischen dem Manifest und Trumps Politikversprechen sowie dem Parteiprogramm der Republikaner. Auch darin war die Rede von großen Abschiebeaktionen sowie der Abschaffung des Bildungsministeriums.
Ein Zankapfel bleibt
Auffällig ist, dass das Thema Abtreibung nicht in den Versprechen des Parteiprogramms vorkommt und im Text insgesamt nur einmal Erwähnung findet. „Wir werden Spätabtreibungen ablehnen“, heißt es da. Von strikten Abtreibungsverboten ist keine Rede - religiöse Unterstützer hat das verärgert. Mit der Ernennung von drei rechtskonservativen Richtern für das Oberste Gericht der USA hat Trump es erst möglich gemacht, dass das landesweit geltende Recht auf Abtreibung gekippt wurde.
Trump feierte das zunächst als Erfolg. Eine Mehrheit der Menschen in den USA unterstützt allerdings das Recht auf Abtreibung. Deshalb windet sich Trump mittlerweile bei dem Thema und vermeidet klare Bekenntnisse.
Das zeigt sich auch beim Parteiprogramm und mit dem Versuch, zu der Blaupause auf Distanz zu gehen. Trump will gemäßigtere Konservative nicht mit diesen radikalen Positionen verschrecken. „Project 2025“ dürfte Trump allerdings Inspiration für seine Politik bieten - mindestens.