Selbstanzeige! Berliner Lehrer machen der AfD einen Strich durch die Rechnung

Die AfD möchte mit einem umstrittenen Meldeportal ins Schulwesen eingreifen. (Symbolfoto: skynesher/Getty Images)
Die AfD möchte mit einem umstrittenen Meldeportal ins Schulwesen eingreifen. (Symbolfoto: skynesher/Getty Images)

Nachdem die AfD ein “Meldeportal” ins Leben gerufen hatte, auf dem “Verstöße gegen das Neutralitätsgesetz” von Lehrerkräften gemeldet werden sollen, reagierten Lehrer einer Berliner Schule mit einer Selbstanzeige – und werden dafür gefeiert.

Die rechtspopulistische Partei hatte Ende September in Hamburg eine umstrittene Plattform geschaffen, auf der sie die Namen von Lehrern erfahren wollte, die sich AfD-kritisch (und damit “nicht neutral”) im Unterricht äußern oder gegen die Partei “hetzen”. Später kündigte die AfD an, das Portal auch in anderen Bundesländern etablieren zu wollen. Für viele Kritiker handelt es sich dabei um eine Denunziationsplattform, die darauf abzielt, AfD-Kritiker mundtot zu machen oder einzuschüchtern.

Nun reagierten zwei Drittel des Berliner Lehrerkollegiums der Lina-Morgenstern-Schule im Berliner Stadtteil Kreuzberg mit einer Selbstanzeige. “Die untenstehenden Unterzeichner*innen, sämtlich an der Lina-Morgenstern-Schule unterrichtend, greifen auf das Mittel der Selbstanzeige zurück, damit wir auf Ihrer Denunziationsliste von Berliner Lehrer*innen erscheinen. Wir möchten nicht, dass sich andere die Mühe machen müssen, uns bei Ihnen anzuzeigen – wir melden uns freiwillig”, beginnt das Statement des Lehrerkollegiums, das auf der Facebook-Seite des Berliner Landesverband der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) veröffentlicht wurde.

Man wolle “auch in Zukunft dafür Sorge tragen, dass Schüler*innen befähigt werden, sich über den Charakter Ihrer Partei ein Bild zu machen”, so die Lehrerschaft. “Dies werden wir selbstverständlich im Unterricht tun und befinden uns hierbei im Einklang mit dem Beutelsbacher Konsens und dem Artikel 1 des Berliner Schulgesetzes. Wir werden unsere Schüler*innen davon unterrichten, wenn von Mitgliedern und Funktionären Ihrer Partei rassistische, menschenverachtende, sexistische, geschichtsrevisionistische, antisemitische oder demokratiefeindliche Aktivitäten ausgehen, die unser friedliches Zusammenleben in der Gesellschaft gefährden.”

Das Kollegium übt am Ende des Statements Fundamentalkritik an der AfD-Methode: “Aus der Geschichte wissen wir, dass das, was mit Denunziation und Einschüchterung beginnt, mit der Inhaftierung von Andersdenkenden in Lagern endet. Aus all diesen Gründen und weil wir uns nicht einschüchtern lassen, würden wir uns geehrt fühlen, wenn Sie unsere Namen auf ihre Denunziationsliste setzen könnten.”

Initiative trifft im Netz auf fruchtbaren Boden

Im Internet stößt die Aktion der Lehrer auf viel Lob. “Super. Nachahmenswert”, “Starke Aktion!!”, “Genial!” oder “Chapeau!” sind nur einige der begeisterten Reaktionen auf die Selbstanzeige der Lehrerschaft.

Ein Twitter-Nutzer beruft sich in einer Diskussion auf den von den Lehrern genannten Beutelsbacher Konsens aus dem Jahr 1976, der Prinzipien zur politischen Bildung in Schulen festsetzt. Dieser Konsens setze einen Diskurs voraus:

Die AfD sei eindeutig gegen gute Bildung, attestiert eine Twitter-Nutzerin.

Nachahmung-Potenzial sieht dieser User: “Wenn das alle Lehrer in ganz Deutschland machen, sind die Listen völlig wirkungslos, weil eh alle drauf stehen.”

Der Post der GEW wurde bislang über 4.000 Mal geteilt, über 5.000 Personen klickten auf “Gefällt mir”.

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