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Warum protestieren so viele junge Franzosen gegen Macrons Rentenreform?

Warum protestieren so viele junge Franzosen gegen Macrons Rentenreform?

Seit Tagen wird in Frankreich gegen die geplante Rentenreform demonstriert. Die Regierung hat das Vorhaben dank des Verfassungsartikel 49.3 ohne Abstimmung durchs Parlament gebracht. Das hat das Fass zum Überlaufen gebracht, viele junge Leute gehen auf die Straße: Sie kämpfen nicht nur gegen die Rentenreform, sondern für mehr Demokratie. Die politische Situation ist verfahren, aktuell liegt das Projekt beim Verfassungsrat, der bis Mitte April entscheiden muss.

Für viele junge Menschen ist der Ruhestand eine abstrakte Idee. Angesichts von Problemen wie der globalen Erwärmung und der Arbeitslosigkeit hat die Generation Z anderes zu tun, als sich Gedanken über die Rente zu machen.

Seit der französische Präsident Emmanuel Macron im Januar angekündigt hat, das Renteneintrittsalter von 62 auf 64 Jahre anzuheben, gibt es in ganz Frankreich Demonstrationen gegen die Reform. Und junge Menschen stehen zunehmend an vorderster Front.

Der französische Präsident schafft es nicht, die Notwendigkeit dieser Reform zu vermitteln: In einem Tweet sagt er: "Diese Rentenreform ist eine Notwendigkeit für das Land. Mit meiner Entscheidung, sie durchzuführen, entscheide ich mich für das allgemeine Interesse. Wenn ich dafür Unpopularität in Kauf nehmen muss, dann werde ich sie in Kauf nehmen."

Euronews-Reporterin Anelise Borges ist den Gründen dafür in Paris nachgespürt.

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Euronews-Reporterin Anelise Borges interviewt den Physik-Studenten Mathis - euronews

Während einige junge Menschen über Macrons Reform besorgt sind, sagen viele, dass sie auf die Straße gehen, um ein allgemeines Gefühl der Unzufriedenheit auszudrücken.

Romane, eine 21-jährige Studentin, erzählte der Reporterin: "Wir sind gegen die gesamte Politik der Regierung. [...] Es geht um viel mehr als nur um die Reform."

Der Politologe Philippe Moreau-Chevrolet untermauert diesen Gedanken: "Es gibt eine Parallele zu den Protesten im Mai 68. 1968 hatten wir einen alten Präsidenten, De Gaulle, der für eine ältere Generation von Bedeutung war, aber nicht für die junge Generation. Und so ist es auch bei Emmanuel Macron - er ist der Präsident der Alten."

59,2 Prozent der 18- bis 24-Jährigen haben in der zweiten Runde der Präsidentschaftswahlen 2022 für Macron gestimmt, aber 41 Prozent dieser Altersgruppe haben überhaupt nicht gewählt. Un man darf auch nicht die vergessen, die vergangenes Jahr nicht alt genug waren, um zu wählen.

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Bei den Protesten geht es um mehr als die Rentenreform - euronews

Viele junge Demonstranten verteidigen ihr Recht, Einfluss auf die Entscheidungsfindung der Regierung zu nehmen. Um seine Reform zu verabschieden, hat Präsident Macron das Parlament unter Berufung auf Artikel 49.3 der französischen Verfassung umgangen, was von Gegnern als Bedrohung der Demokratie angesehen wird. Während die Regierung behauptet, ihr Vorgehen sei legitim und notwendig gewesen, haben einige das Gefühl, dass Macron zunehmend autokratisch wird.

Dazu kommt, dass junge Menschen, die meist keine Vollzeitbeschäftigung und keine Familie haben, bei Demonstrationen oft weniger zu verlieren haben. Je gewalttätiger die Anti-Reform-Kundgebungen werden, desto mehr steht auf dem Spiel. In Paris sprach Anelise Borges mit mehreren jungen Demonstranten, die in Polizeigewahrsam genommen worden waren.

Der 18-jährige Solal erzählte ihr: "Sie [die Polizei] haben mich erwischt und geschlagen. [...] Ihr Ziel ist es offensichtlich, uns zu entmutigen. [...] Aber das sollte, das wird nicht passieren."