Prozess wegen "Hochverrats" gegen russischen Oppositionellen Kara-Mursa begonnen
Der inhaftierte russische Oppositionelle Wladimir Kara-Mursa steht seit Montag wegen "Hochverrats" vor Gericht. Der Prozess gegen den 41-Jährigen begann hinter verschlossenen Türen vor einem Moskauer Gericht. Neben "Hochverrat" wirft die Staatsanwaltschaft ihm nach Angaben seines Anwalts vor, "Falschnachrichten" über die russische Armee verbreitet und für eine "unerwünschte" Organisation gearbeitet zu haben. Im Fall einer Verurteilung drohten ihm insgesamt bis zu 25 Jahre Haft.
"Wir sind in die stalinistische Zeit zurückgekehrt. Wir sind zu den enormen stalinistischen Strafen zurückgekehrt", sagte der Anwalt Wadim Prochorow nach der Gerichtsanhörung. Die russische Justiz wolle den Prozess gegen Kara-Mursa zudem "in kosmischer Geschwindigkeit" zu Ende bringen. Die nächste Anhörung sei schon für den kommenden Donnerstag angesetzt.
Kara-Mursa war im April vergangenen Jahres zunächst wegen des Vorwurfs der Verbreitung von Falschinformationen über das russische Militär in Untersuchungshaft genommen worden. Das Parlament in Moskau hatte nach dem Beginn des russischen Militäreinsatzes in der Ukraine ein Gesetz verabschiedet, das bis zu 15 Jahre Haft für die Verbreitung von "Falschnachrichten" über das Militär vorsieht. Die Vorwürfe gegen Kara-Mursa beziehen sich auf eine Rede vor dem Repräsentantenhaus des US-Bundesstaates Arizona im März vergangenen Jahres.
Im August wurde Kara-Mursa zudem vorgeworfen, mit einer als "unerwünscht" eingestuften Organisation zusammengearbeitet zu haben. Er steht auch auf der Liste ausländischer Agenten.
Im Oktober wurde Kara-Mursa dann auch noch wegen "Hochverrats" angeklagt, weil er sich auf drei öffentlichen Veranstaltungen im Ausland kritisch über die russische Regierung geäußert hatte. Diese Äußerungen hätten für Russland aber "keine Bedrohung" dargestellt, hatte sein Anwalt damals der staalichen Nachrichtenagentur Tass gesagt.
Der bekannte Kreml-Kritiker und ehemalige Journalist war ein Vertrauter des im Jahr 2015 nahe des Kreml ermordeten Oppositionspolitikers Boris Nemzow und steht auch dem russischen Regierungskritiker Michail Chodorkowski nahe. Kara-Mursa gibt an, wegen seines politischen Engagements bereits zweimal Opfer von Giftanschlägen geworden zu sein.
Der 41-Jährige, der im Alter von 15 Jahren mit seiner Mutter nach Großbritannien ausgewandert war und deshalb auch die britische Staatsbürgerschaft hat, gehört zu den wenigen noch in Russland lebenden prominenten Oppositionellen. Im Oktober wurde er mit dem Vaclav-Havel-Preis des Europarats ausgezeichnet.
bur/mid/kbh