Putin: Ukrainischer Vorstoß in Kursk wird Russlands Offensive nicht stoppen

Angesichts des ukrainischen Vorstoßes auf russisches Staatsgebiet hat Kreml-Chef Wladimir Putin seinen Landsleuten versichert, dass Moskaus Offensive im Nachbarland trotzdem unvermindert weitergehen werde. (Vyacheslav PROKOFYEV)
Angesichts des ukrainischen Vorstoßes auf russisches Staatsgebiet hat Kreml-Chef Wladimir Putin seinen Landsleuten versichert, dass Moskaus Offensive im Nachbarland trotzdem unvermindert weitergehen werde. (Vyacheslav PROKOFYEV)

Angesichts des ukrainischen Vorstoßes auf russisches Staatsgebiet hat Kreml-Chef Wladimir Putin seinen Landsleuten versichert, dass Moskaus Offensive im Nachbarland trotzdem unvermindert weitergehen werde. Die Armee mache in der Ostukraine Fortschritte in einem "Tempo, wie wir es lange nicht mehr hatten", sagte Putin am Montag vor Schulkindern in Sibirien. Laut einer AFP-Berechnung auf Grundlage von Daten der US-Denkfabrik Institute for the Study of War (ISW) verzeichnete die russische Armee im vergangenen Monat in der Ukraine den stärksten Geländegewinn seit Oktober 2022.

Zum ukrainischen Vorstoß in der russischen Region Kursk sagte Putin bei dem Besuch im sibirischen Kisil zum Beginn des neuen Schuljahres: "Ihr Kalkül war es, unsere Offensiv-Aktionen in wichtigen Teilen des Donbass zu stoppen." Doch das Ergebnis sei "eindeutig". Der Feind habe sein "Hauptziel, unsere Offensive im Donbass zu stoppen, nicht erreicht".

Putin räumte zugleich ein, dass die Menschen in Russland "schwierige Erfahrungen" machten, insbesondere in der Region Kursk. "Wir müssen uns natürlich mit diesen Banditen auseinandersetzen, die in die Russische Föderation eingedrungen sind und versuchen, die Lage in den Grenzgebieten zu destabilisieren."

Durch den überraschenden Vorstoß der Ukraine in der westrussischen Region Kursk seit dem 6. August wurden rund 130.000 Menschen vertrieben. Kiew zufolge bestand eines der Ziele des Vorstoßes in Kursk darin, die russische Armee in die Enge zu treiben und sie dazu zu zwingen, Armee-Einheiten aus der Ostukraine abzuziehen. Die ukrainischen Truppen kontrollieren inzwischen Teile der Grenzregion im Nachbarland, die russische Armee treibt ihren Aggressionskrieg in der Ukraine dessen ungeachtet aber weiter voran.

Die Ukraine wurde indes in der Nacht zum Montag nach Angaben von Präsident Wolodymyr Selenskyj landesweit mit insgesamt 35 Raketen und 23 Drohnen angegriffen. Davon seien 22 Raketen und 20 Drohnen zerstört worden, erklärte Selenskyj. In der Hauptstadt Kiew waren nach Angaben von Korrespondenten der Nachrichtenagentur AFP laute Explosionen zu hören. Der Stadtverwaltung zufolge wurden drei Menschen verletzt. Zudem sei ein muslimisches Kulturzentrum schwer beschädigt worden.

In der Stadt Sumy im Nordosten des Landes wurden den Behörden zufolge ein Sozialzentrum für Kinder sowie ein Waisenhaus von einer russischen Rakete getroffen. Dabei seien 13 Menschen verletzt worden, darunter vier Minderjährige, teilte Sumys Bürgermeister Oleksandr Lysenko auf Telegram mit. In der Region Charkiw wurde nach Behördenangaben eine 65-jährige Frau getötet.

Russland hat eigenen Angaben zufolge den vergangenen Wochen mehrere Ortschaften in der Ostukraine erobert und erklärt, sich der für die Versorgung ukrainischer Truppen an der Front strategisch wichtigen Stadt Pokrowsk zu nähern. Am Montag meldete das russische Verteidigungsministerium die Einnahme der Ortschaft Skutschne in der Region Donezk.

Selenskyj erklärte seinerseits, die Frontlinie habe sich nicht verschoben. "In Richtung Pokrowsk (...) gibt es seit zwei Tagen keine Fortschritte mehr. Das hat mir der Oberbefehlshaber gesagt", erklärte Selenskyj am Montag. Er fügte hinzu, dass die ukrainischen Streitkräfte bei ihrer Kursk-Offensive mehr als 600 russische Soldaten gefangen genommen hätten, die Kiew gegen von Russland gefangen gehaltene ukrainische Soldaten austauschen wolle.

Auf der russischen Seite berichtete der Gouverneur der Grenzregion Belgorod, Wjatscheslaw Gladkow, von einem nächtlichen ukrainischen Luftangriff. Dabei sei ein Mensch verletzt und unter anderem ein Geschäft und eine Infrastruktur-Einrichtung in der Stadt Belgorod beschädigt worden.

Wie AFP auf Grundlagen von Daten der ISW zu bestätigten und beanspruchten Geländegewinnen errechnete, brachte die russische Armee im August in der Ukraine 477 Quadratkilometer unter ihre Kontrolle. Das ist der größte russische Geländegewinn seit Oktober 2022.

Die ukrainische Armee ist den Daten zufolge ihrerseits bei ihrer Offensive in Kursk Anfang August rasch vorgerückt. Innerhalb von zwei Wochen eroberte sie demnach gut 1100 Quadratkilometer. In den vergangenen Wochen verlangsamte sich der Vormarsch der ukrainischen Armee jedoch. Zuletzt hielt die ukrainische Armee den Berechnungen zufolge eine Fläche zwischen 1150 und 1300 Quadratkilometern in der Region Kursk besetzt.

kbh/bfi