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Quantenmechanik im Weltall: Wissenschaftler wollen den kältesten Punkt im Universum kreieren

Die Internationale Raumstation bei Sonnenaufgang. (Bild: Getty Images)
Die Internationale Raumstation bei Sonnenaufgang. (Bild: Getty Images)

Die Welt der Quantenphysik ist voller Wunder und ungelöster Rätsel. Das Verhalten der kleinsten Teilchen beschäftigt Wissenschaftler seit Jahrzehnten. Nun soll in der Internationalen Raumstation ISS ein revolutionäres Experiment starten: Durch Abkühlung eines kleinen Labors auf annähernd minus 273,15 Grad Celsius bei Schwerelosigkeit sollen neue Erkenntnisse gewonnen werden.

Ein Labor in der Größe eines Koffers soll der Menschheit helfen, das Universum besser zu verstehen. Dafür wurde das sogenannte „Cold Atom Laboratory“ (CAL) ins Weltall geschossen, wo es an Bord der Internationalen Raumstation ISS auf seinen Einsatz wartet. Das Experimentierkästchen soll auf eine Temperatur abgekühlt werden, die dem „absoluten Nullpunkt“ sehr nahe kommt. Bei dieser bisher nur in der Theorie existierenden Temperatur kommen Bewegungen zum Stillstand; sie beträgt minus 273,15 Grad Celsius.

Das würde Wissenschaftlern auf der Erde beispielsweise die Gelegenheit geben, Bose-Einstein-Kondensate zu beobachten. Das sind Teilchen, die miteinander so verbunden sind, dass sie einen undefinierbaren Aggregatzustand annehmen. Sie sind also weder fest noch flüssig oder gasförmig. Das Verhalten dieser Systeme ist Wissenschaftlern ein Rätsel.

Auch wollen sie dem Prozess der „Quantenverschränkung“ auf den Grund gehen, der schon Anwendung gefunden hat, ohne, dass Physiker sich darüber einig sind, was genau dabei passiert: Im Jahr 2017 versendete ein chinesischer „Quantum-Satellit“ eine „unknackbare Nachricht“ über 1.200 Kilometer durch den Orbit an die Erde, indem zwei Partikel sich absolut identisch verhielten, obwohl sie hunderte Kilometer voneinander entfernt waren. Es scheint, als sei bei der Quantenverschränkung dasselbe Teilchen an zwei Orten gleichzeitig.

Zwar wurden auch auf der Erde durch Laserkühlung schon Teilchen nahe dem absoluten Nullpunkt abgekühlt, doch verhinderte die Gravitation der Erde eine genaue Beobachtung derselben. Den Wissenschaftlern blieb nur der Bruchteil einer Millisekunde, bevor der Einfluss der Erdanziehungskraft die Ergebnisse verfälschte. Um die Reaktion der kleinsten Teilchen zu untersuchen, wird eine Umgebung gebraucht, die möglichst wenig Einfluss auf die Materie nimmt. Die Schwerelosigkeit des Weltalls soll die Bedingungen für Experimente verbessern. Laut dem an dem Projekt beteiligten Wissenschaftler Robert Thompson können die Reaktionen der Teilchen nun bis zu zehn Sekunden lang beobachtet werden, wie er „NBC“ erklärt.

Die Quantenphysik ist eine der Hauptsäulen der modernen Physik. Erkenntnisse und Theorien aus dem Bereich der kleinsten bekannten Teilchen haben der Menschheit zu technologischen Errungenschaften wie GPS-Geräten und Lasern verholfen. Und doch sind sich Wissenschaftler über vieles in der Welt der kleinsten Teilchen im Unklaren.