Die Rückholaktion Hummels - das verspricht sich der BVB davon

Mats Hummels steht vor einer Rückkehr zu Borussia Dortmund.

Ein Wechsel, den bis vor wenigen Tagen nun wirklich niemand auf dem Zettel hatte. Und der auf den ersten Blick für keine der drei Parteien einen signifikanten Mehrwert darstellt.

Die Bayern würden ihren konstantesten Innenverteidiger an den Hauptkonkurrenten um die Deutsche Meisterschaft verlieren.

Hummels selbst ließe sein soziales Umfeld in München erneut zurück, würde aller Voraussicht nach auf Gehalt verzichten - und die Chancen auf Titel sind in Dortmund immer noch geringer als beim FC Bayern.

"Auffangbecken" BVB

Und Borussia Dortmund? Was verspricht sich der BVB von der Rückkehr seines "verlorenen Sohnes"?

Die Wiederaufnahme ehemaliger verdienter Spieler ist bei den Schwarz-Gelben in den vergangenen Jahren beinahe Routine geworden. Von Nuri Sahin oder Shinji Kagawa bis hin zu Mario Götze – wer bei seinem neuen Verein nicht wirklich glücklich wurde, dem gibt der BVB eine zweite Chance.

Natürlich ist auch der BVB kein Wohlfahrtsverein. Auch in Dortmund zählen in erster Linie Leistung und Qualität.

Diese sind bei Mats Hummels zweifelsohne vorhanden. Nach einer eher durchwachsenen Hinrunde, in der er unter Niko Kovac zwischen Bank und Startelf Konstanz und Souveränität vergangener Tage vermissen ließ, legte er in der abgelaufenen Rückrunde eindeutig den Hebel um.

Vor allem in den "Big Games" im entscheidenden Meisterschaftsspiel gegen den BVB sowie im Champions-League-Hinspiel gegen den FC Liverpool wusste der 30-Jährige klar zu überzeugen.

Das fehlende Puzzleteil

Und genau diese Tatsache dürfte in den Überlegungen der BVB-Verantwortlichen richtungsweisend gewesen sein. Gerade in den mental sehr herausfordernden Begegnungen fehlte der jungen und neu geformten Truppe von Lucien Favre die Erfahrung.

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Beim desaströsen 0:5 in München begann man gut, verlor aber nach einem Standard-Gegentor vollkommen den Faden - unter den Torschützen der Bayern im Übrigen: Hummels. Gleiches Schema im Hinspiel des Champions-League-Achtelfinals gegen die Tottenham Hotspur. Auch dort war ein Gegentor nach Eckstoß der Anfang vom Ende aller Titel-Träume für den BVB.

Bei aller berechtigten Lobeshymnen über die neu gewonnenen Leader-Qualitäten von Marco Reus: Der Mannschaft fehlte in schwierigen Phasen ein Spieler, der Ruhe ausstrahlt. Nicht nur am Ball, sondern auch mit Ansagen und Körpersprache. Die Aura eines Hummels' in Topform hätte der jungen Mannschaft in den entscheidenden Phasen der Saison definitiv Stabilität verliehen.

Aus Sicht von Hans-Joachim Watzke und Michael Zorc scheint Hummels das fehlende Puzzleteil zur Mission Meisterschaft zu sein. Und das, obwohl der Innenverteidiger dieses Jahr 31 Jahre alt wird - kein Transfer für die langfristige Zukunft. Aber was heißt schon langfristig?

Kleines Zeitfenster Meisterschaft

Der Zeitpunkt für Borussia Dortmund, den Bayern mal wieder die Schale streitig zu machen, erscheint nicht so ungünstig.

Der Rekordmeister befindet sich im Umbruch, der Trainer ist trotz des Doubles intern immer noch umstritten. Und ob die Bayern ihre Wunschtransfers in diesem Sommer gestemmt bekommen, bleibt ebenfalls offen.

Die Dortmunder Einkäufe von Julian Brandt, Thorgan Hazard und Nico Schulz waren dagegen bereits ein klares Zeichen an den Rekordmeister - mit Hummels würde dem BVB jedoch der heimliche Königstransfer gelingen.

Keine gewöhnliche Rückholaktion

Mit Hummels erhält der BVB einen internationalen Top-Innenverteidiger, der auf Anhieb funktioniert, der den Verein in- und auswendig kennt und von dem sich die vielen Defensiv-Rohdiamanten um Manuel Akanji, Dan-Axel Zagadou und Abdou Diallo einiges abschauen können - die an seiner Seite wachsen können.

Genau hier hebt sich ein möglicher Hummels-Transfer von den vorherigen Rückholaktionen des BVB ab: Der Ex-Nationalspieler muss nicht wieder aufgepeppelt werden, sein Selbstvertrauen ist intakt.

Die Eingewöhnungszeit dürfte relativ reibungslos verlaufen - trotz der sehr speziellen Anforderungen von Favre.

Geringes Risiko

Natürlich birgt der Transfer auch gewisse Risiken.

Die angesprochene Defensiv-Brigade wird in erster Linie nicht nur profitieren. Ein Hummels-Transfer bedeutet weniger Spielpraxis für die Konkurrenten. Denn klar ist: Kommt Hummels, ist er gesetzt.

Weiteres Risiko-Potenzial aus Sicht des BVB steht auf der Südtribüne. Die hochemotionale und sensible Anhängerschaft der Schwarz-Gelben hat dem Innenverteidiger seinen Wechsel zum FC Bayern vor drei Jahren noch nicht gänzlich verziehen.

Dass dies jedoch gelingen kann, zeigt das aktuelle Beispiel Mario Götze.

Das Motto beim BVB dürfte in der nächsten Saison lauten: "Wenn nicht jetzt, wann dann?" Und den Westfalen würde etwas gelingen, das über Jahrzehnte nur den Bayern vorbehalten war: Mit Spieler-Transfers die direkte Konkurrenz im Kampf um die Deutsche Meisterschaft zu schwächen.