Bei Rücktritt von SPD-General Kühnert - Emotionales Geständnis von Ricarda Lang: „Ich saß vor meinem Handy und habe geweint“

Zwei Rücktritte in kurzer Zeit: Ricarda Lang legt ihr Amt als Grünen-Chefin ab, Kevin Kühnert das des SPD-Generalsekretärs<span class="copyright">Joerg Carstensen/dpa</span>
Zwei Rücktritte in kurzer Zeit: Ricarda Lang legt ihr Amt als Grünen-Chefin ab, Kevin Kühnert das des SPD-GeneralsekretärsJoerg Carstensen/dpa

Ricarda Lang spricht in einem Interview über ihre Amtszeit als Parteivorsitzenden der Grünen und über ein persönliches Scheitern. Die scheidende Grünen-Vorsitzende gibt Einblicke, wie sehr sie der Rücktritt Kevin Kühnerts emotional getroffen hat.

Die scheidende Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang bezeichnet den Tag ihres Rücktritts aus der Parteispitze der Grünen zwar als „traurig“, dennoch habe sie sich auch „befreit“ gefühlt. Emotional betroffen sei Lang allerdings vom Rückzug des SPD-Generalsekretärs Kevin Kühnerts, wie die Grünen-Politikerin in einem Interview mit der „Zeit“ verrät. „Jetzt geht es ihm schlecht und er steigt erst mal aus. Das tat mir erst mal für ihn als Freund total leid“, so Lang. „Ich saß vor meinem Handy und habe geweint.“

Lang blickt zudem auf ihre Amtszeit als Parteivorsitzenden ihrer Partei zurück und spricht über mögliche Fehler. „Ich habe versucht, so wenig Angriffsfläche wie möglich zu bieten, so ernsthaft, glatt und perfekt wie möglich zu sein. Heute glaube ich, dass man sich dadurch kleinmacht.“

„Sie lernen als Politiker, nach den Regeln zu spielen“

Dass die Grünen weiter als Partei der Besserverdienenden angesehen wird, fühlt sich für die 30-Jährige wie ein „persönliches Scheitern“ an. „Gerade wird meine Partei wieder stärker als Elitenprojekt wahrgenommen – bei der sozialen Frage, aber auch kulturell und habituell“, betont Lang. „Ich bin nach wie vor überzeugt: Wir Grüne können das Ausgreifen in die Mitte komplett vergessen, wenn wir als Elitenprojekt wahrgenommen werden." Zudem sieht Lang ein weiteres Problem: „Auch erfolgreichen Klimaschutz können wir dann vergessen.“

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Seit ihrem Rücktritt bekomme die Grünen-Politikerin oft gesagt, dass sie nun freier spreche. Laut Lang wäre dies vorher nicht so leicht möglich gewesen, da sie dadurch „das ganze Setting, die ganzen Prämissen des Berliner Betriebs infrage“ gestellt hätte. „Sie lernen als Politiker, nach den Regeln zu spielen“, gibt die Grünen-Politikerin offen zu. „Im Nachhinein denke ich, dass wir viele Mauern auch im eigenen Kopf aufbauen. Und dass es diese Mauern einzureißen gilt.“

In etwa vier Wochen gibt Lang den Parteivorsitz an ihre Nachfolger ab. Zwar falle es ihr natürlich schwer „Macht und Einfluss aufzugeben“, dennoch sagt Lang. „Auch wenn sich das manche nicht vorstellen können: Ich glaube, ein Leben ohne Spitzenamt ist gar nicht so schlimm.“