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RBB-Affäre: Rundfunkrat beruft Patricia Schlesinger wegen privater Abendessen und London-Trip als Intendantin ab

Nach den Vorwürfen gegen sie trat Patricia Schlesinger als Intendantin des Rundfunks Berlin-Brandenburg zurück. Nun hat auch der Rundfunkrat des Senders ihre sofortige Abberufung beschlossen. - Copyright: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Britta Pedersen
Nach den Vorwürfen gegen sie trat Patricia Schlesinger als Intendantin des Rundfunks Berlin-Brandenburg zurück. Nun hat auch der Rundfunkrat des Senders ihre sofortige Abberufung beschlossen. - Copyright: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Britta Pedersen

Der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) treibt die Trennung von seiner bisherigen Intendantin Patricia Schlesinger voran. Am Montag stimmten 22 Mitglieder des Rundfunkrats in einer Sondersitzung dafür, die 61-Jährige mit sofortiger Wirkung als Sender-Chefin abzuberufen. Bei der Abstimmung gab es eine Enthaltung. Nun muss der Verwaltungsrat des öffentlich-rechtlichen Senders entscheiden, ob er den Dienstvertrag mit Schlesinger fristlos kündigt. Dann wird es auch um eine mögliche Abfindung und Pensionsansprüche gehen.

Die Ex-Journalistin hatte aufgrund massiver Vorwürfe gegen ihre Person bereits ihren Rücktritt als Intendantin erklärt. Die RBB-Affäre dreht sich um mutmaßliche Vetternwirtschaft, teure Abendessen und eine Englandreise auf Kosten der Beitragszahler des öffentlich-rechtlichen Senders, aber auch um den mit hohem "Regierungsrabatt" geleasten Dienstwagen von Schlesinger und den kostspieligen Umbau ihrer Chefetage im Berliner Funkhaus für 1,4 Millionen Euro.

Der Rundfunkrat begründete die Abberufung von Schlesinger unter anderem mit neun Abendessen, die Schlesinger in ihrer Privatwohnung veranstaltet und über den RBB abgerechnet hatte. Schlesinger hatte erklärt, sie habe sich zu Hause mit "Multiplikatoren" getroffen. Doch war zumindest für einzelne der hochrangigen Gäste ein beruflicher Anlass nicht erkennbar. So sagte die Berliner Polizeichefin Barbara Slowik, die am 12. Februar bei Schlesinger eingeladen gewesen war, das Treffen sei für sie "rein privater Natur" gewesen. Darüber hinaus ging es im Rundfunkrat auch um einen London-Trip mit ihrem Ehemann und Freunden, den die RBB-Intendantin ebenfalls von ihrem Arbeitgeber hatte bezahlen lassen.

Medienbericht: Schlesinger erklärt und entschuldigt sich bei RBB-Mitarbeitern

Offenbar bezog Schlesinger im Rundfunkrat nicht nur Stellung zu einigen der Vorwürfe gegen sie. Nach einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" soll sie sich auch bei den Mitarbeitern ihres Senders entschuldigt haben. So geht es aus einem Redemanuskript hervor, aus dem die SZ am Nachmittag zitierte. Darin heißt es unter anderem: "Dass ich jetzt so ausscheide, mit Schaden für das System, ist mit das Bitterste daran. Möge er zu heilen sein." Schlesinger soll vor dem Kontrollgremium gesagt haben, sie wolle einiges erklären und "zurechtrücken".

Laut SZ-Bericht enthält das Manuskript auch eine Erklärung zu den Abendessen, für die Schlesinger den RBB hatte aufkommen lassen. Das könnte ihr nun eine fristlose Kündigung einbringen. Ihr sei als Intendantin von Menschen aus Politik, Wirtschaft und Institutionen immer wieder signalisiert worden, dass zum RBB kein direkter Kontakt bestehe, soll Schlesinger im Rundfunkrat gesagt haben. Daher habe sie im Rahmen ihrer Kernaufgaben nach einem "Format für Multiplikatoren, für interessante Menschen zum Austausch" gesucht. Aus Kostengründen soll sie entschieden haben, die Zusammenkünfte "an meinem Esstisch zu machen", wird Schlesinger zitiert. Das würde sie heute "so nicht mehr wiederholen".

Schlesinger hatte den Intendantenposten beim RBB im Jahr 2016 übernommen. Seit Juni waren zahlreiche Vorwürfe gegen sie bekannt geworden. Schlesinger zog sich zunächst als ARD-Chefin zurück, ehe sie auch ihr Spitzenamt beim RBB niederlegte. Zwischenzeitlich ermittelt die Berliner Staatsanwaltschaft gegen sie, ihren Ehemann und den als RBB-Verwaltungsratschef zurückgetretenen Wolf-Dieter Wolf wegen des Verdachts der Untreue und der Vorteilsnahme in der Affäre um Schlesinger. Das Verfahren konzentriert sich auf mutmaßliche Vetternwirtschaft bei Vergabeverfahren. Wie Business Insider enthüllt hatte, beschäftigte der RBB zwischen 2019 und 2022 Berater, die Verwaltungsratschef Wolf empfohlen hatte und mit denen er eine geschäftliche Beziehung pflegt. Auf der anderen Seite soll Wolf als Aufsichtsratschef der Berliner Messe angestoßen haben, dass Schlesingers Ehemanns einen lukrativen Auftrag als Mediencoach erhält.