Regeln für Künstliche Intelligenz nehmen Hürde im EU-Parlament
Die geplanten EU-Regeln für Künstliche Intelligenz (KI) haben eine wichtige Hürde im Europaparlament genommen: Abgeordnete stimmten am Donnerstag in Straßburg mit breiter Mehrheit für strenge Auflagen für Gesichtserkennungssysteme oder andere Anwendungen. Die EU wäre der erste Wirtschaftsraum weltweit, der gesetzliche Vorschriften für Künstliche Intelligenz erlässt.
Abgeordnete nannten das Votum "historisch". Die federführenden Ausschüsse für Binnenmarkt und Verbraucherschutz sowie bürgerliche Freiheiten stimmten nach einer Parlamentserklärung dafür, dass Künstliche Intelligenz "sicher, transparent, rückverfolgbar, nicht diskriminierend und umweltfreundlich" sein muss.
Konkret sprachen sich die Parlamentarier für strenge Vorgaben für "Hochrisiko"-Anwendungen aus und sogar für ein Verbot hoch manipulativer KI. Tabu sollten nach Ansicht der Abgeordneten etwa biometrische Systeme zur Gesichtserkennung im öffentlichen Raum sein, die diskriminierend wirken oder die Freiheitsrechte einschränken. Extrem kritisch sieht das Parlament auch Anwendungen zur Gefühlserkennung. Verbraucher sollen bei riskanten Anwendungen Informations- und Beschwerderechte erhalten.
Das sind schärfere Auflagen als sie die EU-Kommission vorschlägt. "KI muss immer die Rechte der Menschen achten", hatte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gemahnt. Im April 2021 schlug ihre Brüsseler Behörde eine Verordnung vor - den sogenannten Artificial Intelligence (AI) Act - der den ersten Rechtsrahmen weltweit bilden soll.
Über Künstliche Intelligenz wird derzeit in vielen Ländern diskutiert, der Technologie-Milliardär Elon Musk und Experten forderten wegen der Risiken sogar einen vorläufigen Entwicklungsstopp. Viele Fragen gibt es etwa zu ChatGPT - einer Anwendung, die Menschen schriftlich Fragen beantwortet und so in eine Art Dialog eintritt. Der Wahrheitsgehalt der Aussagen lässt sich allerdings nicht ohne Weiteres überprüfen.
KI kann auch Bilder bearbeiten, die dann täuschend echt wirken. Zuletzt sorgte etwa ein Foto des Papstes in einem Designermantel im Internet für Aufsehen oder das Bild einer fiktiven Verhaftung des früheren US-Präsidenten Donald Trump. Die Entwickler solcher Systeme sollen nach dem Parlamentsvotum einen "robusten Schutz der Grundrechte, der Gesundheit und Sicherheit" von Verbrauchern garantieren.
Viele Menschen seien besorgt über "unkalkulierbare Risiken, eine Fake-News-Schwemme und Arbeitsplatzverluste", erklärte der TÜV-Verband als Dachorganisation der deutschen Prüfvereine. Nach einer Verbandsumfrage unterstützen 84 Prozent der Deutschen gesetzliche Vorgaben. Auch der europäische Verbraucherverband BEUC begrüßte das Eintreten der Parlamentarier für möglichst strenge Regeln.
Forscher und Industrie warnen dagegen vor zu harten Auflagen: "Wir warnen davor, KI durch ein Übermaß an Regulierung aus Deutschland und Europa zu vertreiben", erklärte der deutsche Branchenverband Bitkom. Der deutsche EU-Abgeordnete Axel Voss (CDU) warnte vor einem "angstgetriebenen Umgang" mit den neuen Technologien.
Als nächstes stimmt Mitte Juni das Plenum des Europaparlaments ab. Das Votum ist Grundlage für die Verhandlungen mit den Mitgliedsländern. Diese hatten sich Ende des vergangenen Jahres im Grundsatz auf eine Regulierung Künstlicher Intelligenz verständigt.
Für Deutschland verhandelt auf EU-Ebene das Bundesministerium für Digitales und Verkehr unter dem FDP-Politiker Volker Wissing. Er will übermäßige Bürokratie verhindern, zum Beispiel beim Einsatz Künstlicher Intelligenz für innovative Anwendungen wie das autonome Fahren.
lob/pe