„Regt euch doch auf“ - Kolumne von Julia Ruhs - Bloß nicht gegen Migranten! Wenn Uwe und Detlev das neue Feindbild sind

Bloß nicht gegen Migranten! Wenn Uwe und Detlev das neue Feindbild sind <span class="copyright">Getty Images / FOL</span>
Bloß nicht gegen Migranten! Wenn Uwe und Detlev das neue Feindbild sind Getty Images / FOL

Eine neue Form des Hasses scheint okay zu sein: Männerhass. Aber nur auf ganz bestimmte Männer, auf Uwe, Detlev und Marcel. Weiß, deutsch, durchschnittlich. Am besten noch „rechts“, dann ist das Feindbild komplett. Bloß über eine Sache wird gern geschwiegen.

Mit dem heutigen Feminismus stehe ich in Teilen auf Kriegsfuß. Weil er mir zu radikal ist, aber gleichzeitig so blind. Vor kurzem las ich im „Spiegel“ einen Artikel zum Thema mit dem Titel: „Die Welt könnte so schön sein ohne euch." Die Autorin beklagte: „Ich bin wütend und ich bin traurig. Weil sich nichts ändert. Weil sich Klimakrise, Kriege, Despotie und Diktatur, fast jedes große Pro­blem, auf eine gemeinsame Ursache zurückführen lassen: Männer.“ Sie schreibt weiter: „Solange es Männer gibt, gibt es keine sicheren Orte. Nirgendwo.“ Und: „Ihr seid unser Problem, alle.“

Repräsentanten des verhassten Patriarchats sind das neue Feindbild

Ich finde das schrecklich pauschal. Ein kleiner Schauer lief mir beim Lesen über den Rücken, denn: Man möge sich mal vorstellen, es wäre die Rede von einer anderen Gruppe. Was würden sich alle aufregen, von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit sprechen. Aber bei Männern darf man das ja. Also bei weißen Hetero-Männern ohne Behinderungen, bei den Normalos. Sie sind keine vulnerable Gruppe, sondern Repräsentanten des verhassten Patriarchats. Freigegeben für den (weiblichen) Hass.

Der Mann, das fleischgewordene Böse

Und es passt ja alles auch gut ins Weltbild: Sind es doch vor allem Männer, die rechtsextrem wählen. Das habe man bei den ostdeutschen Landtagswahlen gesehen, argumentiert die Autorin. Der Mann, das fleischgewordene Böse, logisch. Wer dann noch über einen Beitrag des „Deutschlandfunks“ stolpert, in dem ein Wirtschaftswissenschaftler erklärt, dass Männer die Gesellschaft pro Jahr mindestens 63 Milliarden Euro mehr kosten als Frauen – weil Männer alle Statistiken zu Unfällen, Straftaten und Sucht dominieren – und zudem Gefängnis-Insassen zu über 90 Prozent Männer sind, der muss wohl zu dem Schluss kommen: Die Welt wäre so viel besser dran nur mit Frauen.

Wer sich aus der Kollektivhaft der Feministinnen freikämpfen will, für den gibt es selbstverständlich Anleitungen. To-Do-Listen hin zum feministischen Mann: Lesen Sie Bücher von Frauen, hören Sie Musik von Frauen! Lassen Sie Frauen ausreden! Informieren Sie sich über Menstruation! Werden Sie nicht wütend, wenn Sie auf Ihre Privilegien angesprochen werden! Tut man als Mann all das (und noch viel mehr), dann winkt die feministische Absolution. Dann kann man auch als Abgehöriger des Täter-Geschlechts zum besseren Menschen werden.

Auch die „toxische Männlichkeit“ wandert zu uns ein

Bloß bei einer Sache schauen die heutigen Feministinnen gekonnt weg. Wenn es nicht mehr um Detlev und Marcel geht, sondern um zugewanderte Männer. Um deren „toxische Männlichkeit“. Da sie oft aus islamischen, patriarchal geprägten Ländern stammen, liegt es nicht allzu fern, dass ein Teil dieses Patriarchats mit einwandert. Dass viele von ihnen viel rückständiger denken, als es die hier sozialisierten Männer tun.

Seit 2015 kommen jedes Jahr hunderttausende Asylbewerber ins Land – immer vor allem Männer. Dieses Jahr sind es bislang knapp 70 Prozent. Wenn die „Spiegel“-Autorin also findet, „alle Männer“ sind ein Problem, dann müsste sie auch ein Problem mit den vielen männlichen Flüchtlingen haben. Denn zur Wahrheit gehört dazu: Wären seit 2015 weniger junge Männer ins Land gekommen, es gäbe in Deutschland heute weniger Verbrechen. Es gäbe auch weniger Sexualdelikte. Bloß da redet man als „moderne“, intersektionale Feministin (wach für jegliche Diskriminierungsform) nicht gern drüber. Weil Frauen eine Opfergruppe sind, Migranten aber auch.

Kämen nur weibliche Flüchtlinge, hätten Frauen weniger Angst

Letztens habe ich mit einer Freundin folgendes Gedankenspiel gemacht: Was wäre eigentlich, wenn nur Frauen als Flüchtlinge kämen, zum Beispiel Afghaninnen? „Ja, die können kommen“, meinte sie sofort. Schon seltsam, haben wir festgestellt: Wenn die Großstadt, die jährlich zu uns einwandert, nur aus Frauen bestünde, Migration verlöre in unseren Köpfen viel an Widerstand. Wahrscheinlich ist es auch deshalb recht still um die ukrainischen Flüchtlinge. Vor den vielen Frauen und Kindern braucht man keine Angst haben.

Versteht mich nicht falsch, ich finde längst nicht alles schlecht, auf was die heutigen Feministinnen pochen. Auf den Checklisten hin zum feministischen Mann steht auch so etwas wie: „Laufen Sie nachts nicht dicht hinter Frauen her, auch wenn Sie den gleichen Weg haben. Gehen Sie langsamer oder wechseln Sie die Straßenseite.“ Wenn solche Dinge in mehr männlichen Köpfen ankommen, wäre auch ich froh. Bloß frage ich mich, ob auch ein Integrationskurs so viel Aufklärung leisten kann.

Ich hätte da eine Idee

Wahrscheinlich wirft mir nun wieder jemand vor, ich würde das Männer-sind-böse-Thema rassistisch instrumentalisieren. Dabei will ich nur, dass wir nicht so unehrlich sind mit manchen Dingen, wenn es schon ständig gegen „das Patriarchat“ geht. Wenn wir hart mit Uwe und Detlev ins Gericht gehen, dann bitte auch mit einem kriminell gewordenen Ahmed oder Mohammed. Die werden wir im Zweifel nämlich wieder los. (Klingt hart, aber so ist es nun mal.)

Ich hätte jedoch eine Idee, für die sich alle ein wenig überwinden müssten. Die aber für Versöhnung sorgen könnte. Eine, mit der die Kriminalität nur gering ansteigen würde. Frauen sich nicht noch mehr Sorgen machen müssten. Und mehr Terroranschläge auch eher unwahrscheinlich sind: Ich denke an eine Frauenquote – für Flüchtlinge. Oder gar daran, nur noch Frauen ins Land zu lassen. So lange, bis genauso viele geflüchtete Frauen da sind wie Männer. Wäre doch völlig fair, schließlich ist der Gender-Gap langsam groß genug.

Weniger Flüchtlinge und weniger Männer. Rechtlich ist das bestimmt schwierig, aber das heißt es ja immer. Und wie wir unlängst wieder einmal sahen: Wo ein politischer Wille da ist, ist auch ein Weg.