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Renten am Morgen: Bonds im Bann von FOMO und Fallzahlen

(Bloomberg) -- Die Kernlandbonds haben ihre Kursgewinne am Donnerstag bis zum Handelsschluss wieder abgegeben und mit zunehmender Risikofreude kaum verändert geschlossen. Erneut wurde deutlich, dass noch tiefere Renditen für die Anleihen auf den Kernländern ohne weitere kräftige Impulse kaum zu rechtfertigen sind. Und die Aktienmärkte lieferten diese Impulse bislang nicht, da auf kräftigere Kursverluste immer wieder Anschlusskäufe auf dem leicht ermäßigten Niveau erfolgten. “The Fear Of Missing Out” ist weiterhin sehr stark.

Wirtschaftsdaten wie das Ifo-Geschäftsklima, französische Stimmungsindikatoren oder auch die Einkaufsmanagerindizes weisen auf eine Fortsetzung des Aufschwungs im Euroraum hin - auch wenn sie die Erwartungen überwiegend nicht ganz erfüllen konnten. Noch gibt es für die Europäische Zentralbank keinen Handlungsbedarf, die Zinsschraube zu lockern. Vor allem Zinssenkungsfantasie dürfte den Renditen der Kernlandbonds weiteres Abwärtspotenzial ermöglichen.

Nach den Kursgewinnen seit Montag legten die italienischen Staatspapiere am Donnerstag eine Verschnaufpause ein. Vermutlich nahmen einige Anleger ein paar Gewinne mit, was in Anbetracht der Kursbewegung der BTPs keine Überraschung sein sollte. Die Pendants von der iberischen Halbinsel konnten sich dem Sog der BTPs nicht ganz entziehen und mussten ebenfalls Renditeanstiege zwischen zwei und drei Basispunkten hinnehmen. Nichtsdestoweniger dürfte die Peripherie in Zukunft gesucht bleiben.

Durch die Zuteilung des TLTRO III mit 174,5 Milliarden Euro sollte die Überschussliquidität, die bei der Europäischen Zentralbank geparkt wird, einen weiteren Schub erhalten. Zugleich dürfte das kurze Ende der Zinskurven aus der Peripherie - insbesondere Italien - von dem Anlagebedarf profitieren, die die zusätzliche Liquiditätsaufnahme bei den Banken verursacht.

Durch Anlagen beispielsweise am kurzen Ende der italienischen Kurve kann Zinsergebnis erzielt werden, unter der Voraussetzung, die Banken kommen tatsächlich in den Genuss der minimal möglichen Zinses von -1% auf die TLTRO III-Mittel. Immerhin sind bei 2- und 3-Jährigen BTPs Rendite-pickups von rund 30 Basispunkten gegenüber den Bonds von der iberischen Halbinsel zu erzielen. Zudem sollte der Abwärtsdruck auf die Geldmarktsätze durch die üppige Liquiditätsversorgung des Bankensektors anhalten.

Ob sich der Wunsch des Präsidenten der US-Notenbank, Jerome Powell, nach fiskalischer Unterstützung erfüllen wird, ist nach den jüngsten Aussagen der Mehrheitsführerin im Repräsentantenhaus gegenüber Parteikollegen nicht sonderlich wahrscheinlich - schon gar nicht vor der Präsidentschaftswahl.

Nancy Pelosi sagte gemäß informierter Kreise, dass ein neues Konjunkturprogramm etwa 2,4 Billionen Dollar umfassen solle. Das Volumen liegt weit oberhalb dessen, was die Republikaner zurzeit anstreben. Daher dürfte es keine Chance auf Umsetzung haben, zumal noch nicht klar ist, ob es in den kommenden Woche darüber überhaupt eine Abstimmung im Repräsentantenhaus geben wird.

Die US-Wirtschaft wird bis auf weiteres ohne zusätzliche fiskalische Impulse auskommen müssen. Immerhin könnte bei Ausbleiben eines Fiskalpakets die Emissionstätigkeit etwas zurückgefahren werden, da in den Emissionsplanungen des Treasuries von einem Wirtschaftsprogramm mit einem Volumen von 1 Billionen Dollar ausgegangen wurde. Das Ausbleiben eines Programms sowie etwas geringere Emissionsaktivität dürften Treasuries tendenziell stützen.

Der Tag mit Bloomberg: Börsen freundlich; Chemie-M&A, IPO-Welle

Für die Staatsanleihen aus den Kernländern dürfte der Handel am Freitag mit leichten Kursverlusten beginnen. Die Rendite der 10-jährigen Bundesanleihen sollte wieder über -0,5% steigen. Darauf deuten jedenfalls die Vorgaben aus Asien hin. Treasuries notierten nach einem nahezu unbewegten Handels am Donnerstag am Freitag um ihren Vortagsschluss.

Die Anleihen aus der Peripherie sollten nach ihren Verlust am Donnerstag kaum geändert in den Tag starten. Stärkere Kurszuwächse vor dem Wochenende dürften jedoch ausbleiben.

Insgesamt werden die Anleger jedoch sehr vorsichtig bleiben. Ein weiteres Anziehen der Virusfallzahlen über das Wochenende ist trotz Verschärfung der Maßnahmen gegen eine Ausbreitung möglich. Zusammen mit den daraus abzuleitenden Folgen für die wirtschaftliche Entwicklung spricht das für eine stabile Nachfrage nach Staatsanleihen.

Konjunkturdaten

Abgesehen von Stimmungsindikatoren aus Italien, die sich im September kaum verbessert haben sollen, steht nur noch das Wachstum der Geldmenge M3 am Vormittag auf der Agenda. Die Daten werden jedoch keinen Einfluss auf die Renditeentwicklung nehmen. Die italienischen Sentimentindikatoren könnten allenfalls für ein kurzes Zucken bei den BTPs sorgen. Die entscheidenden Treiber für die italienischen Renditen sind mit EZB-Ankäufen, Aufbaufond oder Entspannung an der politischen Front zurzeit andere als Wirtschaftsdaten.

Die Schnellschätzung für die Auftragseingänge für langlebige Wirtschaftsgüter im September dürfte ebenfalls kaum Potenzial haben, um die Treasury-Kurse zu bewegen. Die Auftragseingängen sollen ohne Berücksichtigung der Transportgüter im September zwar zugelegt haben. Die Dynamik des Zuwachses soll sich jedoch erneut abschwächen. Die Treasuries werden kaum reagieren.

Erneut werden sich mit Esther George und John Williams (stimmberechtigt) zwei US-Notenbanker äußern. Neue Erkenntnisse, die den Treasuries Impulse geben werden, sind nach den zahlreichen Auftritten von Jerome Powell sowie anderen Fed-Vetretern in der laufenden Woche nicht zu erwarten.

Primärmarkt

Als einziges Land aus dem Euroraum wird Italien den Geldmarkt mit Kurzläufern mit einer Laufzeit von sechs Monaten anzapfen. Dem Emissionsvolumen von 6,5 Milliarden Euro stehen Fälligkeiten in Höhe von 7 Milliarden Euro gegenüber. Die Platzierung sollte also reibungslos verlaufen.

Bonitätseinschätzungen

Für den Euroraum stehen lediglich die Aktualisierung der Bonitätseinschätzung zu Estland durch Fitch und für die Europäische Union durch DBRS an. Auf Interesse wird jedoch auch die neue Einschätzung für Großbritannien durch Fitch treffen.

Während die Ausblicke auf die Bonitätsurteile Estlands und der Europäischen Union auf stabil stehen, ist das Ausblick auf das Rating Großbritanniens seit dem 8. November 2019 mit einem negativ versehen. Dementsprechend sind weder für Estland noch die Europäischen Union Rating-Änderungen zu erwarten. DBRS dürfte das uneingeschränkte "AAA”-Rating für die EU aufrecht halten. Durch die Vereinbarungen zur mittelfristigen Haushaltsplanung ist die EU als Institution noch einmal gestärkt worden. Das stellten bereits andere Bonitätswächter fest.

Bei Großbritannien besteht zumindest die Möglichkeit, dass Fitch beispielsweise auf das Risiko einer fehlenden Handelsvereinbarung mit der EU mit einer Herabstufung des Ratings in den single-”A”-Bereich reagiert.

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