Renten am Morgen: Trendwende oder Intermezzo an den Bondmärkten?

(Bloomberg) -- Erneut haben die Staatsanleihen um die Mittagszeit einen Swing hingelegt. Während die Kurse der Bonds aus den Euroländern am Donnerstagvormittag überwiegend leicht im Plus oder zumindest unverändert notierten, ging es am Nachmittag mit den Notierungen abwärts.

Durch die geringer als erwartet ausgefallenen Zahlen an Erstanträgen auf Arbeitslosenhilfe sowie an registrierten Arbeitslosen erhielten die Renditen kurzfristig zusätzlichen Auftrieb. Der deutliche Rückgang der Erstanträge kann jedoch auch darauf zurückzuführen sein, dass sich weniger Personen überhaupt arbeitslos melden, weil die zusätzliche Unterstützung seit Anfang August nicht mehr gezahlt wird.

Besonders deutlich traf der Renditeanstieg die Anleihen aus der Peripherie. Gerade die Staatsanleihen von der iberischen Halbinsel mussten deutliche Kursverluste hinnehmen. Portugiesische 10-jährige Papiere notieren sieben Basispunkte höher, bei fast 0,4%. Auch italienische Bonds kamen trotz problemloser Platzierung der drei Aufstockungen unter Druck, so dass die Rendite der 10-jährigen BTPs wieder über 1% liegt. Zur Monatsmitte scheint es in der Peripherie einige Gewinnmitnahmen gegeben zu haben.

Außerdem dürften die steigenden Virusfallzahlen die Sorgen vor einem erneuten Lockdown schüren, der den gerade langsam anlaufenden Tourismus und die vom Tourismus abhängigen Länder besonders hart treffen würde. Die Verhängung von Quanrantänemaßnahmen gegen Frankreich und die Niederlande durch die britische Regierung weisen hier unter Umständen die Richtung.

Nichtsdestoweniger dürften die Peripheriebonds aufgrund ihres Renditevorsprungs vor den Kernländern attraktiv bleiben. Schließlich sind die unterstützenden Faktoren wie PEPP/PSPP weiterhin vorhanden.

Semi-Kernanleihen zeigten gegenüber den Kernanleihen ebenfalls eine Underperformance. Die Spreads französischer Bonds gegen ihre deutschen Pendants schrumpften auf die vor der Wirtschaftskrise erreichten Niveuas. Mit weiteren Rückgängen taten sich die Spreads in der Vergangenheit schwer.

Am Freitagmorgen stehen die Zeichen zur Handelseröffnung für die Staatsanleihen aus den Kernländern des Euroraum auf leichte Verluste. Sie dürften zumindest einen Teil der kräftigen Abwärtsbewegung der Treasury-Kurse aufgrund der sehr schwachen Auktion der 30-jährigen T-Bonds am Donnerstagabend noch nachholen - trotz leicht sinkender Treasury-Renditen im frühen asiatischen Handel.

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Ähnlich wie in bei der US-Zinskurve dürfte das auch zu leicht steileren Kernland-Zinskurven zu Handelsbeginn führen. Die Sorgen vor zusätzlichen negativen wirtschaftlichen Auswirkungen aufgrund der steigenden Zahl an COVID-19-Fällen dürften erst einmal in den Hintergrund gedrängt werden.

Es sieht zumindest zurzeit nicht danach aus, als ob es zusätzliches Störfeuer von der Handelsseite geben wird. Der Wirtschaftsberater des Weißen Hauses, Larry Kudlow, erklärte sich mit der Prüfung der Phase-eins-Abkommens zufrieden.

Allerdings steht noch ein Gespräch zwischen beiden Seiten aus. Konfliktpotenzial gibt es ja reichlich im Streit um TikTok und WeChat. Im Verlauf des Freitags kann es also durchaus noch Nachrichten geben, die die politischen Spannungen zwischen beiden Ländern erhöhen.

Mit Fortschritten bzw. neuen Schritten in Richtung eins US-Konjunkturpakets ist ebenfalls nicht zu rechnen. Allmählich werden auch andere Sollbruchstellen - unter anderem Finanzierung des US Postal Service - sichtbar. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen müssen sich in den USA wohl erst wieder massiv eintrüben, bevor die Fiskalpolitik aktiv wird.

Trotz der deutlichen Renditeanstiege bei den Eurolandbonds bleiben die Stützungsmechanismismen mit PEPP/PSPP intakt. Die geringer Liquidität in den Sommerwochen dürfte ihr übriges tun, um Bewegungen zu verstärken, so auch Renditeanstiege. Trotz steigender Inflationserwartungen wird das Niedrigzinsumfeld zur Sicherstellung der Schuldentragfähigkeit benötigt. Vermutlich sind die jüngsten Renditeanstiege also nur ein Intermezzo.

Konjunkturdaten

Zum Wochenschluss wurden bzw. werden reichlich Wirtschaftsdaten veröffentlicht. Den Anfang machten Informationen zur Industrieproduktion und zu Einzelhandelsumsätzen im Juli im China. Sie zeigten vor allem Schatten. Sowohl die Industrieproduktion im als auch die Einzelhandelsumsätze blieben im Vorjahresvergleich hinter den Erwartungen zurück. Im Monatsvergleich Juni/Juli mussten sie sogar Rückgänge hinnehmen.

Der Aufschwung ist in China zwar wieder zurück. Er könnte jedoch zäher verlaufen, als es sich der Rest der Welt und die chinesische Administration vorstellen. Zumindest leichte Unterstützung sollte das für die Rentenmärkte am Morgen bringen.

Die weiteren endgültigen Verbraucherpreisdaten aus einzelnen Euroländern spielen für die Bewegung an den Rentenmärkten ebenso wenig eine Rolle wie die aktualisierten Informationen zum Wirtschaftswachstum im zweiten Quartal. Die Informationen sind verarbeitet. Änderungen der Wachstumszahlen dürften ignoriert werden.

In den USA stehen die Einzelhandelsumsätze, Informationen zur Industrieproduktion sowie Kapazitätsauslastung und die Schnellschätzung für den Indikator der Uni Michigan auf der Agenda. Der Schwerpunkt liegt also auf Informationen zum privaten Verbrauch.

Die Einzelhandelsumsätze sollen im Juli erneut deutlich zugelegt haben. Die Dynamik des Anstiegs lässt jedoch nach. Nachholeffekte aus dem Lockdown dürften auslaufen.

Hinter den Einzelhandelsumsätzen nach Juli steht sowieso ein Fragezeichen, da einige staatliche Leistungen im August wegfielen, die den Konsum anschoben. Das sollte zu einer Stimmungsverschlechterung bei der Konsumlaune geführt haben. Die von Bloomberg befragten Volkswirte gehen davon aus, dass sich die Eintrübung der Konsumentenstimmung noch in Grenzen hält. Jedwede Schwäche in den Daten dürften den Treasuries zu Kursgewinnen verhelfen.

Industrieproduktion und Kapazitätsauslastung sollen im Juli erneut angezogen sein. Alles andere wäre eine schlechte Nachricht.

Das sich der im FOMC stimmberechtigte Präsident der Dallas Fed, Robert Kaplan, in der laufenden Woche mehrfach zu Wort meldete, dürften seine Aussagen heute nicht Neues zur Diskussion über die Geldpolitik beitragen.

Bonitätsüberprüfungen

Die Ratingagenturen planen, Aktualisierungen von Bonitätseinschätzungen zu drei Euroländer am Freitagabend zu veröffentlichen. Sowohl Moody’s als auch S&P Global wollen die Ergebnisse der Einschätzungen über Litauen veröffentlichen. Ergebnisse zu Irland sollte es von Moody’s geben. DBRS will die neuen Einschätzungen zu Belgien bekanntgeben.

Änderungen der Ratingeinstufungen sind nicht zu erwarten, da alle Ratings mit einem stabilen Ausblick versehen sind. Daher dürfte es allenfalls zu einer Anpassung des Ausblicks kommen. Durch die Beschlüsse zum Haushalt der Europäischen Union sowie dem Aufbaufonds sind die Ratingagenturen im Hinblick auf die Bonitätseinschätzungen der Euroländer etwas entspannter geworden, da sie die Beschlüsse als positiv für die Bonitäten der Euroländer ansehen.

Dennoch sind gerade die Einschätzungen zu Irland und Belgien von größerem Interesse. Vielleicht gibt es hinsichtlich Irland ein paar Informationen, wie die Bonitätswächter die Arbeit der drei Parteienkoalition und deren Ausgabenpläne beurteilen.

Bei Belgien sind es Aussagen, unter welchen Umständen die steigende Verschuldung gemessen am Bruttoinlandsprodukt, die Ende März die 100%-Marke wieder überschritt, Auswirkungen auf Bonitätseinschätzung hat. Belgien profitiert wie alle Länder des Euroraums von dem sehr niedrigen, für das relativ hoch verschuldete Land bis in den 10-jährigen Laufzeitenbereich negativen Renditen.

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