Roman Polanski und sein kompliziertes Justizdrama

Roman Polanski wird die US-Justiz weiter beschäftigen: Sein Missbrauchsverfahren wird nicht eingestellt. Eine weitere Niederlage für den Regisseur in der 40-jährigen Geschichte seines Falls.

Regisseur Roman Polanski (84, "Venus im Pelz") wird womöglich bis an sein Lebensende nicht mehr in die USA zurückkehren können. Ein Gericht in Kalifornien hat ein Gesuch abgelehnt, dass Missbrauchsverfahren gegen ihn einzustellen. Der Fall um den gebürtigen Franzosen polnischer Abstammung zieht sich seit 40 Jahren hin...

Schwere Vorwürfe aus dem Jahr 1977

Der damals 43-Jährige Polanski hatte im Jahr 1977 unerlaubten Sex mit der damals 13-jährigen Samantha Geimer - in einem Haus von Schauspieler Jack Nicholson (80, "Shining"). 42 Tage war er hinter Gittern - für eine gerichtspsychiatrische Beurteilung. Polanski hatte sich schuldig bekannt, "außerehelichen Geschlechtsverkehr mit einer Minderjährigen" gehabt zu haben.

Angeklagt worden war er ursprünglich unter anderem wegen "Vergewaltigung unter Verwendung betäubender Mittel", da er dem jungen Mädchen angeblich Champagner und Drogen gegeben haben soll. Er wurde jedoch vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen und im Gegenzug für sein Geständnis sollte eine Bewährungsstrafe verhängt werden.

Weil er glaubte, der zuständige Richter halte sich nicht an die Absprache, befürchtete Polanski eine lange Haftstrafe. Er floh noch vor der Strafmaßverkündung nach Europa und kehrte seitdem nicht mehr in die USA zurück. Damit begann ein vier Jahrzehnte andauernder Rechtsstreit. Während er in Europa - Polanski lebt in Paris und Krakau - als Künstler gefeiert wird, gilt er in Amerika als flüchtiger Verbrecher.

Festnahme in der Schweiz 2009

Im September 2009 war Polanski in Zürich aufgrund eines internationalen Haftbefehls, den es seit 2005 gab, verhaftet worden. Im Dezember wurde die Haft durch einen elektronisch überwachten Hausarrest, den er in seinem Chalet in Gstaad verbrachte, ersetzt. Wenige Monate später erklärte Polanski, dass er den Gefängnisaufenthalt 1977 als vereinbarte "Gesamtstrafe" ansehe und berief sich dabei auf die beeidete Aussage des damaligen Staatsanwalts. Im Juli 2010 wiesen die Schweizer Behörden den Auslieferungsantrag der USA ab und hoben den Hausarrest auf.

Viel Bewegungsfreiheit hatte Polanski nach seiner Flucht nie: "Sein Leben ist ziemlich begrenzt auf die Länder, die ihn unterstützen: Frankreich, Polen und die Schweiz", erklärte ein Rechtsexperte einst in der "L.A. Times". Seinen Oscar für "Der Pianist" nahm er 2003 natürlich auch nicht persönlich in Empfang. Warum drängen die Behörden in den USA auch nach 40 Jahren auf eine Auslieferung? "Unter derzeitigem Recht wäre er für Jahrzehnte ins Gefängnis gegangen", sagte der mittlerweile zuständige Staatsanwalt.

Das sagt das Opfer

Polanskis Anwälte hatten bereits versucht, das noch immer schwebende Verfahren einstellen zu lassen. Dafür hätte der Regisseur persönlich vor Gericht erscheinen müssen. Der heute 84-Jährige wollte aber nicht nach Los Angeles reisen - aus Angst dort sofort verhaftet zu werden. Sein Anwalt forderte eine Garantie, dass sein Mandant nicht hinter Gitter müsse. Doch der zuständige Richter verweigerte dieses Versprechen. Außerdem lehnte er es ab, ein Strafmaß festzulegen - dazu müsse Polanski anwesend sein.

Polanskis Opfer Samantha Geimer hat sich in den vergangenen Jahren mehrmals öffentlich zu Wort gemeldet - zu Gunsten des Regisseurs. Zuletzt hatte sie im Juni vor dem Richter vorgesprochen und darum gebeten, die Strafverfolgung zu beenden - ohne Erfolg.

Stattdessen meldete sich vor kurzem eine andere Frau zu Wort, die unter dem Namen "Robin" auftritt. Polanski soll sie im Jahr 1973 vergewaltigt haben, als sie gerade einmal 16 Jahre alt war. Ihre Vorwürfe sind allerdings verjährt. Dennoch wird der Fall Polanski durch den neuen Richterspruch die US-Justiz weiter beschäftigen.

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