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Ruf nach Erneuerung lauter - Auch Rückendeckung für Laschet

Berlin (dpa) - In der CDU werden die Rufe nach Erneuerung wegen des Desasters bei der Bundestagswahl immer lauter.

Führende CDU-Politiker stellten sich angesichts der bevorstehenden Sondierungsgespräche über eine Jamaika-Koalition aus Union, Grünen und FDP zugleich aber auch hinter den wegen der historischen Stimmenverluste schwer unter Druck stehenden Unionskanzlerkandidaten und CDU-Chef Armin Laschet. Laschet und CSU-Chef Markus Söder hatten FDP und Grüne zu Gesprächen über die Bildung einer Jamaika-Koalition eingeladen.

Die CDU/CSU war bei der Bundestagswahl am Sonntag auf den Tiefpunkt von 24,1 Prozent gestürzt. Die SPD wurde mit 25,7 Prozent stärkste Kraft. Die Grünen kamen als drittstärkste Kraft auf 14,8 Prozent. Dahinter lag die FDP mit 11,5 Prozent.

In zwei gleichlautenden Schreiben an die Grünen-Vorsitzenden Annalena Baerbock und Robert Habeck sowie an FDP-Chef Christian Lindner gratulierten Laschet und Söder zum Stimmenzuwachs und dankten für einen fairen und sachlichen Wahlkampf, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Mittwoch in Berlin. FDP-Generalsekretär Volker Wissing hatte zuvor mitgeteilt, die FDP wolle an diesem Samstag zu Gesprächen mit der Union zusammenkommen. Grünen-Chefin Annalena Baerbock hatte gesagt, die Union habe ihre Partei für die kommende Woche zu Gesprächen eingeladen.

Laschet und Söder schrieben nach den dpa-Informationen an Baerbock, Habeck und Lindner, eine Koalition aus Grünen, FDP und CDU/CSU könne ein «zukunftsweisendes politisches Projekt» sein, das Deutschland «modernisiere und nachhaltiger mache», aber auch «die ganze gesellschaftliche Breite» des Landes abbilde. Deutschland brauche «Nachhaltigkeit in jeder Hinsicht» - sowohl beim Klimaschutz als auch bei soliden Finanzen. «Wir tragen Verantwortung für künftige Generationen in einem umfassenden Sinn. Dieser Verantwortung müssen wir besser gerecht werden als bisher.»

Inhaltlich betonten Laschet und Söder darüber hinaus die Notwendigkeit beschleunigter Prozesse sowie die Themen Digitalisierung, Weltoffenheit und Sicherheit. Zugleich machten sie deutlich, dass die SPD bei der Bundestagswahl stärkste Kraft geworden sei, aber «keine politische Kraft einen alleinigen Regierungsauftrag habe». Es gebe mehrere Optionen. Dafür stünden CDU und CSU zu Gesprächen unter Demokraten zur Verfügung.

Baden-Württembergs Ex-Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) rät seiner Partei von einer Regierungsbeteiligung ab. «Meines Erachtens muss sich die CDU neu aufstellen. Deshalb bin ich der Meinung, dass die CDU in die Opposition sollte», sagte Mappus der «Pforzheimer Zeitung» (Donnerstag).

Handlungsfähigkeit hat zunächst Priorität

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) sagte den «Kieler Nachrichten» zur Lage seiner Partei: «Die Situation ist aus meiner Sicht dramatisch. Eine CDU, die weniger als 25 Prozent holt, hat selbstverständlich Reformbedarf.» Die Menschen seien «nicht scharenweise zu uns gekommen und haben gesagt, wegen Armin Laschet wähle ich CDU. Das muss man sicherlich bei der Aufarbeitung des Wahlergebnisses besprechen.» Nun müsse aber zunächst eine Regierung gebildet werden, «und dafür müssen wir als Union handlungsfähig sein und mit unserem Spitzenkandidaten Armin Laschet für solche Gespräche zur Verfügung stehen».

Der Vorsitzende des Unions-Nachwuchses von der Jungen Union, Tilman Kuban, forderte eine tiefgreifende und schonungslose Erneuerung der Union. «Wer sich nach einem solchen Ergebnis nicht erneuert, wird nicht mehr auf die Beine kommen», sagte er am Mittwoch dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Zur Wiederwahl von Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) bis zum 30. April am Vortag sagte Kuban: «Die Fraktion hat aus Verantwortung Ralph Brinkhaus für eine stabile, aber begrenzte Zeit gewählt. Nach der Bildung einer Regierung werden wir neu entscheiden. So oder so darf dann kein Stein auf dem anderen bleiben - auch und gerade im Falle der Opposition.»

Unionsfraktionsvize Thorsten Frei (CDU) erteilt Spekulationen über einen Rückzug von Laschet vom Parteivorsitz eine Absage. Bei «Bild Live» sagte er, Mutmaßungen über ein Aus für Laschet stimme er ausdrücklich nicht zu. «Ich würde uns tatsächlich auch raten, jetzt in den nächsten Tagen sehr diszipliniert zu sein und zu schauen, wie wir mit diesem dramatischen Wahlergebnis vom Sonntag umgehen können.» Bei möglichen Jamaika-Gesprächen komme Laschet und Söder eine zentrale Rolle zu. Beide seien «sehr gut geeignet» für diese Aufgabe.

Eine deutliche Mehrheit der Menschen in Deutschland würde einen Rücktritt von Laschet von allen seinen politischen Ämtern begrüßen. Demnach sprechen sich 68 Prozent dafür aus, wie aus einer am Mittwoch veröffentlichten YouGov-Umfrage hervorgeht. 13 Prozent lehnen das ab.