Russische Tennisspielerin Darja Kassatkina outet sich als homosexuell
Die russische Tennisspielerin Darja Kassatkina hat einen mutigen Schritt gewagt: Sie hat sich als homosexuell geoutet. In Russland ist das Thema tabu. Für ihre Entscheidung wird die Sportlerin gefeiert.
Die russische Tennisspielerin Darja Kassatkina gehört zu den Besten ihres Fachs. Nun hat sich die Weltranglistenzwölfte als homosexuell geoutet. Auch und besonders mit Blick auf die wertkonservative Haltung eines großen Teils der russischen Gesellschaft und die restriktive Politik des Regimes unter Präsident Wladimir Putin wird der Schritt als Plädoyer für Freiheit und Gleichberechtigung wahrgenommen.
Ein Leben mit dem Geheimnis, homosexuell zu sein, bezeichnet Kassatkina im Videointerview mit dem Blogger Viktor Krawtschenko als ein eingesperrtes. Damit deutet sie zugleich den Beweggrund für ihr Coming-out an. Es sei "sinnlos", führt sie den Gedanken bildlich aus, "in einem Schrank" zu leben. Der Mensch müsse "mit sich selbst im Reinen" sein. "Scheiß auf alle anderen."
Kassatkina liiert mit Profi-Eiskunstläuferin
Im dem am Montag auf YouTube veröffentlichten Gespräch enthüllt Kassatkina außerdem, dass sie eine Lebenspartnerin habe. Mit wem sie liiert ist, geht aus einem Beitrag auf ihrem Profil des sozialen Netzwerks Instagram hervor. Auf einem Foto ist die 25-Jährige Arm in Arm mit der russischen Eiskunstläuferin Natalja Zabijako zu sehen. Seit wann die beiden ein Paar sind, ist nicht bekannt.
Im Interview kommen Kassatkina und Krawtschenko auch auf die Intoleranz in Russland gegenüber Homosexualität und anderen "tabuisierten" Themen zu sprechen. Ob sich an diesem Zustand je etwas ändern wird? Kassatkina ist skeptisch. "Niemals" würden in Russland Homosexuelle auf der Straße Hand in Hand gehen können, sagt sie. Diesen Umstand bedauert die Halbfinalistin der French Open. Zumal es zur Zeit der Weltmeisterschaft 2018 Tendenzen gegeben hätte in Richtung mehr Offenheit. Die Situation heute vergleicht Kassatkina mit einem "versperrten Weg".
Homophobie in Russland
In Russland gibt derzeit es Bestrebungen, das in mehreren Regionen schon verabschiedete Gesetz gegen "Homosexuellen-Propaganda" auszuweiten. Ein entsprechender Entwurf sei von sechs Duma-Abgeordneten "wenige Stunden vor Kassatkinas Interview" eingereicht worden, berichtet die Zeitung "The Guardian". Das Gesetz würde öffentliches Reden über und die jede Darstellung von Homosexualität als Versuch der Untergrabung traditioneller Wert unter Strafe stellen.
Für ihr Outing erntet Kassatkina zumal vor dem Hintergrund dieser Entwicklung viel Lob. Als "wahnsinnig mutig, wahnsinnig cool" bezeichnet den Schritt die deutsche Tennisspielerin und Autorin Andrea Petkovic. "Wie sie das vor sich hinsagt, als wäre es das Normalste auf der Welt", wird sie von der ARD-Sendung "Sportschau" zitiert. "Aber das ist es eben nicht, wenn du Russin bist. Ich habe es gesehen, ich habe es gefeiert und ich werde es weiter feiern."
Inspirationsquelle Nadja Karpowa
Auch die russische Fußballspielerin Nadja Karpowa zeigt sich begeistert vom Coming-Out ihrer Landsfrau. Als sie die Nachricht hörte, konnte sie es nicht glauben, sagte sie laut "The Guardian". "Ich war so stolz auf sie. Ich war außer mir, sprang in meiner Wohnung herum, als wäre ich verrückt geworden".
Karpowa ist selbst homosexuell, vor wenigen Wochen hatte sie sich als erste überhaupt im russischen Profisport geoutet. Für Kassatkina ist die 27-Jährige deshalb eine Inspirationsquelle. Karpowa habe mit dem Schritt nicht nur eine "Last von ihren Schultern genommen", sagt sie, sondern auch "vielen anderen geholfen". Es sei "wichtig für junge Menschen, die mit Problemen in der Gesellschaft konfrontiert sind, wenn Sportler oder andere bekannte Persönlichkeiten darüber reden", so Kassatkina
Ein Vorbild haben Menschen, die von Diskriminierung betroffen sind, nun auch mit Kassatkina. Die hat sich im Interview in einer weiteren Hinsicht als mutig erwiesen. In dem Gespräch kam auch ein anderes in Russland tabuisiertes Thema zur Sprache: der Krieg in der Ukraine, den die Russen noch immer für einen "Spezialeinsatz" halten sollen. Diesen Krieg, den sie beim Namen nennt, bezeichnet Kassatkina als "absoluten Albtraum". Ihr größter Wunsch sei es, dass er bald endet.
Im Video: Kassatkina möchte wie "Fighter" Nadal sein