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Russland kann Auslandsschulden wohl nicht bezahlen – das erste Mal seit 1918

Russlands Präsident Wladimir Putin - Copyright: picture alliance/dpa/POOL | Mikhail Metzel
Russlands Präsident Wladimir Putin - Copyright: picture alliance/dpa/POOL | Mikhail Metzel

Russland steht offenbar vor dem ersten Zahlungsausfall auf Auslandsschulden seit mehr als 100 Jahren. In der Nacht auf Montag lief eine 30-Tage-Frist aus, innerhalb derer fällige Zinsen auf zwei Staatsanleihen in Auslandswährung zu zahlen waren. Es geht um insgesamt rund 100 Millionen US-Dollar. Haben die Anleger das Geld nicht erhalten, wovon angesichts scharfer Finanzsanktionen des Westens auszugehen ist, wäre es der erste Zahlungsausfall auf Auslandsschulden seit dem Jahr 1918. Der jüngere Zahlungsausfall aus dem Jahr 1998 bezog sich auf von Inländern gehaltene Schuldtitel.

Die Hintergründe des aktuellen Falls sind kompliziert und suchen ihren historischen Vergleich. Russland betont, wirtschaftlich in der Lage und auch Willens zu sein, seine Schulden zu bedienen. Dem stehen jedoch scharfe Sanktionen vornehmlich westlicher Länder entgegen, die als Reaktion auf den Krieg Russlands gegen die Ukraine ergriffen wurden. Deswegen kann Moskau weder auf den Großteil seiner Finanzreserven im westlichen Ausland zugreifen, noch heimische Reserven an westliche Gläubiger weiterleiten.

Russlands Vorteil: Es ist nicht stark verschuldet

Große Ratingagenturen, die normalerweise einen Zahlungsausfall feststellen würden, dürfen dies sanktionsbedingt derzeit nicht. Gläubigergemeinschaften, die versuchen könnten, ihre Ansprüche gegenüber Russland juristisch durchsetzen, sind bisher noch nicht öffentlich in Erscheinung getreten. Russlands Finanzminister Anton Siluanow hatte den drohenden Zahlungsausfall in der vergangenen Woche als "Farce" bezeichnet. Jeder, der die Vorgänge verstehe, wisse, dass es sich nicht um einen Zahlungsausfall handele.

Fachleute äußerten sich zunächst eher vorsichtig zu der Angelegenheit. Der sich abzeichnende Zahlungsausfall dürfte eher symbolischen Charakter haben, erklärten Analysten der Dekabank. Hintergrund ist, dass die unmittelbaren Folgen eines russischen Zahlungsausfalls zunächst als eher begrenzt gelten können. Zum einen ist Russland nicht stark verschuldet: Das Verhältnis von Gesamtschulden zu Wirtschaftsleistung beträgt derzeit etwa zwanzig Prozent, was im internationalen Vergleich wenig ist. Zum anderen liegt ein nur geringer Teil der Staatsschulden in den Händen ausländischer Gläubiger.

DPA / lp