Russland wehrt nach eigenen Angaben "massive" ukrainische Angriffe ab
Russland hat nach eigenen Angaben "massive" ukrainische Drohnenangriffe auf die Hauptstadt Moskau und 14 weitere Regionen abgewehrt. Insgesamt seien in der Nacht 158 Flugobjekte abgefangen worden, erklärte das Verteidigungsministerium am Sonntag im Onlinedienst Telegram. Zehn Drohnen griffen nach Behördenangaben Ziele in Moskau an. In einer Ölraffinerie brach demnach ein Feuer aus. Unterdessen nahm Russland weitere Gebiete im Osten der Ukraine unter Beschuss und eroberte nach eigenen Angaben zwei weitere Ortschaften.
Am stärksten von den ukrainischen Angriffen betroffen waren laut dem Verteidigungsministerium in Moskau die westrussischen Regionen Kursk, Brjansk, Woronesch und Belgorod an der Grenze zur Ukraine.
Nach Angaben des Moskauer Bürgermeisters Sergej Sobjanin brach in einer vom Staatskonzern Gazprom betriebenen Ölraffinerie in der Hauptstadt ein Brand aus, als eine von der Luftabwehr abgeschossene Drohne auf die Anlage stürzte. Es sei niemand verletzt worden und die Raffinerie sei weiterhin in Betrieb, sagte Sobjanin.
Nach Angaben eines Behördenvertreters versuchte die ukrainische Armee außerdem, mit drei Drohnen ein Kohlekraftwerk in der Nähe von Moskau anzugreifen. Es habe aber "keine Opfer oder Schäden" gegeben. In der nordwestlich von Moskau gelegenen Region Twer wurde nach Angaben von Gouverneur Igor Rudenja ein Kraftwerk mit fünf Drohnen attackiert. Ein durch den Angriff ausgelöster Brand sei schnell gelöscht worden.
Die Ukraine hat bereits mehrfach die mehr als 500 Kilometer von der ukrainischen Grenze gelegene russische Hauptstadt und das Umland von Moskau attackiert. Am 21. August war laut Bürgermeister Sobjanin einer "der bislang größten Versuche erfolgt, Moskau mit Drohnen anzugreifen".
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj rechtfertigte die Angriffe auf russisches Gebiet am Sonntag erneut. Es sei "absolut gerechtfertigt, dass die Ukrainer auf den russischen Terror mit allen nötigen Mitteln reagieren, um ihn zu beenden", erklärte er im Onlinedienst Facebook.
Die ukrainischen Angriffe erfolgen knapp einen Monat nach dem Beginn einer überraschenden ukrainischen Bodenoffensive in der russischen Grenzregion Kursk, bei der Kiew nach eigenen Angaben bislang rund hundert Ortschaften unter seine Kontrolle gebracht hat. Der Vorstoß war der erste dieser Art seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Februar 2022.
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg bezeichnete den ukrainischen Vorstoß als legitim. Angesichts des "grundlosen Aggressionskriegs", den Russland seit rund 900 Tagen gegen die Ukraine führe, seien die russischen Soldaten, Panzer und Stützpunkte "nach internationalem Recht legitime Ziele" für Kiew, sagte er der "Welt am Sonntag". Das Recht der Ukraine, sich zu verteidigen, höre "an der Grenze (zu Russland) nicht auf". Die Nato spiele bei der Offensive in Kursk jedoch "keine Rolle".
Unterdessen erhöhte die russische Armee im Osten der Ukraine weiterhin den Druck. Bei ihrem Vormarsch auf die logistisch wichtige Stadt Pokrowsk nahmen russische Truppen nach Angaben aus Moskau die rund 20 Kilometer entfernte Ortschaft Ptitjsche ein. Zudem eroberten sie demnach das nahe der Kleinstadt Sewersk gelegene Wyjimka. Der ukrainische Generalstabschef Oleksandr Syrskyj bezeichnete die Lage um Pokrowsk als "schwierig", Russland sei bei "Truppenstärke und Feuerkraft" im Vorteil.
Bei russischem Beschuss wurden laut dem ukrainischen Regionalgouverneur von Donezk, Wadym Filaschkin, nahe der Ortschaft Kurachowe unterdessen mindestens drei Menschen getötet, neun weitere seien verletzt worden. In Charkiw, der zweitgrößten Stadt der Ukraine, wurden laut Regionalgouverneur Oleg Synegubow bei einem russischen Angriff mindestens 47 Menschen verletzt, darunter sieben Kinder.
Staatschef Selenskyj erklärte mit Blick auf den Angriff in Charkiw, Russland habe die Absicht, die Zivilbevölkerung zu "terrorisieren". Er rief die westlichen Verbündeten auf, der Ukraine "alles zu liefern, was sie braucht, um sich zu verteidigen".
Die unabhängige russische Nachrichten-Website "Mediazona" bezifferte unterdessen die Zahl der bisher im Ukraine-Krieg getöteten russischen Soldaten auf mehr als 66.000. Ihr seien die Namen von 66.471 Soldaten bekannt, die zwischen Kriegsbeginn im Februar 2022 und dem 30. August im Krieg getötet worden seien, erklärte "Mediazona" am Samstag im Onlinedienst Telegram. US-Regierungsvertreter waren laut einem Bericht der "New York Times" bereits vor einem Jahr von 120.000 getöteten russischen Soldaten ausgegangen.
bfi