Söder: Bei Antisemitismus «mit höheren Strafen operieren»

CSU-Chef Söder will härter gegen Judenfeindlichkeit in Deutschland vorgehen. Der Chef des Zentralrats der Juden begrüßt das - und warnt davor, Ursachen für Antisemitismus allein in Zuwanderung zu suchen.

Markus Söder Mitte Mai bei einer Pressekonferenz in München.
Markus Söder Mitte Mai bei einer Pressekonferenz in München.

München/Augsburg (dpa) - Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hat ein härteres Vorgehen gegen Judenfeindlichkeit gefordert.

«Antisemitismus - auch der Alltagsantisemitismus - ist ein schweres Vergehen. Da sollten wir auch mit höheren Strafen operieren», sagte der CSU-Chef den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Sonntag). Söder hält zudem eine «neue Integrationsidee» für notwendig. «Am Ende muss klar sein: Ob Christen, Muslime, Juden, Buddhisten, Hinduisten oder Atheisten - alle müssen sich als deutsche Staatsbürger fühlen und die Philosophie einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft leben.»

Der Zentralrat der Juden kritisierte, dass das deutsche Strafrecht ein Vorgehen gegen viele Hassnachrichten nicht zulasse. «Wir erhalten momentan etwa 50 Hass-Nachrichten am Tag», sagte Zentralrats-Präsident Josef Schuster der «Bild am Sonntag». Die meisten der Absender wüssten genau, wie sie vorgehen müssten, um für die verbalen Angriffe nicht juristisch belangt zu werden, sagte er.

Aus seiner Sicht ist aber nicht nur der Gesetzgeber gefragt: «Zum Kampf gegen den Antisemitismus gehören immer mindestens zwei: ein entschlossener Gesetzgeber und eine Justiz, die dieses Recht auch entschlossen umsetzt», sagte Schuster der «Augsburger Allgemeinen». «Die größeren Defizite aber sehe ich bei der Justiz, die auf dem rechten Auge doch eine gewisse Sehschwäche hat.»

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Auch die Polizei werde ihren Aufgaben nicht immer gerecht: «Wenn Demonstranten aber antisemitische Parolen brüllen oder zu Gewalt gegen Juden aufrufen, erwarte ich von der Polizei, dass sie dann auch durchgreift, dass sie ermittelt, die Täter benennt und das zur Anzeige bringt», sagte Schuster der Zeitung.

Gleichzeitig warnte er davor, die Ursache für Antisemitismus allein in der Zuwanderung seit 2015 zu sehen. «Ich behaupte nicht, dass es unter den Zugewanderten keinen Hass auf uns Juden gibt», sagte er. Viele dieser Menschen hätten Antisemitismus quasi mit der Muttermilch aufgesogen. «Ich glaube nur nicht, dass der muslimische Antisemitismus durch die Migration nach Deutschland stark zugenommen hat.»

Denn Judenhass sei auch in anderen Bereichen der Gesellschaft verbreitet: «Diese sogenannten Querdenker sind von Rechtsextremisten und -populisten unterwandert, auch Politiker der AfD bekennen sich ganz offen dazu», sagte Schuster der «Augsburger Allgemeinen». «Und da steigen dann auch noch Impfgegner, Esoteriker und christliche Fundamentalisten mit ins Boot. Der gemeinsame Feind, das Böse, wenn Sie so wollen, sind in diesen Kreisen schnell die Juden. Diese neuen Allianzen beobachte ich mit großer Sorge.»

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Auch das Internationale Auschwitz Komitee zeigte sich in Sorge. «Jede antisemitische Protestattacke, jede angezündete Israelflagge, jeder durchgestrichene Judenstern, jeder zerstörte Stolperstein bestätigt, dass in der Gesellschaft etwas ins Rutschen gekommen ist», sagte der Vizepräsident des Komitees, Christoph Heubner, den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Das belege, dass die Täter auf stillschweigende Zustimmung für ihren Judenhass hofften.

Nach dem Aufflammen des Gaza-Konflikts zwischen der islamistischen Hamas und Israel hatte es auch in Deutschland vermehrt pro-palästinensische Demonstrationen gegeben, dabei kam es auch zu antisemitischen Vorfällen.

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