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"Sankt Maik" auf RTL: Quotenpleite im Klischee-Sumpf

Der neue Pfarrer Herr Sannmann gerät in Läuterberg in so einige Siutationen, die einem normalen Mann Gottes wohl fern geblieben wären. (Bild: MG RTL D)
Der neue Pfarrer Herr Sannmann gerät in Läuterberg in so einige Siutationen, die einem normalen Mann Gottes wohl fern geblieben wären. (Bild: MG RTL D)

Mit “Sankt Maik” begann dieses RTL-Jahr gutaussehend, charmant und nicht zu schwer. Daniel Donskoy verzauberte die Zuschauer schon ab Folge eins als Pfarrer wider Willen – noch dazu mit einem goldenen Herzen. Ein Problem gibt es jedoch: Die Quoten sinken stetig und die Sendung versinkt im Klischee-Sumpf.

Es ist ja nicht so, dass RTL-Zuschauer Formate wie “Sankt Maik” nicht schon kennen würden. Da gibt es zum Beispiel “Der Lehrer” – eine beliebte Serie frei nach “Fack ju Göhte” über einen grantigen Lehrer, der durch seine unnachgiebige, aber liebevolle Art zu den Schülern durchdringt. Oder ebenfalls neu bei RTL “Beck is back!” über einen Pflichtverteidiger, der nach langer Zeit als Hausmann endlich wieder in den Job einsteigt und nach anfänglichen Schwierigkeiten durch seine unkonventionelle Art Erfolge feiert.

Und jetzt eben auch “Sankt Maik”. Maik (gespielt von Daniel Donskoy) kommt eigentlich aus Berlin und ist dort professioneller Gauner: Handys zocken hier, Portemonnaies klauen da. Durch Zufall gerät er in eine kleine Gemeinde namens Läuterberg, in der die Menschen davon ausgehen, er sei der neue Pfarrer. Fortan übernimmt er diese Rolle und kann, gefördert durch seine Kenntnisse als Kleinganove und seine charmante Art, den Einwohnern bei ihren Lebensproblemen helfen. All diese Charaktere eint ihr großer Sinn für Gerechtigkeit. Denn egal ob Lehrer, Anwalt oder Pfarrer-Gauner – sie alle haben ein goldenes Herz und immer eine Art weiblichen Sidekick an der Seite, die der Sendung als Gegenspielerin die nötigen Konflikte liefern soll.

So weit so gut. Nun ist es aber so, dass die Einschaltquoten von “Sankt Maik” beständig in den Keller gehen während andere Formate wie “Der Lehrer” immer wieder in neuen Staffeln fortgesetzt werden. “Sankt Maik” hat mit 13,5 Prozent schwach gestartet in der Altersgruppe 14- bis 49-Jährige und dann stark nachgelassen. Drei Wochen später lagen die Quoten nur noch bei 10,9 Prozent – unter RTL-Durchschnitt von 12,1 Prozent.

Von der Gegenspielerin zur Geliebten: Ein bisschen Romantik darf bei Sankt Maik nicht fehlen.
Von der Gegenspielerin zur Geliebten: Ein bisschen Romantik darf bei Sankt Maik nicht fehlen.

“Sankt Maik” ist eine Sendung zum Wohlfühlen. Die Probleme in der kleinen Gemeinde Läuterberg reichen von Geld fälschen über ungewollte Schwangerschaften bis hin zu Scheidungsproblemen. Also alles mehr oder minder nachvollziehbar. Gleichzeitig versucht der Kleinganove Maik an die wertvolle Monstranz seiner Kirche zu gelangen, denn in seiner Heimatstadt Berlin warten noch ehemalige Geschäftskunden auf ihn, denen er 50.000 Euro schuldet. Außerdem taucht immer wieder sein Bruder Kevin (Vincent Krüger) auf, den Maik – so erfährt man in Rückblicken – fast alleine groß gezogen hat. Die Geldnot erst trieb ihn auf diese Abwege, auf denen er nun wandelt. Die Diebesbrüder Kevin und Maik – oje Klischee!

Dazu kommen allerlei Nebencharaktere. Wichtig ist die Polizistin des Dorfes, Eva Hellwarth (Bettina Burchard), die verzweifelt versucht den Tod des echten Pfarrers im Zug nach Läuterberg aufzuklären. Von dem hatte Maik den Talar gestohlen, nichts ahnend, dass man ihn bei der nächsten Station bereits als Pfarrer erwartete. Mit dem Tod hat er allerdings nichts zu tun. Gleichzeitig ist Eva Hellwarth ein bisschen verkopft, ein bisschen sehr auf den Job fixiert, ein bisschen in den Pfarrer verliebt. Ihre Schwester Ellen Hellwarth (gespielt von Bettina Burchards tatsächlicher Schwester Marie Burchard) dagegen ist ein, ihren Gefühlen stürmisch folgender Dauergast in Evas Polizeibüro – immer kräftig dabei, ihre Schwester mit dem Pfarrer zu verkuppeln.

Ein nettes Detail: Häufig durchbricht der Pfarrer die vierte Dimension. Nein, nicht der Blick zum lieben Herrgott ist gemeint, sondern der Blick zum Zuschauer – da wird man plötzlich angezwinkert. (Bild: MG RTL D)
Ein nettes Detail: Häufig durchbricht der Pfarrer die vierte Dimension. Nein, nicht der Blick zum lieben Herrgott ist gemeint, sondern der Blick zum Zuschauer – da wird man plötzlich angezwinkert. (Bild: MG RTL D)

Und so geht das immer weiter. Die Pfarrsekretärin ist eine junge Frau, die sich zu abhängig von Männern macht und nun ungewollt von ihrem ehemaligen Chef schwanger ist, mit dem sie eine Affäre hatte. Die Haushälterin vom Pfarrer Maik ist eine ältliche Dame, die immer noch bereut, ihr Kind vor ein paar Jahrzehnten nicht bekommen zu haben und auch die Neben-Neben-Charaktere sind meist eindimensional und schwach ausgearbeitet.

Das ist vielleicht etwas woran die Serie krankt. Nicht nur die Konflikte sind relativ ausgenudelt, sondern auch die Menschen, die diese austragen. Es gibt nicht eine Person, die durch schauspielerisch herausragendes Talent oder eine famose Rollenbiographie die Serie tragen könnte. Die Charaktere entwickeln sich nur in eine Richtung, die man bereits am Beginn jeder Folge absehen kann – warum also sollte man die Stunde bis zum Ende, unterbrochen von zwei Werbeblöcken dann überhaupt aushalten? Nur ein gut aussehender Hauptdarsteller reicht leider nicht aus.

Noch dazu kommt, dass auch ein RTL-Zuschauer mal ermüdet ist, vom immer gleichen Sendungskonzept. Unkonventionelle Hauptdarsteller sind gut und schön, aber wenn allein drei aktuell laufende Serien vom Aufbau her ähnlich sind, dann macht das Einschalten keine Freude mehr. Auch die Lebensweisheiten, die Pfarrer Maik am Ende jeder Folge zum besten gibt, könnten aus einem sehr klischeehaften Sprüchekalender stammen. Über die ungewollte Schwangerschaft sagt er: “Man sagt ja, jedes neue Leben sei wie ein kleines Wunder. Es müssen so unendlich viele Dinge passen, damit es entstehen kann. Und manchmal müssen auch wir unser Leben anpassen.” Gleich mal aufschreiben!

Und manchmal, da muss man einfach sagen: Das Serienkonzept ist nett, aber nicht ungewöhnlich, austauschbar und unbeliebt. Vielleicht wird es Zeit, dass der Pfarrer wieder geht.

Fotos: Screenshot / RTL