Neuer monoklonarer Antikörper - Alternative zur Impfung: SC27 soll auch vor künftigen Corona-Varianten schützen
Wissenschaftler haben einen Antikörper entwickelt, der gegen eine Vielzahl von Corona-Varianten wirkt - darunter frühere, gegenwärtige sowie zukünftige Stämme. Er wurde auch an mehreren Coronaviren getestet, die derzeit nur bei Tieren vorkommen, in Zukunft aber auf den Menschen übergehen könnten.
Die Impfung ist das Mittel erster Wahl im Kampf gegen Corona. Sie schützt Menschen am besten vor einem schweren Krankheitsverlauf. Trotzdem forschen Wissenschaftler weiter an Alternativen. Sie könnten etwa bei Menschen zum Einsatz kommen, die eine Schutzimpfung nicht vertragen oder bei denen sie nicht ausreichend wirkt.
Neue Hoffnung schürt dabei SC27, ein sogenannter monoklonaler Antikörper, den Forscher jüngst entdeckt haben. Antikörper sind Proteine, die unser Immunsystem nutzt, um Krankheitserreger zu bekämpfen, etwa Coronaviren. Monoklonale Antikörper werden von einer bestimmten Zelllinie gebildet und greifen einen kleinen Baustein an der Oberfläche von Viren oder Bakterien an.
Erfolgreich an zwölf Corona-Varianten getestet
Meist handelt es sich bei monoklonalen Antikörpern um genetisch veränderte Antikörper. Sie kommen bereits in der Krebstherapie zum Einsatz. Der monoklonale Antikörper SC27 wurde von Wissenschaftlern aus den USA entwickelt. Das Team veröffentlichte seine Erkenntnisse im Fachblatt „Cell Reports Medicine“ und meldete seine Forschung direkt zum Patent an.
Denn SC27 lieferte in ersten Versuchen vielversprechende Ergebnisse: Der Antikörper wurde an zwölf Corona-Varianten erprobt - darunter die Ursprungsvariante aus dem Jahr 2020, weitere frühe Varianten, derzeit zirkulierende Mutationen sowie solche, die aktuell nur in Fledermäusen und Schuppentieren vorkommen. Alle zwölf konnte er im Laborversuch erfolgreich bekämpfen. Das stimmt die Forscher zuversichtlich, dass SC27 auch gegen künftige Corona-Mutationen wirken könnte.
SC27 geht auf zwei Arten gegen Coronaviren vor:
Er blockiert die ACE2-Bindungsstelle, die das Coronavirus nutzt, um in gesunde menschliche Zellen einzudringen und sie zu infizieren. Dadurch kann das Coronavirus die Zellen nicht mehr angreifen.
Er bindet zudem an einer versteckten Stelle an der Unterseite des Spike-Proteins des Coronavirus', die sich bislang von Variante zu Variante kaum verändert hat. Das ist entscheidend! Nur wenn SC27 auch bei künftigen Corona-Mutationen eine Stelle findet, an der er andocken kann, wird er auch diese erfolgreich bekämpfen können.
„Damit ist er breiter und wirksamer als jeder andere monoklonale Antikörper, der bisher in der wissenschaftlichen Literatur beschrieben wurde“, sagt Studienleiter Greg Ippolito. Er fügt jedoch hinzu: SC27 muss sich erst noch in klinischen Studien am Menschen beweisen. Bislang war der Antikörper nur im Labor in der Petrischale erfolgreich sowie in ersten Tests an Mäusen.
Schnellere Entwicklung als bei Impfstoffen
Im nächsten Schritt folgen Studien an bestimmten Affenarten, um zu sehen, wie ein vollständiges Immunsystem auf die Behandlung mit SC27 reagieren wird, dann klinische Studien an Menschen. Die Anforderungen für diese Menschenstudien sind bei Antikörper-Therapien etwas geringer als bei einem Impfstoff. Testphasen könnten also etwas schneller abgeschlossen sein. Trotzdem wird es noch dauern, bis ein entsprechendes Medikament in Arztpraxen zum Einsatz kommt.
Gelangt SC27 zur Marktreife, wäre es nicht der erste monoklonale Antikörper im Kampf gegen Corona. In der Vergangenheit stellten etwa die Medikamente Tixagevimab und Cilgavimab vorübergehend eine Alternative zur Corona-Impfung dar. Beide Mittel scheiterten jedoch an neuen Corona-Mutationen, gegen die sie nicht mehr wirksam waren.
„Andere Covid-19-Antikörper sind im Laufe der letzten Jahre im Zuge der Weiterentwicklung von Sars-CoV-2 unwirksam geworden“, sagt Greg Ippolito. Von dem neu erforschten Antikörper verspricht er sich mehr, „da SC27 auf mehrere Teile des Spike-Proteins des Virus' abzielt und sich an diese bindet, darunter auch Abschnitte, die nicht so häufig mutieren.“
Zielgruppe: immungeschwächte Menschen
Sollte sich SC27 in weiteren Studien bewähren, könnte es sich wie einst Tixagevimab und Cilgavimab in der Zukunft für immungeschwächte Menschen eignen, die keine Impfstoffe erhalten können - etwa nach einer Organtransplantation oder während einer Chemotherapie. Oder für jene, die eine Impfung nicht vertragen oder sie aus anderen Gründen ablehnen.
Monoklonale Antikörper werden einmalig über eine Spritze verabreicht, zählen aber nicht zu den klassischen Impfstoffen. Der Unterschied zu einer Impfung besteht darin, dass direkt Antikörper gespritzt werden und das Immunsystem die Herstellung dieser Antikörper nicht selbst übernehmen muss.