Schülerin erleidet Organversagen durch Tampon

Die 15-jährige Paige Roffe aus Großbritannien tut das, was Millionen Frauen täglich tun: Sie benutzt ein Tampon. Doch dann bricht sie mit einem Toxischen Schocksyndrom zusammen und muss ins künstliche Koma versetzt werden. Ein Experte erklärt, wie es dazu kommen konnte.



Die Mutter der 15-jährigen Paige Roffe wird den 11. Juli 2011 nie wieder vergessen. „Paige ging es nicht gut, sie fühlte sich krank. Also fuhr ich sie ins Southend Krankenhaus. Die Ärzte sagten uns dort, Paige hätte sich ein Virus eingefangen, und ich nahm sie wieder mit nach Hause. Aber in der darauffolgenden Nacht fühlte sie sich immer schlechter“, so Sarah Roffe zur „Daily Mail“. Am nächsten Morgen bricht Paige in der Dusche zusammen.

Zurück im Krankenhaus stellen die Ärzte eine schockierende Diagnose: Paige leidet am Toxischen Schocksyndrom, ausgelöst durch die Nutzung eines Tampons. So absurd dies klingen mag, es gibt eine medizinische Erklärung dafür: „TSS wird durch Bakterien (Streptokokken) ausgelöst, die normalerweise nicht in der Scheide vorkommen“, so Dr. Andreas Clad von der Universitäts-Frauenklinik Freiburg zu Yahoo! Nachrichten. „Sie bekommen Krankheitswert, wenn sie in die Schleimhaut eindringen“, erklärt Clad.

Nach Clad kann das gerade bei der Anwendung von Tampons leichter passieren, da die Haut gereizt wird. "Dann können sie Entzündungen und durch die Ausschüttung von Giftstoffen auch toxisch-allergische Reaktionen mit Juckreiz und Hautausschlag hervorrufen, der in seltenen Fällen großflächig werden kann und nur sehr selten zum Schock führt.“ Die Folge kann ein schweres Kreislauf- und Organversagen sein. Weniger als 20 Menschen erkranken pro Jahr an TSS, und nur rund zwei Fälle können tatsächlich auf die Nutzung eines Tampons zurückgeführt werden. Paige Roffe war einer davon.

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 „Die Ärzte sagten mir, dass Paiges Blutdruck gefährlich niedrig sei und sie in ein anderes Krankenhaus verlegt werden müsse“, so die Mutter der 15-Jährigen. „Um den Transport überhaupt überleben zu können, musste sie ins künstliche Koma versetzt werden. Ich saß am Bett meiner Tochter und dachte schon über ihre Beerdigung nach. Ich hatte die Hoffnung fast aufgegeben, dass sie es schaffen könnte.“

Paiges Zustand bleibt für zwei Tage kritisch. Erst dann reduzieren die Ärzte ihre Medikamente, warnen Sarah Roffe allerdings, dass ihre Tochter bleibende Hirnschäden davontragen könnte, sollte sie wieder aus dem Koma aufwachen. „Es war schrecklich. Wir wussten nicht, was passieren würde. All ihre Freunde kamen ins Krankenhaus und ich glaube, das brachte sie letztendlich auch zurück. Ich kann ihnen nicht genug danken. Auch nicht den wundervollen Ärzten und Krankenschwestern, denn sie haben einen fantastischen Job gemacht“, so Sarah Roffe.

Nach zehn Tagen kann Paige das Krankenhaus wieder verlassen. Immer noch geschwächt, ist sie nun wieder zurück auf ihrer Schule und warnt andere junge Frauen vor den Gefahren, die Tampons mit sich bringen. „Manchmal fühle ich mich immer noch krank, aber ich lasse mich nicht kleinkriegen. Doch mir ist es wichtig, dass mehr Frauen über das Risiko Bescheid wissen als bisher.“ Paiges Familie hat unterdessen eine Sensibilisierungskampagne gestartet und unter anderem Flugblätter an ihrer Schule verteilt.

Ein Sprecher von Proctor und Gamble, der Herstellungsfirma der Tampons, die auch Paige benutzt hat, sagte unterdessen zur „Daily Mail“: „Wir sind froh, dass Paige wohlauf ist. Wir verfolgen den Fall, können derzeit aber keinen Kommentar abgeben, da die Ermittlungen noch im Gange sind.“ Es ist übrigens nicht das erste Mal, dass sich das Unternehmen mit TSS konfrontiert sieht. In den 80er Jahren gewann ein Rechtsanwalt in den USA einen Prozess gegen Procter und Gamble, weil P+G bis zu diesem Zeitpunkt nicht ausreichend über die Gefahr des TSS informiert hatte.

Die breite Öffentlichkeit hat jedoch noch nie von dieser Krankheit gehört. Dabei machen gerade Fälle wie der von Paige Roffe klar, wie wichtig der richtige Umgang mit Tampons ist. „Tampons werden zwar verbreitet eingesetzt, bergen aber zwei erhebliche Risiken: Zum einen bieten sie durch den fehlenden Blutabfluss für viele Bakterien einen idealen Nährboden“, erklärt Clad. „Zum zweiten werden beim Einführen und Herausnehmen minimale Schäden an der Wand der Vaginalhaut gesetzt.“ Komme beides zusammen, seien bereits die Vorbedingungen für eine Infektion geschaffen.

Wie Dr. Klaus Doubek, Mitglied des Berufsverbandes der Frauenärzte, erklärt, sollten zur Vorbeugung einer Infektion die Grundregeln der Menstruationshygiene wie das Waschen der Hände eingehalten werden. "In der Nacht können Binden bevorzugt werden.
Die Menstruationshygieneartikel sollten originalverpackt sein und nicht lose, z.B. in einer Tasche, aufgehoben werden." Hinzu kommt die folgende Erkenntnis: „Es gab Hinweise, dass es bei menstruierenden Frauen, die hochsaugfähige Tampons benutzt hatten, zu spektakulären Erkrankungsverläufen kam", so Doubek.