Ging um Nähe zu Russen-Geheimdiensten - Pleite für Böhmermann und das ZDF: Gericht bestätigt Fake News über Schönbohm
Das Münchner Landgericht erteilt Moderator Jan Böhmermann und dem ZDF eine klare Ohrfeige: Der Richter hat festgestellt, dass die Berichterstattung über Arne Schönbohms angebliche Nähe zu russischen Geheimdiensten falsch war.
Eine schwere Schlappe für das ZDF und den TV Moderator Jan Böhmermann bahnt sich an: Die Pressekammer des Münchner Landgerichts hat am Donnerstag in einer vorläufigen Einschätzung der Klage des ehemaligen Präsidenten des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik, Arne Schönbohm, in den entscheidenden fünf Punkten recht gegeben.
Demnach läuft alles darauf hinaus, dass der umstrittene Anchorman der Sendung ZDF Neo Royale in seinem Beitrag im Oktober 2022 über eine Nähe Schönbohms zu russischen Geheimdiensten Fake News verbreitet hat. Das Gericht ließ erkennen, dass die kolportierte Nähe des Ex-BSI-Chefs zu Geheimdienstlern über einen Cybersicherheitsverein nicht der Wahrheit entsprach.
Auch folgte die Pressekammer in ihrer vorläufigen Einschätzung weiteren Anträgen auf Unterlassung. So monierte der Vorsitzende Richter etwa den Kommentar Böhmermans, dass Schönbohm ein Risiko für die Cybersicherheit hierzulande darstelle. Schönbohm hatte den öffentlich-rechtlichen Sender wegen der Falschberichterstattung auf 100.000 Euro Schadenersatz verklagt.
Nach der Neo-Royal-Sendung begann Hexenjagd auf Cyberabwehrchef
Denn nach der Neo-Royal-Sendung begann eine regelrechte Hexenjagd auf den Cyberabwehrchef. Bundesinnenministerin Nancy Faser (SPD) suspendierte das CDU-Parteimitglied . Begründung: Das Vertrauen zu Schönbohm sei durch den Böhmermann-Beitrag zerstört worden.
Ein halbes Jahr lang währten die disziplinarischen Untersuchungen unter anderem durch das Bundesamt für Verfassungsschutz, ehe feststand: An den Vorwürfen zur Russennähe war nichts dran.
In der Phase hatte Ministerin Faeser den missliebigen BSI-Präsidenten längst zur Akademie für Öffentliche Verwaltung strafversetzt. Ein hoher Ministerialer mailte: Mit seiner Ablösung sei das Ziel erreicht. Heißt: Der Böhmerman-Falsch-Slapstick war Mittel zum Zweck.
Bundesinnenministerium untersagt Schönbohm, sich öffentlich zu Vorwürfen zu äußern
In jener Phase der Untersuchung hatte das Bundesinnenministerium Schönbohm untersagt, sich öffentlich zu den konstruierten Vorwürfen zu äußern. Insofern musste er nach eigenen Angaben warten, bis die vordisziplinarische Überprüfung zu seiner Person mit einem negativen Ergebnis abgeschlossen war. Erst dann konnte der Mittfünfziger seine Widersacher verklagen. Zuerst seine Dienstherrin Nancy Faeser vor dem Kölner Verwaltungsgericht wegen der Verletzung der Fürsorgepflicht. Ferner das ZDF wegen falscher Berichterstattung.
Der Termin im Saal 106 im Münchner Justizpalast begann pünktlich um 13 Uhr. Zunächst einmal machten die ZDF-Anwälte klar, dass die Böhmermann-Redaktion korrekt recherchiert habe. Auch sei nie die Nähe Schönbohms zu russischen Geheimdiensten behauptet worden.
Je länger die Ausführungen, desto schräger verliefen die Verteidigungslinien. Schönbohms Medienanwalt Markus Hennig konterte denn auch mit dem Hinweis, dass die Gegenseite offenbar einen falschen Vortrag halte. „Jeder hat doch in Deutschland gesehen, dass meinem Mandanten eine Nähe zu russischen Geheimdiensten unterstellt wurde.“
Seine Kollegin legte nach: „Einige Tage später berichtete das ZDF, dass Herr Schönbohm wegen seiner russischen Kontakte in Kritik geraten sei.“ Dies sei das Ergebnis der falschen Vorwürfe im ZDF Magazin Neo Royale gewesen. Der Einschätzung schlossen sich die Richter an.
Pressekammer beziffert den Streitwert auf 205.000 Euro
So bezifferte die Pressekammer den Streitwert auf 205.000 Euro. Am 28. November wollen die Richter ein Urteil sprechen. Sollte das ZDF verlieren, kommen hohe Kosten auf den Sender zu. Auch die sechsstellige Schadenersatzforderung ist noch nicht vom Tisch. Die ZDF-Anwälte hatten davor gewarnt, dieser Forderung nachzukommen. Tenor: Müsste der Sender diese Strafe zahlen, sei die Pressefreiheit in Gefahr.
Schönbohms Anwälte widersprachen der Sichtweise: Wochenlang habe ihr Mandant negative Schlagzeilen ertragen müssen – und schließlich die Strafversetzung. „Und dann hat man sich im Innenministerium noch nicht mal entschuldigt, als klar wurde, dass nichts den Russenbeziehungen dran war“, monierte Anwalt Hennig.
Nach dem positiv verlaufenen Gerichtstermin zeigte sich der Jurist zufrieden über das vorläufige Ergebnis der mündlichen Hauptverhandlung. „Der Termin hat gezeigt, dass schlecht recherchierte Journalismus nicht tolerabel ist.“
Schönbohm zu FOCUS online: „Ich bin zufrieden, wie alles gelaufen ist“
Schönbohm selbst äußerte sich zurückhaltend gegenüber FOCUS online: „Ich bin zufrieden, wie alles gelaufen ist. Nun warten wir mal in aller Demut den Richterspruch ab.“
Der heutige Gerichtstermin hat vor allem eines belegt: Noch im Juni 2023 hatte ZDF-Intendant Norbert Himmler nach FOCUS-online-Informationen einem Kritiker in der Böhmermann/Schönbohm-Affäre geantwortet: Dass alles korrekt recherchiert worden sei.
Die Entscheidung über die Beurlaubung Schönbohms „lag ausschließlich im Bundesinnenministerium; der Ausgang des Disziplinarverfahrens – selbst, wenn es auf den Recherchen der Sendung beruht oder durch deren Ausstrahlung angestoßen worden sein sollte“. Dies habe „keine Bedeutung für die Rechtmäßigkeit der in der Sendung vorgetragenen Kritik, auch die an der Person Schönbohm.“
Die Richter in München hingegen sahen die Sachlage völlig anders. Man darf gespannt sein, wie das ZDF nun reagiert. Die Anwälte kündigten eine neue Stellungnahme an.
Sollte das Gericht Schönbohm in wesentlichen Teilen recht geben, so steht die nächste Klage an: Dann muss sich TV-Moderator Böhmermann mit seiner Redaktion direkt gerichtlich verantworten.