Schaben-Alarm: Diese Eindringlinge sind friedlich
Wenn braune, flinke Schaben Ihre Wohnung erkunden, sehen Sie genauer hin: Die Bernstein-Waldschabe ist neu hier und kein Fall für den Kammerjäger.
Sie sind klein, flink, braun, können fliegen und sehen aus wie Kakerlaken: Wenn Sie schon mal eine Bernstein-Waldschabe in der eigenen Wohnung gesichtet haben, kennen Sie vermutlich den Impuls, zuzuschlagen oder den Kammerjäger zu alarmieren.
Laut MDR Wissen sollte es genügen, die kleinen Hausgäste einzufangen und an die frische Luft zu befördern. Das nützt den Kerlchen sogar, denn "[...] wenn sie nichts zu fressen kriegen, sind sie schnell geschwächt und sterben", sagt der Biologe Prof. Dr. Martin Husemann im MDR-Interview.
Und sie würden in Ihrer Wohnung ohnehin nicht viel verwertbares Futter finden. "Bernstein-Waldschaben (Ectobius vittiventris) ernähren sich draußen von verrottendem Pflanzenmaterial und sind bislang noch nicht als Schädlinge bekannt", so Husemann.
Noch nicht? Was heißt das nun wieder?
Neozoen: Neue Tiere kriegt das Land
Im Gegensatz zu ihren weitläufigen Verwandten, den Deutschen Schaben (Blattella germanica) sind Bernstein-Waldschaben keine Salmonellen-Überträger, die sich in unseren Lebensmitteln breitmachen, sie anknabbern und sich darin rasend schnell fortfplanzen.
Bernstein-Waldschaben (Ectobius vittiventris) sind ebenso wie ihre Verwandten, die Tanger-Schaben (Planuncus tingitanus), sogenannte Neozoen. Sie kommen eigentlich aus Südeuropa und sind erst seit Anfang der 2000er aufgrund des wärmer gewordenen Klimas nördlich der Alpen heimisch geworden und im Grunde harmlose Zeitgenossen. Sie leben in Gärten, sind Vegetarier, legen ihre Eier unter Baumrinden ab.
Sie saugen laut Professor Dr. Husemann auch keinen Pflanzensaft "wie andere Neuankömmlinge, etwa die marmorierte Baumwanze, die amerikanische Eichennetzwanze oder die grüne Reiswanze" und gefährden somit auch keine Gemüsegärten oder Obstbäume.
In unsere Wohnungen und Häuser verirren sich Bernstein-Waldschaben eher zufällig, etwa, wenn sie abends von Licht angelockt werden.
Waldschabe vs. Hausschabe: Die Unterschiede
Damit Sie schneller feststellen können, ob Sie krankheitsübertragende Mitesser oder verirrte Neuankömmlinge vor sich haben, gibt es zwei deutliche Merkmale, mit denen Sie die Tierchen voneinander unterschieden können.
Die Deutschen Schabe (Blattella germanica) weist im Gegensatz zur Bernstein-Waldschabe zwei deutlich erkennbare, schwarze Streifen am Halsschild auf (siehe Vergleichsbild auf Wikipedia). Und die südlicheren Verwandten lassen es auch nicht so deutlich raushängen wie die Einheimischen: Die Fortpflanzungsorgane am hinteren Teil des Abdomens sind bei der Deutschen Schabe deutlicher zu erkennen als bei der Bernstein-Waldschabe, deren Flügel über das Abdomen hinausreichen.
Und wenn Sie ohnehin schon so genau hingucken, können Sie auch gleich zum Fotoapparat oder zum Smartphone greifen und gewinnen vielleicht sogar einen Preis dafür.
Deutschlandweiter Amateur-Fotowettbewerb: "Aliens unter uns?"
Wenn Sie eine Bernstein-Waldschabe in Ihrer Küche finden, die Nosferatu-Spinne es sich an Ihrer Zimmerdecke gemütlich gemacht hat oder Sie eine Waschbären-Familie beim Überqueren der Straße sichten, zücken Sie gerne den Fotoapparat.
Mit dem bundesweiten Wettbewerb "Aliens unter uns?" ruft das LWL-Museum für Naturkunde des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) zusammen mit dem Staatlichen Museum für Naturkunde Karlsruhe (SMNK), der Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA) Hamburg sowie dem Landwirtschaftlichen Technologiezentrum Augustenberg (LTZ) in Karlsruhe und der Naturbeobachtungsplattform Observation.org dazu auf, deutschlandweit bis zum 30. Juni 2025 so viele Neozoen wie möglich abzulichten und die Bilder über die App ObsIdentify einzureichen.
Wer die meisten Neuankömmlinge ablichtet, erhält eine kostenlose Teilnahme an einem Kurs der Wahl im Bildungs- und Forschungszentrum Heiliges Meer des LWL-Museums für Naturkunde – zusammen mit einer Begleitperson, Verpflegung inklusive.
Damit leisten Sie einen wertvolleren Beitrag, um die Verbreitung von neu eingewanderten Arten in Deutschland zu dokumentieren, als mit einer zusammengerollten Zeitung, irgendwelchem Giftspray oder dem Schlappen.
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